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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 1.1900-1901

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Zur Einführung
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Zur Einführung.

liehe Industrien wurde und als die erste
Stadt innerhalb französischer Herrschafts-
grenzen erscheint, in der das echte Por-
zellan hergestellt wurde, so schuf die
Porzellanfabrik Niederweiler bei Saarburg
in ihren Biskuitgruppen Meisterwerke, die
sich hohen Ansehens in der Kunstwelt
erfreuten.

Bis vor einem Decennium dachte man
aber in den Reichslanden so gering vom
heimischen kunstgewerblichen Können der
Gegenwart, dass man glaubte, infolge man-
gelnder Vorbedingungen und Anlagen, auf
allen Gebieten, wo Stil, Phantasiereichtum
und Formensinn den Ausschlag geben,
hinter dem Ausland, ja hinter anderen
deutschen Bundesstaaten zurückstehen zu
müssen. Die ausschliessliche Bezugsquelle
für elegantere Einrichtungen und Einricht-
ungsgegenstände war deshalb bis vor
Kurzem Paris.

Seit etwa zehn Jahren trat auch in
Elsass-Lothringen eine mehr und mehr
erstarkende Reaktion gegen die unwirt-
schaftlichen Anschauungen zu Tage, die
das Kunstgewerbe seither so schwer ge-
schädigt hatten, und mit dem erwachenden
Selbstvertrauen machte sich Energie und
Schaffensfreude in einer Weise geltend,
dass Kunstgewerbe und Kunstindustrie
nach wenigen Jahren angestrengter Arbeit
sich wieder auf einer Achtung gebietenden
Höhe befinden, die mit einem Gefühl
frohen Stolzes erfüllen muss.

Dem heimischen Kunstgewerbe man-
gelte aber bis jetzt noch ein fachmännisch
geleitetes Organ, welches die Erzeugnisse
alten und modernen Kunstgewerbes des
Landes zum Gegenstand der Darstellung
in Wort und Bild machen würde.

Diesem längst empfundenen Bedürfnis
soll die vorliegende auf Veranlassung
Sr. Excellenz des Herrn Unterstaats-

Sekretärs, Wirkl. Geheimen Rathes von
Schraut ins Leben gerufene Zeitschrift :
« Das Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen »
abhelfen.

Unsere Zeitschrift strebt vor allem
eine noch innigere Fühlung der mit her-
vorragenden Werkstätten ausgerüsteten
Kunstgewerbeschule in Strassburg mit
den sämtlichen Produzentenkreisen von
Elsass-Lothringen an; sie will eine An-
regung spendende Quelle für alle kunst-
gewerblichen Industriezweige des Landes
werden, sie will ferner den Werkstätten
des Landes Entwürfe zuführen, die auch
die herrschenden Modeströmungen über-
dauern, sie will auch in das Haus des
minderbemittelten Bürgers einen Strahl
der Schönheit tragen.

Getreu der Tendenz der Kunstgewerbe-
schule wird auch die Zeitschrift eine
Richtung vertreten, die laut verkündet,
dass der einzige Weg, welcher uns zu
einem selbständigen modernen Kunst-
gewerbe verhelfen kann, durch die Natur
geht. Dieser grossen, ewig jugendlichen
Lehrmeisterin hat es das Kunstgewerbe
des Landes zu verdanken, wenn es uns
schon heute kraftvoll gereift entgegentritt.

Die neue Zeitschrift will aber auch ein
treues Spiegelbild der gesamten kunstge-
werblichen Produktion in Elsass-Lothringen
bieten; sie wird unbefangen das Neue
prüfen und sich warme Anteilnahme an
jeglichem Kunstschaffen des Landes be-
wahren; sie wird allzu unvermittelte
Extreme meiden, aber teilnehmend und
liebevoll alles Gute und Brauchbare wahr-
nehmen.

Sie hat aber noch eine andere grosse
Aufgabe zu erfüllen.

Ueberall regt sich im Kunstgewerbe
ein mächtiger Drang zu neuen Thaten.
Aber Alles deutet doch darauf hin, dass
 
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