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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

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Englische Gewerbe-Künstler neuesten Stiles, [2]: C. R. Ashbee
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https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0035

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Seite 18.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

Gefässe anzubringen liebt Seine Geschmeide: Broschen,
Gürtel-Schnallen, Gehänge, Spangen, Nadeln sind meist in
Silber und Email gebildet, bei reicher Verwendung von Perlen

Abbildung Nr. 995. c. r. ashbee—london. Kabinet.

und kleinen Steinen. Er legt ihnen zuweilen rein lineare
Ornamentik, öfter jedoch Pflanzenformen zu Grunde, die auch
in seinen prächtigen Leuchtkörpern wieder auftreten. In
diesen erreicht er sehr originelle Effekte durch die Art und
Weise wie er die neuerdings so beliebte Sichtbarkeit der
Zuleitungsdrähte zum Aufhängen der Glühbirnen und zu
dekorativen Zwecken heranzieht. Er liebt es namentlich, die
Glühlichter an den Zuleitungsdrähten oder in Drahtgeflechten
von breiten, gebuckelten oder durchbrochenen Kupfer- oder
Messingreifen herabhängen zu lassen. Auch darin erweist
sich seine Neigung zum Archaischen, Primitiven, fast Prae-
historischen. Seine Schmuckformen kann man sich ganz gut
als Wikinger-Kunst denken. Sie zeigen eine ähnliche Tendenz
wie die nordischen Webereien oder die durch Richard Wagner
eingeführte Bühnenstilistik. Und es ist ganz gut, dass endlich
in so derber, wuchtiger Weise gegen das übliche Geschnörkel,
Gedrechsel und all die fade Windbeutelei in den Gewerben
protestirt wurde, wenn darin auch anfangs zu weit gegangen
wird, wie es Ashbee entschieden thut, wenigstens in der
Bijouterie und in seinen Gefässen. Vortrefflich aber stimmt
diese Derbheit seiner Formen zu den gusseisernen Kaminen,
die er jüngst für die Falkirk - Iron - Company entworfen und
im September-Heft des »Studio« 1898 publizirt hat.

Nicht ganz so glücklich wie in dem Metallgewerbe war
Ashbee bisher im Möbelbau. Möglich, dass er auch auf
diesem Gebiete sich noch zu stilistischer Sicherheit durchringt;
allein seine bisher bekannt gewordenen Arbeiten schwanken
im allgemeinen zwischen einer absichtlich »modernen«, über-
triebenen Originalitäts-Sucht und Entlehnungen aus der eng-
lischen Früh-Renaissance. Die Beschläge sind gewöhnlich
das Beste daran, sie sind mitunter von unübertrefflicher
Meisterschaft in Erfindung und Ausführung, und das lässt
sich auch noch von der Behandlung der Hölzer und den

meist düsteren Farben sagen, vorzüglich auch von der Ver-
wendung des Leders. Dagegen ist in den struktiven Theilen
und ihrer oft bis zur Bäuerlichkeit »kulturlosen« Formen-
gebung die stilistische Unsicherheit evident. Das gleiche
gilt von dem Innen-Architekten Ashbee. Auch die nach
seinen Angaben durchgeführten Räume sind, soweit wir sehen
können, gewöhnlich dann am besten, wenn sie, ausser im
Metall, fast gar keine Schmuckentwickelung zeigen und in
der karaktervollen Betonung des Nützlichen und Nothwen-
digen ihren Abschluss finden.

Bei so gearteter Veranlagung des ausgezeichneten
Künstlers lässt sich kaum eine glücklichere Verbindung eng-
lischer Künstler der vielversprechenden jüngsten Richtung
denken, als die, welche unter der überaus verständnissvollen
und feinsinnigen Direktive Sr. Königl. Hoheit des Grossherzogs
von Hessen Ashbee und Baillie Scott eingingen, um in dem
Empfangszimmer Ihrer Königl. Hoheit der Frau Grossherzogin
eine Schöpfung von bleibendem Werthe und hinreissender
Schönheit hervorzubringen. Denn gerade die schwächere
Seite Ashbee's, der Möbelbau, ist die starke Seite Scott's, der
denn auch die Möbel dieses modernsten fürstlichen Gemaches
entworfen hat, während Ashbee hier seine glänzendsten
Leistungen in Metallgefässen, Leuchtkörpern und Beschlägen
beisteuerte. Aber noch in einer anderen Beziehung hat Ashbee
wesentliche Verdienste an diesen bewunderungswürdigen
Einrichtungs-Gegenständen, die wir im Januar-Hefte dieser
Zeitschrift in Bild und Wort vorführten: als Ausführender.

Abbildung Nr. 996. c. r. ashbee—london. Zier-Schrank.
 
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