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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Wöhrn, G.: Teresa
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0041
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zu führen, diese Rothhosen uns auf den Nacken
kommen ließen! Längst schon hätten wir Vier, mit
dem Reichthume von halb Rom beladen, uns in
die Gebirge — "
Ein Seufzer, aus tiefster Brust des in der
Ecke sitzenden, teilnahmslosen Zuhörers kommend,
begleitet von einem dumpfen Fluche, unterbrach ,
hier den Sprechenden.
„Ei, daß Du in der Tiber lägest!" fchnautzte
der Vierte jetzt den Störer an. „Nicht genug, daß
der Schwächling dasitzt, als müßte er heute noch im
Büßerhemde in der St. Petcrskirche stehen, — wozu
Madonna Dir übrigens verhelfen möge, — sondern
unser Gespräch scheint ihm auch noch zu mißfallen!
Ist es nicht, als müsse er zusammenbrcchen unter
einer Last von Sünden, und hat noch nicht einmal
einen gutgeschliffenen Dolch zu gebrauchen gelernt.
So wahr ich Malvoglio heiße, das sei der letzte
Seufzer gewesen, den ich zu hören bekomme, oder
Du sollst ein Weihwasser bekommen, davon Dir
die Zähne klappern werden!"
„Ruhig, keine Händel," schlichtete Girolamo. '
„Vergeßt ihr, daß ein Streit in meiner Lokanda j
sogleich die Wache herbciführcn würde? Was wäre
dann das Ende davon?"
Während dieser Worte hatte sich Der in der
Ecke erhoben, war den Andern näher getreten und
stand jetzt hoch aufgerichtet dicht vor Malvoglio,
aus den tiefliegenden Augen ihn fürchterlich an-
blitzend. Man sah ihm an, daß er nicht in gleichem
Grade gesunken war, wie die Andern. Ein tiefer
Schmerz lag auf allen seinen Zügen, die sogar schön
zu nennen waren, hätte Leidenschaft sic nicht entstellt.
„Da habt Ihr mich," rief er, „nehmt mich
vollends ganz hin, die Seele habt Ihr mir ja schon
gestohlen, so sei auch noch der Körper Euer, wenn's
Euch denn so beliebt!"
Malvoglio hatte, einen Angriff erwartend,
indessen schon nach dem Dolche gegriffen, den aber
Pedrillo ihm entwand. In diesem Augenblicke
öffnete sich die Thüre der Lokanda und herein trat
Longjean, der Sergeant-Major, indeß unter dem
Eingang die Bajonette einer Abtheilung französischer
Truppen erglänzten. Girolamo, Pedrillo,
Benevoluto und Malvoglio drängten sich
beim Anblick des Sergeant-Majors und seines Ge-
folges auf einen Knäul zusammen und waren wie
es schien gefaßt, den Verlust ihrer Freiheit theuer

erkaufen zu lassen, während der vorhin von Mal-
voglio Angegriffene ruhig stand.
„Wer sich nicht ergibt, wird nicdergeschossen!"
rief jetzt mit lauter Stimme der Sergeant-Major,
und von Außen sahen die Banditen ein Dutzend
Flintenläufe auf sich gerichtet. Da sie das Frucht-
lose ihrer Bemühungen Ansehen mußten, warfen sie
ihre Waffen dem Franzosen vor die Füße und alle Fünf
wurden nun gefesselt und abgcführt. — Eine Viertel-
stunde darauf herrschte Todtenstille in der Lokanda.
Kehren wir wieder zu unseren Frauen zurück.
Der Tag neigte sich zu seinem Ende. Einige
Büchsenschüsse von der Hütte Guglielmo'ö, in
der Mitte des Hügels, entspringt aus starrer Fels-
wand eine Quelle, welche kurz nach dem Regie-
rungsantritt Papst Pius IX. in ein Bassin gefaßt
worden war. Ein Monument, aus großen Mar-
morblöcken gehauen, faßt die Quelle auf. Roms
Gründer, Romulus und Ncmus mit der sie säugen-
den Wölfin, sind auf des Monumentes Mitte in
Hautrelief dargestellt, unter ihnen, aus einer Art
altrömischen Geschirres, ergießt sich der klare
Wasserqucll in das halbrunde Bassin, von dem
das Wasser wieder in ein niedriger liegendes ab-
läuft. Das Monument trägt die A eb erseh rift:
llüis IX., lloMilox Naxiilnm. Rings von einem
prächtigen, vielfältigen Baumschlage schattig um-
geben , dessen grünes Laubdach kaum den Durch-
blick nach dem unten liegenden See gewährt, ist
diese Partie wahrhaft düsterschön zu nennen.
Hier finden wir Teresa, die, während das
kupferne Wasscrgefäß, welches zu füllen sie sich
herbegeben, das rieselnde Labsal auffing, auf dem
Steiusitz am Brunen saß und in schwermüthigem
Lächeln vor sich hinblickend, eine der üppig an der
Quelle wuchernden Blumen um die andere abriß, aber
sogleich wieder zerrauft iu ihren Schooß sinken ließ.
Schön war sie, wie eine Venus, als sie jo
dasaß in der lieblichen Tracht, mit dem malerisch
gefalteten Schleier, unter dessen schneeiger Weiße
sich die zwei glänzend schwarzen Zöpfe wie spielend
ineinandergcschlungene Schlangen über die Wangen
herabstahlen, deren zarten Teint die Abendsonne jetzt
etwas höher färbte als sonst. Glänzenden Bluts-
tropfen gleich traten die Korallen der Halsschnur,
auf deren Schloß mit dem herabhängenden Kreuze
die Madonna gemalt war, an dem Alabaster des
Halses hervor. Wer sie so dahinbrütcn sah, das
 
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