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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 1.1900-1901

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Keune, Johann Baptist: Ein Holzschnitt des 15. Jahrunderts im Museum der Stadt Metz
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https://doi.org/10.11588/diglit.6476#0223

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2o8

Ein Holzschnitt des ij. Jahrhunderts im Museum der Stadt Metz.

Reste der Namen des Machabaeus und des
Gottfried von Bouillon vorhanden. Josua
führt auf dem Schild wie auf dem Banner
als Abzeichen die Sonne, eine Anspielung
auf das bekannte von der Bibel berichtete
Wunder, und des Königs David Schild
und Banner zeigen die Harfe. Auf beide
Abzeichen nehmen auch die Begleitverse
Rücksicht, welche ungefähr besagen (die
Ergänzungen nach dem Pariser Holz-
schnitt): (Josua) «Der Kinder Israels viel-
geliebter Richter, als Gott durch ein
Wunder die Sonne stille stehen, den Jordan-
fluss abgehen und das rote Meer über-
schreiten Hess (letzteres ein auch im Pariser
Holzschnitt vorhandener Irrtum). Die Un-
gläubigen konnten gegen mich nicht aus-
dauern; von 32 Königreichen machte ich
die Könige tot 1400 Jahre bevor Gott ge-
boren wurde». (David) «Ich erfand Harfen-
und Psalterklang, und
Goliath tötete ich,
den grossen, treulosen
Riesen. In mehreren
grossen Schlachten
hielt man mich [für
einen Ehrenmann],
und nach Saul hatte ich
das Land inne, und
auch prophezeite ich
die Ankündigung Got-
tes [wohl 300 Jahre
vor seiner Mensch-
werdung]. »

Das Banner,
welches Gottfried von
Bouillon in der Hand
hielt, fehlt jetzt; er-
halten aber ist sein a
zweiteiliger Schild.

Die rechte Seite desselben ist ausgefüllt
von der Hälfte des Kreuzes von Jerusalem,
seine linke Steite aber zeigt in der Mitte
das altlothringische Ouerband mit den drei
Adlern, welches noch heute unter ganz
veränderten Verhältnissen Lothringens
Wappenschild ziert; oberhalb dieses Quer-
bandes befindet sich die Dornenkrone und
unterhalb desselben ein Bau, der das
Schloss von Bouillon vorstellen soll'. In
den Begleitversen heisst es : «Ich war
Herzog von Lothringen nach meinen Vor-
fahren, und auch hatte ich von Bouillon
die Paläste und Türme inne. In der
Ebene von Comeine schlug ich nieder das
feindliche Heer. Den König Cornemarent

1 Dornenkrone und Schloss sind auf dem Holz-
schnitt deutlich zu erkennen, auf der Abbildung
leider nicht.

tötete ich mit starkem Schwert, Jerusalem
eroberte ich (und) Antiochia auf der Rück-
kehr. Ich starb 1100 Jahre nach unserem
Herrn». Dass der Herzog von Nieder-
lothringen Gottfried in den Reimzeilen
duc de Lorraine genannt wird, ist an und
für sich nicht auffällig, wenn auch die
Abweichung von dem Pariser Holzschnitt
beachtenswert ist, welcher ihn duc de
Bouillon nennt. Wohl aber ist sehr auf-
fallend, dass Gottfried auf seinem Wappen-
schild das Abzeichen der späteren Herzöge
von Lothringen, jenes Querband mit den
drei Adlern, führt, welches sich zuerst
auf Münzen des Herzogs Ferri III (1251-
1301) und später, ständig aber erst seit
Rene I d'Anjou (1431 ff.) nachweisen lässt.
Dieses dem Herzog Gottfried zugewiesene
Wappen der späteren Herzöge von
Lothringen in Verbindung mit der ersten
Reimzeile und den ab-
weichenden Begleit-
worten und dem an-
dersartigen Wappen-
bild des Pariser Holz-
schnittes weist un-
zweideutig auf eine
politische Tendenz
hin, die Absicht näm-
lich, einen Zusammen-
hangder späteren Her-
zöge von Lothringen
mit dem König von
Jerusalem, Herzog
Gottfried herzustellen.
Dies verrät auch
die Herkunft unseres
Holzschnittes, der als
ein lothringisches Er-
zeugnis bezeichnet
werden muss. Wenn man aber die Ent-
stehung des Holzschnittes wegen seiner
Eigenart durch bestimmte Vorgänge in
der Geschichte Lothringens hat bedingt
sein lassen und daher den Jahren 1418-
1420 oder 1421-1430 oder 1444 zuweisen
wollte, so scheint diese Folgerung bedenk-
lich. Sicher ist nur, dass der Holzschnitt,
zu dem die beiden Metzer Bruchstücke
gehörten, hergestellt sein muss zu einer
Zeit, wo der Querbalken mit den drei
Adlern als Wappenzeichen der Herzöge
von Lothringen allgemein anerkannt war.
Bestimmtere Anhaltspunkte für die zeit-
liche Bestimmung bieten jedoch die Fund-
umstände und das Papierzeichen. Die
beiden Bruchstücke fanden sich, wie
gesagt, unter dem Einband eines Aus-
gaberegisters der Stadt Metz. Dieses
Register verzeichnet aber die Ausgaben

Schmuckkästchen aus Elfenbein gef, bei .Metz
 
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