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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

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Schumann, Paul: Kunst in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0253

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Seite 194.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Dezember-Heft.

Abbildung Nr. 1248. Buch-Umschlag. Miss Katherink Warrkn, London.

sollen die neugeschaffenen Tafeln bilden; sie sollen in recht
eindringlicher Weise das Bezeichnende vorführen. Während
sie für die Wand berechnet sind, soll der Schüler einzelne
von Seemanns kunsthistorischen Bilderbogen (zu 10 Pf.) in
den Händen haben. Als Text können die Lehrbücher von
Beding und Kimmich benutzt werden. Professor Hofmann
hat auch selbst einen genau angepassten Text verfasst, der
Hinweise auf Falke's Aesthetik des Kunstgewerbes, auf die
Wandtafeln und auf Seemanns Bilderbogen enthält (dabei ist
allerdings zu bemerken, dass diese jetzt in ganz anderer Form
als früher unter dem Titel Kunstgeschichte in Bildern von
Dehio erscheinen!). Professor Hofmann besprach dann weiter
die einzelnen Tafeln und legte im einzelnen die Absichten
dar, mit denen sie geschaffen sind. Sie sind nur für Handels-
und Fachschüler berechnet und sollen nicht das Können,
sondern die Urtheilskraft stärken.

Handelsschuldirektor Reidt aus Leipzig erkannte die
Wichtigkeit der Sache durchaus an, betonte aber die Unmög-
lichkeit, auch nur eine Stunde wöchentlich für diesen Unter-
richt zu erübrigen. Er meinte aber, der deutsche Unterricht
und das deutsche Lesebuch könnten der Sache dienstbar
gemacht werden. Direktor Rachel erklärt sich bereit, das
Passende aus den neugeschaffenen Vorlagen für seine Schule
zu erwerben, und weist im übrigen darauf hin, dass an der
Dresdener Handelsschule der deutsche und der technologische
Unterricht schon seit Jahren herangezogen worden seien, um
den Sinn für die Kunst und Stilkenntniss zu fördern (Goethes
Iphigenie: griechischer Stil; Nibelungenlied: gothischer und
romanischer Stil; Besuch der deutschen Müllerschule, der
Rathsmühle und der romanischen Nikolaikirche in Dippoldis-
walde ; Besuch der Königlichen Porzellanmanufaktur in Meissen
usw.). Geheimer Hofrath Graff erklärt sich mit dem Haupt-
gedanken einverstanden, trägt nur einige abweichende An-
sichten hinsichtlich der Ausführung vor. Direktor Messin
betont den Mangel an Zeit besonders an kleineren Schulen,
meint aber, bei gutem Willen müsse Zeit gefunden werden;
zu unterscheiden sei dabei das allgemein Bildende von dem
absolut Nöthigen. Professor Gurlitt sprach seine unbedingte
Zustimmung zu dem Plane aus. Wenn es auch unmöglich
sei, in einem einstündigen Wochenunterrichte Geschmack-
volles und Geschmackloses unterscheiden zu lernen, so sei
doch die Hauptsache, dass überhaupt etwas geschieht, jede

Ferner waren anwesend Hofrath Professor Hof mann, der
Direktor und die Lehrer der Königlichen Kunstgewerbe-
schule, eine Anzahl der sächsischen Handelsschuldirektoren
und einige Kunstgelehrte. Geheimer Rath Roscher und Hof-
rath Professor Hofmann legten die Gesichtspunkte des in
Aussicht genommenen Unterrichts dar; ausserdem sprachen
Gewerberath Enke, Direktoren Reidt, Rachel, Messin, Ge-
heimer Hofrath Graff, Hofrath Professor Gurlitt und Dr. Paul
Schumann. Geheimer Rath Roscher erörterte u. a. die Erfah-
rung jedes Kunstgeschichtslehrers, dass die bisherigen künst-
lerischen Anschauungsmittel herumgereicht werden müssen,
daher nicht von allen Schülern gleichzeitig gesehen werden
und von den meisten auch nicht dann, wenn der Lehrer
gerade von ihnen spricht. Die grossen Bogen des neuen
Werkes aber sind auch aus der Ferne sichtbar, beseitigen
daher jenen Mangel. Das Königlich Sächsische Ministerium
will die Hälfte der Herstellungskosten übernehmen; ein un-
aufgezogener schwarzer Bogen
wird 1 Mk, ein aufgezogener
kolorirter i Mk. 90 Pf. kosten.

Hofrath Professor Hofmann
legte dar, dass erfahrungsgemäss
Fabrikanten und Verkäufer sehr
selten einen Begriff von der-
artigen Geschmacksfragen haben,
dass es aber von grösster Wich-
tigkeit ist, dass der Geschmack
der Kaufleute gebildet werde.
Die riesige Entwickelung des
Welthandels fordert gebieterisch,
dass unser Volk auch in dieser
Hinsicht sich sattele. Wir können

Uns gegenüber unseren Neben- Abbildung Nummer 1249. Bemalte Füllung für ein Pianino. Entwurf: Geo. C. Duxburg, London.

buhlern nur halten, wenn wir
stets eine Spanne voraus sind.

Es hat daher keineswegs blos einen idealen, sondern auch i Anregung und jeder Weg sei gangbar. Die Summe der
einen hervorragend praktischen Werth, dass die Schüler der I Elemente, die von verschiedenen Seiten zusammenstreben,

Handels- und Fachschulen mit Stil- und Geschmacksfragen
vertraut gemacht werden, dass überhaupt derartige Bildung
mit allen Mitteln ins Volk gebracht werde. Ein solches Mittel

werde mit der Zeit schon etwas Gutes ergeben. Man möge
darum so rasch wie möglich, ohne etwaigen Bedenklichkeiten
allzuviel Raum zu geben, positive Schritte thun. Weiter
 
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