Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

DOI Artikel:
Tettau, Wilhelm von: Innen-Architektur des modernen Mieths-Hauses
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0024

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Januar-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für innen-Dekoration.

Seite 9.

InneN-Architektur pes moperneN Mieths-Hauses.

Das Einfamilienhaus ist das Schlagwort des modernen j für Häuslichkeit aber bezieht sich heutzutage im Allgemeinen
Architekten. Die Bestrebungen zu seiner Rehabilitirung | nicht mehr aufs Haus — wir wissen ja kaum, mit wem wir
sind in vieler Beziehung schön und auf einem Flur wohnen — sondern
gut. Seine Vorzüge sind von seinen ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ allein noch auf unsere Wohnung.
Anhängern zur Genüge in den Vorder- Das Einfamilienhaus ist nicht mehr
grund gestellt worden. Audiatur et der Typus der deutschen Wohnstätte,
altera pars! Das Einfamilienhaus ist ^... — Wir sind auch hierin modern ge-
zur Lösung architektonischer Auf- *^^r~ " " 1 worden. So, meine ich, bleibt die
gaben unendlich reizvoll, ist ein dank- J^SBt'v 1 ! wichtigere Aufgabe der Moderne die
bares Objekt, aber auch das leich- ^a^. zeitgemässe Ausstattung des Mieths-
teste; für selbständige, wohlhabende pHk ^S9m\m^Oßkm\. hauses nach Aussen wie nach Innen,
heute das denkbar schönste und an- WO SwTWmBhKiH 'I freilich auch die schwierigere, denn
genehmste Heim im Vororte einer hLQMtoBMWWBL das Schema lähmt die Kunst. Und
Stadt, für Reiche selbst in der Stadt. w|£w£j&9l schematisch müssen Miethswohnun-
Was aber soll der Beamte, der Offizier, JBh||hHHDHHI gen ausgebildet sein, wenigstens in
überhaupt jeder Abhängige, der öf- XJkL nBB/!/ll .^L I der Innen-Architektur. Die Fassade
teren Versetzungen ausgesetzt ist, I Jfl WmW/ m ■ interessirt den Miether erst in zweiter
mit dem mehr oder minder individuell 1 JkmV mm Mm I Linie. Er aber hat das erste An-
gehaltenen eigenen Hause, was wir recht auf Kritik des Hauses, denn
armen Teufel, die uns das Leben und es ist für seine Zwecke erbaut. Auch
Interesse ins Centrum der Stadt zieht, 1 bin ich der Ansicht, dass in gesün-
ohne dass wir uns ein eigen Haus ^ dester Weise die moderne Architektur
in seinem theuren Herzen leisten bBhHEmI des Hauses sich aus der inneren Ein-
können, ohne dass wir Zeit und Geld richtung entwickeln wird, denn das
an die Bahnen zu verschwenden Kunstgewerbe ist uns Architekten
haben? London dürfte das logische |i | $ . weit voraus. Folglich seien auch
Resultat solcher Anlage sein, der ! • diese Zeilen zunächst der Innen-Ar-
Repräsentant einer Grossstadt nach f < chitektur des Miethshauses gewidmet,
jenen Prinzipien, jeden Nicht-Eng- Wir rühren die Hausklingel und
länder, der die Entfernungen, das treten in das reiche Treppenhaus,
entsprechend nöthige System von <J V Links aus halbgeöffneter Thür schaut
Beförderungsmitteln und die schab- das fragende Antlitz des Hauswarts
lonenhafte Architektur dieses Mon- und strömt uns warmer Küchendunst
strums kennt, wird es schütteln bei ■mmmmbi HMHHHHH^i^H entgegen als schlimmer Kontrast zu
dem Gedanken, unsere schönen den »nur hochherrschaftlichen« Woh-
deutschen Städte sollten in gleiche nungen. Ein strenger Abschluss der
Wege geleitet werden. Portiers-Wohnung vom Aufgang
Eine weitere Folge der Durch- ** "^J/^ ,|t#v scheint mir absolut nothwendig, des-
führung der Einfamilienhäuser würde gleichen dass der Thorweg einige
in der Umwälzung der täglichen Tiefe habe zum Schutz des Wartenden

Lebensweise — wenigstens für den___JlHBBHBHi^——-j^^^^^M und für das Fenster des Portiers

Mann der Arbeit — bestehen, die das naturgemäss vor der Thüre

sich logisch auch nur nach englischem Abbildung Nr. 985. c. e. ashbee—london. mündet. Unser nächstes Interesse

Vorbild — uns wenig behagend — Ständer für elektrisches Licht. nimmt das prächtige Glasfenster über

entwickeln könnte: Morgens in die dem Eingang in Anspruch. Wunder-

Stadt zur Arbeit, gegen 12 Uhr Frühstück im Restaurant und
nicht vor 6 Uhr Abends in die Familie. Dem deutschen
Geschäftsmanne wird diese Tageseinteilung wenig sympathisch
sein, so praktisch man sie auch für grossstädtischen Geschäfts-
verkehr halten muss. Unser sprüchwörtlich gewordener Sinn

bare, moderne Linien, satte Farben, nur schade, die Treppe
bleibt gefährlich dunkel. Aber gerade sie sollte in einem
Glasgehäuse stecken. Wenn auch einzelne farbige Dekora-
tionen dabei nichts schaden, so haben sie sich doch auf
Friese etc. zu beschränken, und dürfen jedenfalls die grösst-
 
Annotationen