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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

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Benn, R. Davis: Die Englischen Staats-Wettbewerbe von 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0237

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Seite 182.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Dezember-Heft.

Abb. Nr. 1229. Dekor. Skulptur für Musikhalle. Ernst Gilltck, London.

ich in einem ausgedehnten En-gros-Waarenhaus war, wo mir
wirkliclie Oelmalereien gezeigt wurden in schweren Gold-
rahmen im Preise von 48 Schilling (48 Mark) per Dutzend!
So sind viele Studenten zu der Ueberzeugung gekommen,
dass die »Schönen Künste« sich nicht bezahlt maclien. Viel-
leicht mag meine persönliche Meinung nicht von sehr grossem
Werth sein, aber ich kann nicht umhin, Protest gegen unsere
englische Gewohnheit einzulegen, Gemälde-Malerei als »Hohe
Kunst« zu bezeichnen, und dekorative Zeichnungen unter die
»Niedere Kunst« zu klassifiziren. Keine Kunst, wenn sie
wahr ist, kann »nieder« sein; jede Kunst ist »schön«, und je eher
diese Thatsache erkannt ist, desto besser für alle Betheiligten.
Malern von grossen Gemälden werden Ehren erwiesen von
unserer Royal Academy of Arts; sie haben das Recht, hinter
ihre Namen die vielbegehrten Buchstaben »A. R. A.« (Mitglied
der kgl. Akademie der Künste) und »R. A.« (Königlicher
Akademiker) zu setzen, und einige wenige erreichen den
Gipfel ihres Ehrgeizes und gewinnen die Auszeichnung »P.R.A.«
(Präsident der Kgl. Akademie der Künste), aber welche Ehren
fallen der Menge jener zu, welche unsere tagtägliche Um-
gebung, unser Heim verschönern? Keine! Die Dankbarkeit
derjenigen ausgenommen, welche ihre Werke und ihren eigent-
lichen Werth schätzen können — und deren Zahl ist gering.

Unsere Kunst-Studenten haben die Noth wendigkeit er-
kannt, dass sie sich zuerst die Mittel des Unterhaltes sichern
müssen, um sich dann Ehren zu erringen, wenn sie können.

Deshalb, so gern sie auch als hervorragende Apostel
der »Schönen Künste« gelten möchten — ich muss die Phrase
gebrauchen, obgleich sie mir verwerflich erscheint — finden

sie doch, dass die angewandten Künste bei weitem einträg-
licher sind, und pflegen dieselben deshalb mit grösster Emsig-
keit. Das erklärt, warum die zur Prüfung in unserer »National-
Competition« unterbreiteten Werke ein grösseres Interesse
bei den Industriellen erregten, als bei Bilderkäufern.

Es waren zusammen 17 Sektionen, in welchen dieses
Jahr konkurrirt wurde: L Modelliren nach der Antike, von
Laubwerk und Ornament-Modellirung nach Abgüssen;
II. Modellirung der menschlichen Figur nach der Natur,
modellirte Draperie - Studien etc.; III. Modell - Zeichnungen;
IV. Zeichnen nach der Antike, Details, Draperie; V. Zeichnen
des lebenden Modells; VI. Malen des lebenden Modells;
Zeichnen der Figur nach dem Abguss in einfarbiger Tönung
und Anatomie; VII. Malen von Blumen, Still-Leben und
Innen-Räumen und von einfarbigen Bildern nach ornamen-
talen Abgüssen etc.; VIII. Malen von Blumen ohne Hinter-
grund und Pflanzen-Studien; IX. Tapeten- und Schablonen-
Muster; Entwürfe für Schmiedeeisen; X. Buch-Illustrationen,
Zeichnungen für farbige Drucke und Affichen; Ornamental-
Malerei auf farbigem Grund; XI. Teppiche, Stickereien,
Spitzen; XII. Keramik, Fliesen, Glasmalereien, Blumen und
Baum-Entwürfe; XIII. Buch-Schmuck, Entwürfe für Metall-
Erzeugnisse, Schmuck; XIV. Innen-Dekorationen, Möbel,
Webereien etc.; XV. Architektonische Zeichnungen; XVI.
Maass-Zeichnungen; XVII. Werk-Zeichnungen.

Viele von diesen werde ich ganz zu ignoriren haben um
meine Bemerkungen vorzugsweise auf Sektion 3, 9, 11, 12,
13 und 14 zu beschränken. Um die Grösse der Arbeit zu
illustriren, welche den Richtern auferlegt wurde, möchte ich
bemerken, dass in dem Wettbewerb 96,580 Arbeiten zur
Prüfung gelangten, von welchen 1,091 Preise gewannen.

Nachdem ich diese erklärende Einleitung gegeben, wende
ich mich zur Besprechung der Entwürfe, welche hier repro-
ducirt werden. Aber ich betone noch einmal, dass es beinahe

Abb. Nr. 1230. Lehnstuhl, Eichenholz. Mrs. M. E. Dawson, London.
 
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