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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Warncke, Paul: Die große Berliner Kunstausstellung, [2]: die fremdländischen Künstlergruppen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0227

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437

Nekrologe.

438

Säle ein möglichst vollständiges sein. Nur eine Arbeit
soll noch hervorgehoben werden, Gustav Ankarcrona's-
Stockholm vortreffliches Bild -In Feindesland«, zwei
Reiter aus der Zeit des 30jährigen Krieges, die spä-
hend durch die schweigende Nacht reiten. Es ist
etwas Geheimnisvolles, Vorsichtiges in der Silhouette
der Gestalten sowohl, wie in der Landschaft meister-
haft zum Ausdruck gebracht. —

Noch nicht lange ist es her, dass unter den Frem-
den auf unseren Ausstellungen, und leider oft auch
unter den Heimischen, die Franzosen an erster Stelle
marschierten. In diesem Jahr ist das, wie schon ge-
sagt, anders. Es ist möglich, dass die Weltausstellung
einen Teil der Schuld trägt — jedenfalls ragt die
französische Abteilung nicht übermässig hervor. Nur
in einer Hinsicht ist das mit Einschränkung zu ver-
stehen, in Hinsicht auf das Porträt. Da fällt zunächst
das Selbstbildnis des Henri Fan tin -Latour -Paris
durch seine gute Technik und schlichte Auffassung,
wie durch die Behandlung des Lichtes auf. Voll-
ständig zurück tritt dagegen eine Art Illustration von
der Hand desselben Künstlers, »Finale des Rheingold«.
Sehr gut ist das »Bildnis einer Dame« von Aman
Jean-Paris, ebenso ein grosses als Zeichnung« kata-
logisiertes Ölgemälde in Braun von Benjamin Con-
stant- Paris. Derselbe Meister hat neben diesem Bilde
das bedeutendste Werk in der französischen Abteilung
geliefert, es ist das einfach unübertreffliche, in jeder
Beziehung meisterhafte »Bildnis des Sohnes des Künst-
lers«. Diese Arbeit erhebt sich weit auch über das
sehr beachtenswerte Porträt des Architekten E. Corroyer
von Jules Lefebvre-Paris, das übrigens ebenfalls ganz
ausgezeichnet genannt werden muss.

Besnard's -Paris Damenporträt ist gut gemalt,
aber durch die grünliche Beleuchtung des Kopfes,
die ihm etwas Leichenhaftes giebt, sehr reizlos.

Was sonst noch aus Frankreich gekommen, ist
mit wenigen Strichen charakterisiert. Zu dem Besten
gehört ein fein durchgeführter Halbakt, sowie ein
Mannskopf von Rosset Granger, ein »Im blauen Sa-
lon« genanntes Interieur von Jacques F. Blanche-Paris,
und vor allem eine freilich sehr dekorative, aber
überaus feingestimmte Landschaft von Menard-Paris,
»Die Haide«. Weiter ragen hervor das in grossen
Farbenflecken breit hingesetzte »Wallfahrtstag in der
Bretagne« von Lucicn Simon-Paris, das stimmungs-
volle Pastell »Teich in Montefontaine bei Paris« von
Alex. Nozal- Paris, ein meisterlich gemaltes Stimmungs-
bild von Ch. Cottet-Paris »Sonnenuntergang in einem
Hafen der Bretagne«, und endlich zwei ganz vor-
treffliche Seestücke von F. Le Gout-Gerard-Paris,
»Abenddämmerung im Hafen von Concarneau« und
ganz besonders »Fischerboote in Concarneau«, das
durch die unendlich einfache und doch überaus
wirkungsvolle Wiedergabe des Wassers wie der fernen
Landschaft hervorragt. —

