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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Bulle, Heinrich: Attische Grabvasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0075

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der eigenartigen bunten \\ irkung. die aus tlie- weicht, die wie fpielend, aber mit innerer Sicher-
fen HandwerksftüekcnfeineKunftwerkemacht beit die Vorftellungen vom Leben nach dem
Die Deutung der Bilder ift uiclil immer ganz TodediuThehiandermifchl.dieauchinder\\ irk
leicht, wei] wir uns in jenen Grenzvorftellungen lichkeit des Volksempfindens eng. wenn aucb
über Leben und Tod befinden, die im Griechi- einander widerfprechend, beifammenwohnen.
leben immer fließend und undogmatifch waren. Die Entftehung diel'es Anfchammgskrcifes der
Altefte animiftifche Anfchauungen über die Be- Grablekythen ift deutlich zu verfolgen, und lie
dürfnifTe der Seele nach Speife und Trank und ilt lehrreich auch für die Werke der großen
über ein Fortlehen in dämonifcher Schatten- Gräberplaftik. Die älteren Lekythen, die qocIi
geßalt fprechen noch mit.Unruhig flattern kleine den"S afenfirniszurZciclmungverwenden.geben
dunkle Seelclien. beflügelte Schattenmenfchen vielfach nur häusliche Szenen. Mann. Frau und
von LibellengrüUe um Totenbahre und Grab- Kind. Erinnerungsbilder an das fchöne Däfern,
mal. Daneben aber erfcheint der Tote in unver- Oder Herrin und Dienerin Gnd häuslich be-
änderter Schönheil und fall heroilcher Geltalt febäftigt. Daraus wird dann der „Grabgang",
am eigenen Grabe, ernft flehend, verfonnen da- die Zurüfiung der Gaben, tlie dem Toten gc-
litzend oder die Leier fchlagend oder bereit, die bracht werden. Dann, auf den jüngeren nur mil
Gaben der L berlebenden zu empfangen. Es ilt Farbe bemalten Gefäßen, tritt allmählich das
die homerifche Welt, in der auch im Tode die Grab felhfi in den Mittelpunkt, eine fchlanke,
Körperl'chönheil nicht verlorengeht.obzwardas palmettengekrönte Siele, die mit Binden und
Dafein nur durch die Opfergaben der Oberwelt Kränzen gefchmückt wird. Und nun Endel Geh
noch Inhalt bekommt. Bisweilen fpielen auch an (liefern Grabmal immer häufiger der Tote
m\ihologifchc Ideen herein. Die Brüder Schlaf felbft ein. Lebende und \ erftorbeue liehen Geh
und Tod, geflügelte Jimglinge, lafien einMädchen unmittelbar gegenüber, auch die Grabklage er-
oder einen Krieger lauft am Grabmal zur Erde tönt nach alter, noch heute in Griechenland ge-
nieder, vielleicht zum Ausdruck deflen. daß der übter Sitte. Aber heftige Schmerzausbrüche Gnd
Tote in der ferne begraben war und man ihn feiten, meifl herrfcht ein gehaltener Ernli. und
durch die gölllichen Bolen heimgebracht dachte, alles gebt auf in einer Hillen Züftändhchkeit,
auch wenn man in der Heimat nur ein Keno- einem idealen Fortbefland des fchönen Leben-,
taph errichten konnte. Oder Hermes Pfycho- Der künftlerifche Höhepunkt der Lekythen-
pompos begleitet den \ erftorbenen zum Grab- maierei fällt in tlie aufgeregten Zeiten des pelo-
mal. Oder Charon erfcheint als dürrer Schilfs- ponneGfchen Krieges. \\ eiche feelifche Spann-
mann, unedel von Geliall und häßlich um kraft muß diefeRafle befeflen haben, daß mit-
Gefichtszügen, wenn auch nicht fratzenhaft; er ten in der fchweren äußeren Not die einfach Gen
winkt mit der Hand dem jungen Mädchen, das Handwerker diefe Rillen, liefen Bildchen hin-
rafchen Schrittes auf den Nachen zugeht. Immer zuw erfen vermögen, gedichtet aus dem blühen-
aber ift die Szene am Grabe felbft, während doch den Leben des Heute und den ungewißen Ah-
der Slyx weil fort in der Tiefe ift. Man Geht, nungeu des Morgen. Hier ift der Tod be
wie hier jegliches rationaliftifebe Denken einer zwungen durch die Form. prof, rjr. h. Bulle
kindlichen und doch liefen Slimmunsismalerei

FRAGMENT

EINER ^'""^■l^^^ %m (MÜNCHEN)

lf.kythf.
 
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