W. SCHUCHAJEW
SELBSTPORTRÄT DES KÜNSTLERS (LINES)
MIT GATTIN UND MALER A. JAK.OWLEW
WASSILI SCHUCHAJEW
Die Erlcheinung, der Fall Schuchajew ilt gar
nicht fo einfach und viel komplizierter als
das W erk Schuchajews es ift.
Auf den erften Blick glaubt mau eine Natur
vor lieh zu haben, eine primitive, robufte Natur,
eine Handwerkernatur, mit dem Schwerpunkt
nach innen, ausgeglichen atmend, leinen groß ge-
fehenen, ftark model Herten Schöpfungen wefens-
verwandt
Aber gerade, was Schuchajew nicht ilt, das ift
eine Natur, wie es (ie unter den Malmännern
immer und überall gegeben hat; finnliche, freu-
dige, ftrotzende, geladene und explodierende
Künfilernaturen.
Y\ as ihm fehlt ift dreierlei. Richtiger: eins. Denn
all das andere folgt aus dem einen. Ihm fehlt
die Malerfinrdichkeit. Jener aus dürftigen und
zeugmigsfrohen, atemftarken Sinnen geborene
schöpferifche Drang; alle Erfcheinungen des
Lichtes, der Luft, des Lebens im Hirn, in den
Fingerfpitzen, bis in den Rucken hinein fühlend;
in Farben und Formen empfindend und denkend.
(Bei Schwächeren ift das Denken das Primäre.)
Aus dem Mangel an folchartiger Sinnlichkeit des
Malers ergibt lieh, was Schuchajew ferner abgeht:
die Phantafie und das rein malerische Element.
Es ift, als ob das Malerifche bei ihm nur Hilfs-
mittel, nicht Seibitzweck wäre.
Schuchajew ift Stockruffe und trotz jahrelan-
gen Arbeitens in Paris ift er Stockruffe, ein ver-
lockter Rulfc geblieben. Er ift vielleicht der
einzige in Paris fchaffende fremde Xünftler, der
von den franzöfifchen Malfchulen. Richtungen
und der franzöfifchenMaltradition abfolut nichts
übernommen hat. Er ift mit L berzeugung, wenn
auch ohne es zu unterftreichen, Ruße; und als
folcher Naturalift. Er ift gebaimt von der äußeren
Erlcheinung, von den wahrnehmenden Formen
feiner realen Umwelt, die mit fo gebieterifcher
Macht ihn felfelt, zum Symbol der Urkraft der
Form fichlteigert: er empfindet monumental. So
haben feine Schöpfungen auch nicht das äußer-
lich Monumentale, das Gefpreizte, Aufge-
baufchte, verlogen Große, d.h. nicht groß Emp-
fundene, fondern groß Gemachte, wie bei den
meiften feiner Zeitgenoffen. Schuchajews Ar-
beiten find im wahrften und bellen Sinne monu-
mental.
Doch während feine Zeitgenolfen in Paris, die
von dem gleichen Empfinden ausgehen, vonkom-
pofitionellen Prinzipien lieh leiten laffen und die
Form lüchen, ift er noch immerein Kind des ruf-
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SELBSTPORTRÄT DES KÜNSTLERS (LINES)
MIT GATTIN UND MALER A. JAK.OWLEW
WASSILI SCHUCHAJEW
Die Erlcheinung, der Fall Schuchajew ilt gar
nicht fo einfach und viel komplizierter als
das W erk Schuchajews es ift.
Auf den erften Blick glaubt mau eine Natur
vor lieh zu haben, eine primitive, robufte Natur,
eine Handwerkernatur, mit dem Schwerpunkt
nach innen, ausgeglichen atmend, leinen groß ge-
fehenen, ftark model Herten Schöpfungen wefens-
verwandt
Aber gerade, was Schuchajew nicht ilt, das ift
eine Natur, wie es (ie unter den Malmännern
immer und überall gegeben hat; finnliche, freu-
dige, ftrotzende, geladene und explodierende
Künfilernaturen.
Y\ as ihm fehlt ift dreierlei. Richtiger: eins. Denn
all das andere folgt aus dem einen. Ihm fehlt
die Malerfinrdichkeit. Jener aus dürftigen und
zeugmigsfrohen, atemftarken Sinnen geborene
schöpferifche Drang; alle Erfcheinungen des
Lichtes, der Luft, des Lebens im Hirn, in den
Fingerfpitzen, bis in den Rucken hinein fühlend;
in Farben und Formen empfindend und denkend.
(Bei Schwächeren ift das Denken das Primäre.)
Aus dem Mangel an folchartiger Sinnlichkeit des
Malers ergibt lieh, was Schuchajew ferner abgeht:
die Phantafie und das rein malerische Element.
Es ift, als ob das Malerifche bei ihm nur Hilfs-
mittel, nicht Seibitzweck wäre.
Schuchajew ift Stockruffe und trotz jahrelan-
gen Arbeitens in Paris ift er Stockruffe, ein ver-
lockter Rulfc geblieben. Er ift vielleicht der
einzige in Paris fchaffende fremde Xünftler, der
von den franzöfifchen Malfchulen. Richtungen
und der franzöfifchenMaltradition abfolut nichts
übernommen hat. Er ift mit L berzeugung, wenn
auch ohne es zu unterftreichen, Ruße; und als
folcher Naturalift. Er ift gebaimt von der äußeren
Erlcheinung, von den wahrnehmenden Formen
feiner realen Umwelt, die mit fo gebieterifcher
Macht ihn felfelt, zum Symbol der Urkraft der
Form fichlteigert: er empfindet monumental. So
haben feine Schöpfungen auch nicht das äußer-
lich Monumentale, das Gefpreizte, Aufge-
baufchte, verlogen Große, d.h. nicht groß Emp-
fundene, fondern groß Gemachte, wie bei den
meiften feiner Zeitgenoffen. Schuchajews Ar-
beiten find im wahrften und bellen Sinne monu-
mental.
Doch während feine Zeitgenolfen in Paris, die
von dem gleichen Empfinden ausgehen, vonkom-
pofitionellen Prinzipien lieh leiten laffen und die
Form lüchen, ift er noch immerein Kind des ruf-
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