Nicht viel mehr lässt sich von den Belgiern
sagen. Da ist vor allem einer, dessen süssliche und
dabei ziemlich unbegreifliche Art und Weise von
vornherein abgethan zu werden verdient, JeJ Lecm-

poels-Brüssel. Er hat ein grosses Bild, »Lehre des
idealen Wandels der Menschen aller Zeiten, Symbol
einer besseren Zukunft«, geschickt. Dieser Name (für
ein Bild!) »sagt genug wohl schon«. Es ist einfach
fürchterlich. In der Mitte steht eine Art von Christus
mit lehrend erhobenem Finger. Um ihn herum
stehen nicht »Menschen aller Zeiten«, sondern Mo-
delle im Kostüm der verschiedensten Zeiten, die in
Ausdruck und Bewegung der total unkünstlerischen
Idee des Ganzen vollständig ebenbürtig sind. An
diesem Bilde, wie an dem »Christus« und »der Träu-
merei« ist nichts, aber nichts zu finden, was ihre An-
wesenheit in einer Kunstausstellung wünschenswert er-
scheinen liesse.

Aber in der belgischen Abteilung, sind doch auch
bedeutende Lichtblicke. Da nenne ich zunächst eine
: sehr gute Morgenstimmung' von H. W. Mcsdag-Y\aag
»Früher Morgen in Scheveningen«, die seine andere
»Vom Fischfang zurück«, übertrifft. Weiter ist da
ein feines frisches von E./wasjvz-Calmpthout, »Heim-
fahrt des Krabbenfischers«, und besonders ein ganz
brillant gemaltes Bild von der Landstrasse, »Ein Un-
i fall«, das vielleicht als das beste Werk in den belgischen
Sälen zu betrachten ist.

Van Leemputten-Antwerpen hat ein feines, klares
Bild gesandt, »Rückkehr aus der Kirche«, und eine
ebenso frische freudige Stimmung atmet der gut ge-
malte »Sonntagsmorgen« von J. Vcr/ieyden-ürüssei.
Weitere stimmungsvolle Landschaften stellen F. Cour-
tens-Brüssel mit »Ein Sonnenstrahl« und Gruppe-Haag
mit »Oktober in Holland« aus.

Die vier grossen, die Geschichte vom »Verlorenen
Sohn behandelnden Bilder von Carl Jacoby- Brüssel
sind bei allen ihnen sonst innewohnenden malerischen
und besonders zeichnerischen Vorzügen doch zu un-
ruhig in der Wirkung, um als vollendete Arbeiten
gelten zu können. — Zum Schluss aber soll als sehr
gute Leistung noch Van Strydonck's Bildnis des Bild-
hauers »Van der Staggen« erwähnt werden.

Die Ausstellung der österreichischen Künstler ist
leider noch nicht eingetroffen, ihre Würdigung muss
also einem späteren Artikel vorbehalten bleiben.

NEKROLOGE

Paris. Wie wir in No. 24 schon kurz berichtet,
starb am IQ. April der berühmte Pariser Bildhauer
Alexandre Falguiere. 1832 zu Toulouse geboren, errang
er bereits 185g den Roinpreis. Seine ersten Aufsehen
erregenden Werke waren »der Sieger im Hahnenkampf
und »der jugendliche Märtyrer Tarcisius«, die sich jetzt
beide im Luxembourg - Museum befinden. Seitdem schuf
er hauptsächlich Standbilder (Corneille, Oambetta, Lamar-
tine, den heiligen Vinzentius von Paula, Kardinal Lavigerie
Balzac, Daudet, Ambroise Thomas, Bizet, Pasteur u. a.),
und nackte weibliche Gestalten (Diana, jagende Nymphe,
Juno mit dem Pfau, die Tänzerin). Alle seine Werke, auch
die weniger gelungenen, verraten ein starkes Temperament
und eine ungemein hochentwickelte Technik. Falguiere
war Kommandeur der Ehrenlegion, Professor an der Ecole
des Beaux-Arts und Mitglied des Instituts und genoss eine
grosse Volkstümlichkeit. G-
 
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