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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

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Heft 9 (28. April)
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Das neue Nationalmuseum im Bargello zu Florenz
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0050

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aus den Uffizien. — Äm zweiten Stock sind die Gegen-
stände von mehr kulturgeschichtlichem und antiquarischem
Jnteresse untergebracht, Rüstungen, orientalische Gefäße,
chinesische Emails, Waffen, ebenfalls zum Theil aus den
Uffizien, Lederwaaren, venetianische Gläser, Webereien u. A.
— Sehr bunt ist namentlich derJnhalt des rechts an das
Eingangszimmer stoßenden langen Saals: hier steht u. A.
die Marmorstatue des h. Lukas von Orsanmicchele, das
Tabernakel von der Madonna Fiesole's in den Ufsizien,
die Siegelstempel und toskanischen Münzen von dort und
zwei der herrlichsten Chorbücher mit Miniaturen aus dem
Besitze der Kirche von S. Maria nuova. — Das kleinere
Eckzimmer endlich ist mit gewirkten Wandteppichen des
17. Jahrhunderts und schönen Renaissance-Truhen wohn-
lich ausgestattet.

Ein Katalog der osienbar höchst wichtigen Sammlung
existirt noch nicht. Der Besuch wird für Studienzwecke
von der Verwaltung freigegeben, das übrige Publikum
zahlt 1 Fr. Eintritt. Ob diewünschenswerthe Ausdehnung
des Museums zu einer durch Bibliothek und Vorbilder-
sammlung ergänzten Bildnngsanstalt für Kunstgewerbe
in's Leben treten werde, scheint noch ungewiß.

Korrespondenzen.

Berliil, Ende April.

-s- Die Nähe der großen Ausstellung macht sich in
den Räumen unserer verschiedenen Ausstellungslokale be-
reits recht fühlbar. Der reiche Zufluß, der sonst eine
fast verwirrende Menge der an Art und Werth verschie-
densten Kunstwerke an uns vorüberführt, scheint anzu-
halten, um sich vervielfacht in die Säle der Akademie zn
ergießen. Dennoch kommt auch so noch manches nicht
zu unterschätzende Werk zu uns, und der bescheidene
Kunstfreund, der sich mit Wenigem, aber Ansprechendem
genügen läßt, dnrchstreift gern und mit Genuß die be-
kannten Sammelplätze des Guten. Unter dem in jüng-
ster Zeit Gesehenen kann ich nicht umhin, an erster Stelle
als besonders erfreulich ein Bild von Adalbert Begas,
das Porträt einer Frau von Stralendorff, zn erwähnen.
Dieser Künstler, dem, während er sich ursprünglich zum
Kupferstecher bestimmt hatte, in Jtalien der Sinn für die
Farbe aufgegangen, hat durch sorgfältige Studien nnd
Kopien nach den besten alten Meistern sein Farbengefühl
in einer so feineu Weise gebildet und sich eine so ge-
wandte Pinselführung zu eigen gemacht, daß seine Bilder
gegen die Farblosigkeit oder Farbenmanicr der meisten
Maler nnserer Zeit auf das Wohlthuendste abstechen.
Dazu kommt, daß die behufs seiner frnheren Kunst er-
langte Sicherheit in der Zeichnung und bei größter
Einfachheit gediegener Geschmack im Arrangemcnt seinen
Porträts nach allen Seiten hin einen vorzüglichen Werth
verleihen. Jn verhältnißmäßig kurzcr Zeit folgten sich

an derselben Stelle (in Sachse's permanenter Ausstellung)
drei weibliche Bildnisse, die deutlich erkennen ließen, wie
der Künstler stetig zu größerer Freiheit und Selbständig-
keit gelangte, und nur die tiefe Haltung, die bei ihm
typisch werden zu wollen schien, erinnerte, wiewohl nie-
mals störend, an die Schule, die seine Hand und sein
Auge durchlaufen. Jn dem jetzt vollendeten Bilde aber
hat er sich in das Helle gewagt und bewiesen, daß ihm
Harmonie und Brillanz hier eben so wenig entgeht, wie
dort, und ich glaube in diesem Sinne das in Rede stehende
Bildniß als die Mündigsprechung seines trefflichen Ta-
lentes begrüßen zu dürfen. Er ist auf dem besten Wege,
sich im Porträtfach zwischen die beiden Meister Gustav
Richter und Friedrich Kaulbach zu stcllen, und seine
Kunst dürfte so recht dazu geeignet sein, gegen die Un-
natur des von einer marklosen Aristokratie hochgehaltenen
Lauchert ein wirksames Gegengewicht zu bilden. — Einen
auderen Künstler, von dem Karfunkel's Centralausstellung
schon seit einiger Zeit zwei Bilder beherbergt, muß ich
Jhnen nennen, weil ich es für Pflicht einer gehaltenen,
oder vielmehr mit Fug und Recht ungehaltenen Kritik
ansehe, da energisch zu tadeln und zu warnen, wo es der
Mühe werth und noch an derZeit ist. Der ehemalige Lau-
reatus unserer Akademie, Paul Kießling, hat in einer
Tafel mit lcbensgroßen Fignrcn Schiller's „Dithhrambe",
in einer anderen in drittellebensgroßem Maßstabe Schil-
ler's „Mädchen aus der Fremde" verbildlicht. Denken
Sie sich ein junges Mädchen, dessen italienischer Typus
ctwas stark in's Orientalische verunglückt ist und durch
eine spezifisch jüdische Handbewegung noch unterstützt wird,
in elegantem modernstem Salonkostüm, umarmt von einer
ganz nackten weiblichen Gestalt, die dadurch wahrschein-
lich als der alten Mythologie angehörig bezeichnet werden
soll, einen gleichfalls nackten Amor, der sich in die Falten
der crinolingeblähten Seidenrobe drückt und einen sitzen-
den, nicht weniger nackten jugendlichen Bacchus dabei,
mit einer Schale in der Hand. Der Dame wahrschein-
lich zu Hüßen liegend, ragt ein junger Mann mit „ge-
nialen" Ziigen und ausdrucksvoll sein sollender Handbe-
wegung bloß mit dem Oberkörper in die rechte Seite des
Bildes hinein: das ist die Dithyrambe. Man kann ge-
trost einen Preis für Denjenigen aussetzen, der diese
Bedeutung erräth. Ebenso abenteuerlich ist das nackte
Mädchen aus der Fremde in einer Begleitung von Hirten,
Ziegen nnd nackten Liebesgöttern, das einem Brant-
paare im exquisitesten Kostüm aus dem siebentcn Decen-
nium des nennzehnteii Jahrhnnderts (selbst schwarzer
Cylinderhut und tadellose Glacös sind ihm nicht erlassen!)
einen Blüthenstrauß präsentirt. Sic wnndern sich, daß
ich solche albcrne Machwerke dcr Bcachtnng würdige; und
in der That kann mich nur das Bcdauern dazu bewegen,
cin nicht unbedeutendes Talent in die graucnhaftesie Ab-
geschmackthcit verirrt und cin respektables Könncn auf
 
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