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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

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Schliepmann, Hans: Allerlei vom Maassstabe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0216

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Zu bezieben nur halbjährlich (Jan. bezw. Juli).
Zahlung vierteljährlich für Deutschland Mk.5.—,
f&r Oesterr.-Ung. u. das gesammte Ausl. Mk. 5.50.

Telegramm-Adresse : Koch Verlag, Darmstadt.

Nachdruck nur mit spezieller Krlaubniss u. genauer Qu eilen-Angabe gestattet.
Sämmtliche Original-Illustrationen stehen unseren Lesern zur Verwerthung frei.

|V Die Zeitschrift ist verbreitet in allen Kulturstaaten, -wi
Illustrationen u. textl. Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Anfangs jeden Monats erscheint ein Heft.
Nur Sonder-Hefte sind auch einzeln erhältlich,

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluss derZeitschr.

x. Jahrg. 1899.

Leipzig Darmstadt ^ Wien. e>—

November-Heft.

Allerlei Vom Maassstabe.

ass man doch aus einer Photographie niemals den
wirklichen Eindruck der Hochgebirgslandschaft
erhält!« klagte neulich ein Freund, der uns seine
Reisetrophäen aus der Schweiz vorführte. »Der
Erinnerung hilft so ein Bild ja nach; aber selbst

Unterschied, bis man sich wieder darüber wunderte, dass
man das nicht früher bemerkt, da ja doch z. B. jeder archi-
tektonischen Ansicht ein paar Figuren beigefügt seien, um
den Maassstab anzudeuten. Schliesslich ergab sich eine
ungeahnte Einigkeit darüber, dass eigentlich der Maassstab-
eindruck am schwersten rein aus der Phantasie aufzubauen
sei; den gäbe eigentlich nur die Natur, kein Bild.

So hatten die Photographien uns plötzlich ins Bewusst-
wenn wir Farbenphotographie hätten: weiss der j sein gebracht, ein wie ungemein wesentliches Moment der
Himmel, woran es liegt, aber eine richtige Vor- Maassstab für den künstlerischen Eindruck sei. Seine Wirkung
Stellung von der Grösse und Gewalt erhält man j ist eine so unmittelbare, dass es ungewöhnlicher Selbst-
beobachtung bedarf, um sich über sie klar zu werden. In
der That sind denn auch die mit der Frage des Maassstabes
zusammenhängenden Erscheinungen den Meisten so wenig
bewusst geworden, dass sich allein daraus nicht wenige Ent-
gleisungen unserer Künstler erklären lassen.

Diese Verhältnisse einen Augenblick näher zu beleuchten,
dürfte um so zweckmässiger sein, als man nicht mit Unrecht
den Hauptunterschied im Schaffen unserer »Modernen« gegen
die ältere Künstlergeneration als ein geändertes — Maassstab-
empfinden bezeichnen kann. Wird diese Behauptung barock

nur von der Natur«. Man bestätigte das und
suchte es zu begründen, denn wir waren in
redelustiger Gesellschaft. Da sollte vor allem
doch die Farbe fehlen, dann sprach man von dem Unter-
schiede zwischen Bild, als einem Ausschnitt der Natur, und
Panorama, einer vollen Natur rings um uns herum, von der
Beweglichkeit des Blickes und der bedeutenden Sehwinkel-
grösse des Auges, die unserem Bewusstsein ein viel grösseres
Bild vermittele, als wir thatsächlich auf einmal scharf erfassen
oder mit einem Apparat auffangen können, so dass wir zu

dem eigentlichen Bilde immer noch den Eindruck der Un- j genannt, so beweist das nur, dass man sich thatsächlich über

begrenztheit halb unbewusst von den Seiten her aufnähmen, die Maassstabfragen keine volle Klarheit verschafft hatte.

»Aber hier, bei diesen Gletscherkletterern, muss man doch Ist nun aber das Maassstäbliche nicht lediglich nur ein

sagen«, rief plötzlich einer der Freunde: »lässt der Eindruck j Theil einer anderen Eindrucksreihe für unser ästhetisches

wirklich kaum was zu wünschen«.

Man bestätigte abermals lebhaft. »Ja, weil da Menschen
drauf sind!« ergab sich. Und nun bestaunte man diesen

Empfinden, nämlich des Rhythmus und der Proportionen?
Darf man ihn denn also gesondert von diesem behandeln?
— Gewiss! Zwar ist schier alles Denken ein Vergleichen,
 
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