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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Brosch, L.: Die XIV. Internationale Kunstausstellung in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0056

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Spanien und Holland: hier fpiegelt lieh der
Volkscharakter viel tiefer in der bildenden
Kmdl als bei anderen Nationen. Wer kennt
nicht die grünen Weidebilder, die fatte Be-
häbigkeit der Holländer, die fchmucken Häu-
fer und Interieurs, wo die Leidenfchaften in
feiten Truhen bis zu den Kirmestagen wohl-
rerfchloflen bleiben. Sie haben feltfamerweife
nur Graphik ausgeheilt — Holzfchnitte und
Radierungen. Demnach tritt ihre Eigenart her-
vor in: Scbelfhout, \\ iegman, Wichers ufw.
V on den Spaniern nennen wir J. Sorolla v Ba-
stida (x) „Frauenkopf"; Jofe Gutierrez Solana
„Stierkampf"; Madrazo Mariano Fortuny, der
Geh fchon in allen Techniken verflicht, zeigt
ein dekoratives Paftell; mit zwei Bildern ift Zu-
biaurre vertreten. Der berühmte Gitarren-
virtuofe Andres Segovia ift fprechend ähnlich
von Lopez Mezquita gemalt worden. Ganz aus
dem (panifchen Milieu fallt Chicharro mit feiner
,A erfuchung des Buddha", die voller Sinn-
lichkeit, doch theatralifch erfcheint Bildhauer
Huerta de Moifes fchuf die Marmorbülte Al-
fons XUL; Mariano Beidliure Hellt den bärtigen
Altmeifter Sorolla in Halbfigur dar.
^ anim gei'adc England und Amerika immer
die konfervativfte Kunft haben, bleibe dahin-
geltellt. Amerika ift kaum über Sargent hinaus-
gekommen; England nicht viel über Lavery.
Im ganzen machen jedoch die Amerikaner den
belferen Eindruck, namentlich durch ihre Fi-
gurenmaler. So hellt \^ alter Ufer eine Früh-
ftückszene aus. L. Blumenfchein malt den
Aberglauben; G. Troccoli porträtierte eine alte
Frau im Geilte Sargenls; Higgins zeigt eine
robuft gemalte Landfchaft. — England glänzt
hauptfächlich mit der Kollektion William Ni-
cholfons, der wohl viel in Paris lebte. Sehens-
wert natürlich die meiften Aquarelle, eine
Technik, die den Briten immer gelegen.
Nun zu Italien! Zunächft fehen wir fünf Ge-
dächtnisausftellungen, und zwar vor allem die
von Barth. Bezzi (1851—1923), der einer der
heften Landfehafter Italiens war. Er pflegte die
groß angelegte und zum Bilde erweiterte Studie,
verbunden mit einer wirkfamen Betonung der
Farben und Valeurs. Die Sammlung Fragia-
comos (1856—1922) zeigt diefen KünfÜer als
den zarten Lagunenpoeten, der zwar in Trieft
geboren, aber delfen Herz nur für Venedig ge-
fchlagen hat Beachtenswert ift der junge ver-
unglückte Maler und Uluftrator Ego Valeri
(1874—1911),ein geiftvoll cxzenlrifchesTalent.

Die Sonderausftellungen lebender Italiener neh-
men einen betrübend großen Raum ein. Zu
den Modernen gehört Feiice Caforati. der das
raffinierte Getue, pervers-allegorifchc Mädchen
zu fchildern, aufgegeben, und nun in feinen Ge-
ftalten die größte Einfachheit der Linien und
Formen anftrebt. Italico Brass' figurenreiche Im-
preffionen ^ enedigs find immer originell. Als
gute Porträtmaler erweifen fich Mileh und
Guido Cadorin. der jedoch die etwas gargantua-
hafte Phyfiognomie des Generalfekretärs der
Ausflellung. ^ illorio Pica, nicht reitlos wieder-
gab. LandfchaftficliHervorrageudes bieten: C'lii-
tarin, Carozzi, Y\ olf-Ferrari. Ponnund Scattola.
Erfreulicherweife durften heuer auch die Jün-
geren zu \\ orte kommen. Diefe nennen fich
ftolz „Anti-Impreflioniften", aber wie ift in
ihnen jener akademifche Zug. der langft über-
wunden feinen, erklärlich? Dennoch erwecken
die Bilder diefer Jüngeren das Interefle. Am
konfequenteften bleibt Ubaldo Oppi. delfen
klafhfeh edles Gefüiil manchmal leicht ins
Sinnliche hinüberfpielt. — dies im klangvollen
„Herbftiiachmiltag", im Doppelbildnis „Die
Freundinnen" und im Porträt feiner Gattin.
Virgilio Guidi fchildert in lapidarem Stil die
Infaifen eines ländlichen Trambalmwagens. Da-
gegen fucht Primo Conti im Bilde „Werdende
Mütter" eine freiere expreffioniftifche Note.
Werke zur Verherrlichung des Krieges fehlen,
docli die Tragik des Blindwerdens infolge
Kriegsverletzungen wurde von der itahenifchen
Kunft erfaßt und wirkt wie eine Anklage; fo
z. B. von Barth-Sacchi. Unter den Bildhauern
hat Giufeppe Zanetti eine rafch populär ge-
wordene Gruppe modelliert: „Rriegswaifc.
einen Blinden führend". — Schließlich prangt
auf einem Ehrenplatz gleich eines römifchen
Imperators die Bülte Mulfolinis, ftark idealifiert
durch Adolfo Wildt Menfchhcher aufgefaßt
w urde vom leiben Kiinftler der geniale Orche-
iterdirigent Toscanini Andere nennenswerte
Bildhauer wären Cifariello, Graziofi, Andreotti
und Zanelli.

Wenn der franzöfifclie Pavillon mit feinen
242 Werken einen allzu hiftorifchen Eindruck
macht, fo liegt dies in der merkwürdigen Tat-
lache, daß auch diefes Land zur „Verilärkung
leiner Pofition" eine Anzahl Galeriebilder mit-
ausgeftellt, nicht weniger als 54 Leihgaben aus
dem Luxemburg-Muleum. Es «erden da vor-
geführt: Poris de Chavannes.Touloufe-Lautrec,
Signac, Renoir, Besnard und wie fie alle heißen

Mi
 
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