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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Cohen, Walter: Georg Oeder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0421

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GEORG OEDER

Georg Oeder, Landschaftsmaler, Professor,
Kunstsammler und für Düsseldorf eine
Art von arbiler elegantiarum in allen Dingen
des guten Geschmacks, nähert sich langsam der
Feier des achtzigsten Geburtstags. Docli wäre
ein solclier oder ähnlicher Denkstein eines un-
gewöhnlich friedsamen Lebens kaum der An-
laß, seiner zu gedenken. Jubiläumsfeiern fehlt
selten der Stich ins Banale, und Oeder ist nicht
der Mann des Anhochens und nicht gern das
Opfer von Journalistenfedern. Schon lange hat
er infolge gelegentlicher körperlicher Beschwer-
den den Pinsel aus der Hand gelegt, und wenn
in Düsseldorf Kimstkrieg ist — und wann wäre
das nicht der Fall? — beschränkt sich die Teil-
nahme des alten Herrn auf die Rolle des Glos-
sators.

Oeder, der Maler, ist nicht vergessen. Aber es ist
charakteristisch für die vornehme Zurückhal-
tung des Künstlers, daß man ihn, so oft auch
der Gedanke auftauchte, niemals zu einer Sam-
melausstellung seiner in Museen und Privatbe-
sitz verstreuten Werke bestimmen komite. Es
ist nicht leicht, den L berblick über das Schaffen
eines Landschafters zu gewinnen, der fürDüssel-
dorf auch als Maler lange eine Art künstleri-
schen Gewissens gewesen ist. Als auch hier der
Bilderherstellungsdrang und der Ausstellungs-
betrieb sich auslobten, als Künstler wie die bei-
den \clienbach hemmungslos sich der Konjunk-
tur bingaben und ihr großes Talent in langwei-
ligen Wiederholungen „beliebter" Motive auf
die schwerste Probe stellten, da hat Oeder
mit seinen melancholischen Flachlandschaften
herbstlichen Verfalls und winterlicher Einöde
dem rauschenden Farbenorchester und den
dicken Goldrahmen die Einfalt und Intimität
einer um den Erfolg unbekümmerten Kunst-
iibung entgegengestellt.

Man bat ihn, den heute allverehrten und von
vielen geliebten Altmeister, nicht immer ver-
standen. Als im Jahre 1890, also in der für die
Düsseldorfer Kiuisl verhängnisvollsten Zeit
Adolf Rosenbergs Buch „Aus der Düsseldorfer
Malerschule" erschien, das wie in einem Brenn-
punkt alles das sammelt und verherrlicht, was
Einsichligen schon damals unecht und überlebt
vorkommen mußle, hieß es von Georg Oeder:
„Aber die Waln-heit geht ihm über die Schön-
heit und so machen seine meist nur auf Ton-
und Formwirkung ausgehenden Bilder in kolo-

ristischer Hinsicht meist einen unbefriedigen-
den Eindruck."

„Schönheit!" Man siebt an der Auswahl der
Alibildungen des Rosenbergschen Machwerks,
was der Verfasser darunter verstand. W ohl gibt
er zu, daß Wahrheit der Charakteristik und
Kraft der Stimmung den Oederschen Land-
schaften nicht ganz abzusprechen sei. Aber die
„Schönheit"! Mit den gleichen Argumenten ist
gewiß einmal Max Liebermaims so ganz anders
geartete Malerei kritisch gepeitscht worden!
Sicher erscheint mir, daß der rheinische Künst-
ler um solche Besserwisserei sich nicht im aller-
geringsten bekümmert hat und unbeirrt seinen
für richtig erkannten Weg weiterging. Wer
hat ihn darauf geführt? Es fällt auf, daß in der
Düsseldorfer Kunst die besondere Art Oeder-
scher Landschaftsmalerei eigentlich keine Ahnen
kennt. In der Tat ist Oeder ganz ohne Lehrer
gewesen, er gehört keiner „Schule" an, hat
nicht einmal, was doch Rethel, Feuerbach, Böck-
lin taten, ohne an ihrer Kunst Schaden genom-
men zu haben, die Düsseldorfer Akademie be-
sucht. Nach eigener Äußerung begann der am
12. April i846 in Aachen geborene Künstler
1868 nach der Natur zu arbeiten, „aber leider
zu sj3ielend, zu wenig wirkliche Studien, da ich
die Unverschämtheit hatte, sehr bald, und zwar
ganz aus der Erinnerung Bilder zu malen".
Nur selten feiert Oeder, schon in diesen Früh-
werken, den Frühling, er bevorzugt Motive des
Niederrheins und des damit engverwandlen
Holland, malt VS ald- und Flachlandschaften
in öder Natur bei trüben Herbst- und Winter-
stimmungen, er malt die Dünen und auch abend-
liche Mondslimmungen. Es gibt besonders Bil-
der kleinen Formats, die man damals wohl
„Studien" nannte, von entzückendem Reiz auch
der wohlabgestimmten, delikaten Farbe. Ein
Stückchen Barbizon scheint in solchen Schöp-
fungen in die so ganz anders geartete Düssel-
dorfer Landschaftsmalerei hinübergerettet zu
sein. In großen Bildern, wie sie in den Galerien
hängen, ist diese Stille, dieseiWohlklang manch-
mal ein wenig zur Monotonie geworden.
Oeder, der Kunstsammler, ist ein Kapitel für
sich. Alte Holländer und Flamen hat er nicht
systematisch, sondern lediglich zum Schmuck
seines stattlichen, selbsterbauten, neben dem
alten Jacobischen Park im ehemaligen Pempel-
fort gelegenen Wohnhauses gesammelt. Aber

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