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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Das Pariser Kunsthandwerk und die Ausstellung "München 1908"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0379

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Das Pariser Kunsthandwerk und die Ausstellung „München (908".

8^0. Büfett; von Valentin Witt, München; nach Entwurf von V. Tauscheck.

Palisander matt poliert und eingelegt; wände blau halbseiden mit weiß- und schwarzleiueneu Borten abgesetzt.

mit süßer Leidenschaft, ohne Brutalität, beredt und
verzweifelt."

„„Noch ist nicht alles bewunderungswürdig,""
fuhr er fort. „„Sie selbst erkennen das. Aber, seien
Sie dessen sicher, sie werden sich vervollkommnen.
Die seit sO Jahren erreichten Fortschritte sind ver-
wirrend. Ihre Fehler liegen in der Schwerfälligkeit
der Rasse, selbst die Rokokohäuser — wie sie sie nennen
— sind schwerfällig. Schauen Sie die von Dresden
und Prag an. Wenn aber hier ein Aünstler oder
Handwerker einen Irrtum begeht, wirft man keinen
Stein nach ihm. Alan sagt: Er wird es das nächste-
mal schon besser machen.""

„„Ich wiederhole es Ihnen, ihr Geschmack ist
noch nicht in festen Formen. Aber sie rücken mit
Riesenschritten vorwärts, und wenn nicht ein Wunder
uns in unserer Erstarrung helfen wird, werden wir
in fO Jahren nicht nur eingeholt, sondern über-
holt sein. — Schon haben sie sich mit unglaublicher
Geschwindigkeit von ihrem Hauptfehler frei gemacht,
der in der Übertreibung des Ornamentes lag. Dies-
mal sind sie von einem Gesichtspunkt ausgegangen,
der dem Fehler, den man den nationalen nennen

könnte, entgegengesetzt ist, sie wollen nüchtern sein,
und nun, sehen Sie, ornamentieren sie nichts. — Im
allgemeinen hält man sich in der Aunst dann an
Einfachheit, wenn man viel versteht. Bei ihnen ist
die Vereinfachung durchaus negativ und inan könnte
sagen vorbeugend. Aber, seien Sie beruhigt, die

Reaktion wird nicht ausbleiben.-Ihre Farben

sind ein bischen traurig, wie ihre Ulusik und ihre
Lieder. Sie bemerken wenig Rot. Das Rot ist der
Ausdruck der Heftigkeit, ein Schwert, das zuschlägt.
In der Heraldik bezeichnen senkrechte Striche das
Rot, horizontale das Blau; die Farbe des Traumes,
das ist die ausgebreitete Schattierung, unbegrenzt,
ruhig. Sie lieben das Blau.""

„„Sie haben von dem zu wenig, wovon wir zu
viel haben. Bei uns stirbt das Handwerk aus, er-
stickt durch den theoretischen Unterricht. Bei ihnen
dagegen wendet die gut entwickelte Handwerkskunst
alle ihre Aräfte der Aufmerksamkeit und Anwendung
zu, und wie ihre theoretische Erziehung beinahe gleich
Null ist im Vergleich mit der unsrigen, die alles
absorbiert, so sind auch ihre Einfälle schwächer wie
die Ausführung.""

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