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Sammlungen und Ausstellungen — Ausgrabungen und Funde
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in Frage stehenden Kunstzweiges sich meist herumschlagen
muss. Die Bestimmungen in Bruckmann's Verzeichnis
und auf den Rändern der Blätter sind von Friedländer
gegeben. Einzelne wichtige Stücke fehlen freilich auch
in dieser reichsten Auswahl; im ganzen aber ist das Ge-
dächtnis der Brügger Ausstellung besser, als das irgend
einer vorhergegangenen ähnlichen Veranstaltung, wie man
im 18. Jahrhundert gesagt haben würde, »vor den stygischen
Wassern bewahrt«. F. Dalberg.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Die Neuordnung der Brera-Pinakothek und die
Eröffnung der Galleria d'Arte Moderna in Mailand. Nach
dem stillen Direktoriat des Malers Giuseppe Bertini ist mit
Corrado Ricci ein frischer wissenschaftlicher Zug und eine
Zeit glücklicher Erwerbungen und Neuerungen für die be-
rühmte Brera-Sammlung gekommen. Ricci hat in den letzten
vier Jahren die Galerie nicht nur durch Erwerb von Werken
von Lazarro Bastiani, C. da Conegliano, Piazetta, Butinone,
Benozzo Gozzoli, Bramante, Gentile da Fabriano bereichert,
sondern auch eine gründliche, nach Schulen und innerhalb
dieser chronologisch durchgeführte Neuordnung der ganzen
Galerie kürzlich beendigt. Am 1. Juni wurde diese Neu-
ordnung, die die Brera zu einer der bestgeordneten Samm-
lungen Italiens macht, unter Teilnahme des Ministers Nasi
feierlich eröffnet. Die Tribuna nach dem Vorbild der in
der Uffiziengalerie ist aus systematischen Gesichtspunkten
aufgegeben und Raffael's Sposalizio allein in einem mit
Samtdraperien ruhig und tief gestimmten Saale aufgestellt.
Mehr als hundert Fresken, die im Laufe des 19. Jahr-
hunderts in Mailand und der Lombardei dem Untergange
geweiht waren, sind jetzt in einer fünfzig Meter langen
Vorhalle geborgen und bequem zur Betrachtung angebracht.
Erleichtert schon die streng durchgeführte Vereinigung
aller zu einer Schule gehörigen Werke in den Sälen der
Malerei von Venedig, der Lombardei, von Ferrara, Ravenna,
Forli, Rom, Genua, Neapel und des Auslandes den Über-
blick, so ist weiter für das Verständnis durch Anbringung
von Metalltäfelchen an jedem Bilde mit allen wichtigen
Angaben gesorgt. Für eingehendere Kunststudien steht
auch ein Archiv von Photographien und sogar eine Dunkel-
kammer zur sofortigen Entwicklung für Studienzwecke ge-
machter Aufnahmen zur Verfügung. In drei oberen Sälen
ist eine interessante Sammlung von Konkurrenzentwürfen,
die von der Brera seit 1805 prämiiert worden sind, ein-
gerichtet. — Fast gleichzeitig wurde die Eröffnung der
modernen Galerie im Castello Sforzesco mit Künstlerfesten
gefeiert und für die Pflege der modernen Kunst in Mai-
land ein verheissungsvoller Schritt gethan.
Brünn. Das Mährische Gewerbemuseum eröffnete
kürzlich eine reichhaltige Ausstellung des in Brünn ge-
borenen und an der Münchner Akademie herangebildeten
Malers Karl M. Thuma, der seit drei Jahren in Eisgrub
lebt und seine sämtlichen Motive in Pastellen, Ölgemälden
und Radierungen aus der südmährischen Ebene holt.
Eine Reihe seiner besten Bilder ging in Brünner Privat-
besitz über.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Rom. Forum Romanum. Die Ausgrabungen rechts
neben dem Faustinatempel sind mit grossem Eifer fort-
gesetzt worden und haben glänzende Resultate ergeben.
Die Vermutung, dass hier eine Nekropolis unweit des
Palatins und ausserhalb der ältesten Stadtmauer gelegen
habe, hat sich bestätigt und ein Grab nach dem anderen
ist freigelegt worden. Die Grabhöhlen sind in den Tuff
eingehauen und müssen ursprünglich mit einer leichten
Sandschicht bedeckt gewesen sein. Man unterscheidet
runde Löcher für Aschengräber, längliche für Skelette. Die
letzteren sind die jüngeren gewesen und schneiden häufig
die Rundgräber entzwei. Zahlreiche zum Teil zerdrückte,
teilweise aber auch vollständig erhaltene Schalen und
Krüge finden sich in allen Rundgräbern, daneben Hütten-
urnen bis an den Rand mit Erde, Asche und Gefässen
gefüllt. Auch Bronzegeräte kommen vor. Besonders merk-
würdig ist ein vollständig erhaltenes Skelett in einem Grabe,
das aus Tuffsteinen aufgebaut ist. Die Nekropolis auf
dem Forum — etwa gleichzeitig entstanden mit den ältesten
etruskischen Gräbern auf dem Esquilin — ist unter Giacomo
Boni's glücklichen Funden einer der merkwürdigsten, und
man kann nicht zweifeln, dass sich das Gräberfeld noch
viel weiter freilegen lassen wird. So ist auch zu hoffen,
dass bei Volk und Regierung das Interesse an den Aus-
grabungen sich warm erhalten wird. Eine neue umfassende
Arbeit mit Abbildungen und Plänen hat Vaglieri soeben
im Bullettino della Commissione archeologica communale
di Roma herausgegeben und hier auch die Fresken von
S. Maria Antiqua publiziert, unter denen die Wiedergabe
der Kreuzigung besonders wohlgelungen ist. Die um-
fangreiche Studie von Christian Hülsen über die Ausgra-
bungen auf dem Forum Romanum, die zuerst in den Römi-
schen Mitteilungen erschien, liegt bereits in einem neuen
verbesserten Abdruck vor. e. St.
