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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

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Heft 18 (27. August)
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Woltmann, Alfred: Die nationale Porträt-Ausstellung in London, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0114

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114

vom Earl of Spencer geliehenes Bildniß Venetia's.
Wie schlummernd ruht sie da, auf die rechte Hand gelehnt,
im leichten weißen Nachtgewande; cine Rose liegt auf der
Decke ihres Lagers. So ward sie im Jahre 1633, erst
33 Jahre alt, todt in ihrem Bette gefunden. Dies ist
freilich nur eine Kopie nach vaip Dyck. Ein besseres
Excmplar ist in der Dulwich-Galerie vorhanden, aber
auch das kann ich kaum für das Original halten.

Charlotte dela Tremouillc, das heldenmüthige
Weib, welches nns Rubens in blühender Jugendschön-
heit so unvergeßlich geschildert, finden wir noch einmal
wieder, von der Hand van Dyck's gemalt. Jetzt ist sie
eine Frau in mittleren Iahren, mit starkem Kinn ruhig
und entschlossen dreinblickend. Ihren Gemahl, Iames
Stanley, Earl of Derby, sehen wir sowohl in einem
Brustbilde, das zu dem ihrigen das Gegenstück bildet, als
auch auf einem großen Gemälde, stehend und in ganzer
Figur. Die Bilder sind in der Familie geblieben; sie ge-
hören sämmtlich dem Earl of Derby. Iames Stanley
war ein edler Charakter und ein trefflicher Soldat. Er
mißbilligte die willkürlichen Maßregeln Karl's l., aber er
blieb ihm treu, und sein Einfluß im Norden war so groß,
daß er ein Heer von 60,000 Mann für den König zu
sammeln im Stande war. Gut und Blut opferte er für
ihn; drei Jahre nach dem Tode Karl's fiel cr in die Hände
des Parlaments und wurde zu Bolton hingerichtet. Es
ist eine interessante, ritterliche Gestalt, mit langem, dun-
kelbraunem Haar, das in die Stirn hineinhängt. Etwas
Pathetisches liegt in seinem ganzen Wesen und Auftreten.
Er zeigt auf die See, die man in der Entfernung erblickt.

Von anderen Gestalten, die gleichfalls bei jenen Krie-
gen betheiligt waren, sind namentlich die beiden Neffen
des Königs, die Prinzen Nuprecht und Moritz von der
Pfalz, Söhue des böhmischen Winterkönigs, zu nennen.
Beide zeichneten sich als tüchtige Führer der royalistischeu
Armee aus und Nuprecht uainentlich war ein berühmter
Reitergeneral. Gleichzeitig aber war er ein Freund der
Kunst und übte sie sogar aus. Er ist als Erfinder der
Schwarzkunst-Technik bekannt. Die Bildnisse der beiden
Jünglinge, auf denen sie lebensgroß nnd in ganzer Figur
erscheinen, gehören dem Earl of Carew. Zu den besten
Bildnissen van Dycks gehört das des Richard Westou,
Earl of Portland, geliehen von Mr. H. Bankes. Als
Günstling des Königs und begabter Staatsmann sckwang
er sich zu hoher Stellung anf, war aber zugleich ein Ver-
schwender und ruheloser Geist. In äußerst voruehmer
Haltnng steht er da, stattlich trotz seines ergrauten
Kopfes, schwarz gekleidet, gegen eine Säule gelehnt, einen
Brief in der einen, den Stab des Großschatzmeisters,
dessen Amt er bekleidete, in der andern Hand. Einc
interessante Kriegergestalt bringt das dem Earl of Cla-
rendon gehörende Kniestück des Sir John Minnes,
der unter,Karl I. zu Land und zur See diente und gleich-

zeitig auch Dichter war; mit langem Haar, spitzem Bart
und feürigen Augen. Er trägt einen Brustharnisch;
Wanims und Schärpe sind roth. Mr. Basset hat ein
Bild desGeneralmajors Edward Massey geliehen, der
im Harnisch dasteht, auf sein Rohr gestützt, eine unter-
nehmende Erscheinung. Er hat denn auch das Leben
eines Abenteurers geführt, war im Bürgerkrieg presby-
terianischer Führer und Gouverneur von Gloucester in
dessen hartnäckigem Widerstande gegen den König, trat
aber später in Karl's II. Dienst. Es ist unbekannt, wo
er schließlich oin Ende genommen. Endlich sei noch Wil-
liam Cavendish, Herzog von Newcastle, erwähnt,
Erzieher des Prinzen von Wales und tüchtiger Soldat iu
den Bürgerkriegcn. Jn der Folge zog er sich in das Aus-
land, nach Antwerpen zurück, spielte aber wieder nach der
Restauration eine Rolle. Das große Gemälde, das der
Earl of Spencer besitzt, zeigt einen blonden jungen
Mann, in einfaches Schwarz gekleidet, mit blauen, ge-
müthvollen Augen und einem anziehend schwermüthigen
Zug um dem Mund. Seine niederhängende rechte Hand
ist ganz meisterhaft gemalt.

Der Maler der Revolutionsepoche war Robert
Walker, der sich namentlich in seinem eigenen Bildniß
(aus Hamptoncourt) als tüchtigen Künstler zeigt. Von
ihm rührt auch ein dem Earl of St. G erm ans gehörendes
Porträt des Freiheitkämpfers John Hampdon her. Es
zeigt ihn nicht als Richter, sondern als Krieger, in Wamms
und Brustharnisch, und ist von 1643 datirt, demselben
Jahre, wo er zu Chalgrove im Neitergefecht gegen Prinz
Nuprecht fiel. Es ist ein mildes und doch fcuriges Ge-
sicht, mit blaucn Angen uud langen blonden Locken, das
Gepräge der Aufrichtigkeit und Entschlossenheit tragend.
Auch den Protektor selbst und seine Familie sehen wir in
Bildern von Walker. Oliver Cromwell's kraftvolles
Antlitz, zäh, ja selbst hcrb im Ansdruck, mit den klaren
blauen Angen, prägt sich dem Gcdächtniß tief ein. Das
Porträt gehört dcm Earl of Sandwich. Von den son-
stigen Männcrn der Rcvolution und von Iohn Milton,
der ihnen beigescllt werden mnß, sind keine gutcn gleich-
zeitigen Bildnisse vorhanden.

Nach der Ncstauration nahm wieder ein fremder
Künstler den ersten Nang als Bildnißmaler am englischen
Hofe ein. Peter van der Faes, bekannter als Sir
Peter Lely, 1618 zu Soest geboren nnd 1680 iu London
gestorben, in seiner künstlcrischen Richtung ebensoschr wie
in seiner Stellnng ein Nachfolger van Dyck's. Kurz
nach bessen Tode kam er nach England. Wie sehr aber
auch viele seiner früheren Werke diesem großcn Vorbilde
nahe konimcn, inimer sichtlichcr spricht sich der siukendc
Geschmack der Zeit in ihnen aus. Inimer flacher wird
Peter Lely in der Darstcllung der Charaktere, imiiier un-
solidcr und gleichgültiger in dcr Behandlung, in wclcher
besonders cine kalte, monotone Färbnng unangenchm be-
 
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