Die Ausgrabungen von Ephesos. Die letzten Aus-
grabungen des Wiener archäologischen Instituts auf dem
Boden der grossen jonischen Seestadt Ephesos legten den
Rest des hellenistischen Theaters frei, so dass dieses durch
seine Anlage sowohl als durch spätere Umbauten merk-
würdige Bauwerk nun ganz erschlossen ist. Ausserdem
wurden mehrere prächtige Strassen- und Terrassenanlagen
aus spätrömischer Zeit ausgegraben, wobei die wichtige
Beobachtung gemacht wurde, dass man im 4. Jahrhundert
nach Christi in Ephesos eine regelrechte Strassenbeleuch-
tung hatte. Mehrere Hundert neuer griechischer Inschriften
fanden sich noch bei diesen Arbeiten. In diesem Jahre
wird man mit Erschliessung des Hafenviertels fortfahren.
Auffindung von Michelangelo-Zeichnungen. Aus
Florenz kommt die überraschende Nachricht, dass die beiden
Kunstgelehrten Emil Jacobsen und Pasquale Nerino Ferri
in der Handzeichnungssammlung der Uffizien vierzig Skizzen
von Michelangelo aufgefunden haben. Es ist höchst ver-
wunderlich, dass ein solcher Schatz sich in den von Kunst-
gelehrten immer und immer wieder durchsuchten Mappen
bisher verbergen konnte, und man darf gespannt sein auf
die Publikation, in der die glücklichen Finder die Skizzen
in Abbildung vorführen und die Echtheit und die Be-
ziehungen der Skizzen zu ausgeführten Arbeiten nachweisen
wollen. Soviel bis jetzt bekannt geworden, soll die Echt-
heit sowohl durch die künstlerische Kraft, als auch durch
die Beziehungen zu Wand- und Deckenfiguren der Sixtini-
schen Kapelle und der Medizeergräber und äusserlich
durch die Gleichheit der Wasserzeichen im Papier mit
denjenigen unzweifelhaft echter Blätter gesichert sein.
Die Skizzen bedecken zehn Kartons und zeigen zum Teil
in flüchtiger Rötelzeichnung Kopf- und Beinstudien, aber
auch Ganzfiguren, eine Reiterfigur, eine Leda mit Schwan,
topographische Pläne und einzelne beigeschriebene Worte.
Wir werden auf den Fund ausführlich zurückkommen.
Die Wandgemälde zu Fahr bei Einsiedeln. Die
von Dr. Rothenhäusler vor drei Jahren entdeckten Wand-
gemälde im romanischen Chor der St. Annakapelle des
Klosters Fahr werden in der kürzlich erschienenen vierten
Lieferung von P. Odilo Ringholz' Geschichte des fürst-
lichen Benediktinerstiftes von Einsiedeln eingehend be-
Sammlungen und Ausstellungen — Ausgrabungen und Funde
484
in Frage stehenden Kunstzweiges sich meist herumschlagen
muss. Die Bestimmungen in Bruckmann's Verzeichnis
und auf den Rändern der Blätter sind von Friedländer
gegeben. Einzelne wichtige Stücke fehlen freilich auch
in dieser reichsten Auswahl; im ganzen aber ist das Ge-
dächtnis der Brügger Ausstellung besser, als das irgend
einer vorhergegangenen ähnlichen Veranstaltung, wie man
im 18. Jahrhundert gesagt haben würde, »vor den stygischen
Wassern bewahrt«. F. Dalberg.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Die Neuordnung der Brera-Pinakothek und die
Eröffnung der Galleria d'Arte Moderna in Mailand. Nach
dem stillen Direktoriat des Malers Giuseppe Bertini ist mit
Corrado Ricci ein frischer wissenschaftlicher Zug und eine
Zeit glücklicher Erwerbungen und Neuerungen für die be-
rühmte Brera-Sammlung gekommen. Ricci hat in den letzten
vier Jahren die Galerie nicht nur durch Erwerb von Werken
von Lazarro Bastiani, C. da Conegliano, Piazetta, Butinone,
Benozzo Gozzoli, Bramante, Gentile da Fabriano bereichert,
sondern auch eine gründliche, nach Schulen und innerhalb
dieser chronologisch durchgeführte Neuordnung der ganzen
Galerie kürzlich beendigt. Am 1. Juni wurde diese Neu-
ordnung, die die Brera zu einer der bestgeordneten Samm-
lungen Italiens macht, unter Teilnahme des Ministers Nasi
feierlich eröffnet. Die Tribuna nach dem Vorbild der in
der Uffiziengalerie ist aus systematischen Gesichtspunkten
aufgegeben und Raffael's Sposalizio allein in einem mit
Samtdraperien ruhig und tief gestimmten Saale aufgestellt.
Mehr als hundert Fresken, die im Laufe des 19. Jahr-
hunderts in Mailand und der Lombardei dem Untergange
geweiht waren, sind jetzt in einer fünfzig Meter langen
Vorhalle geborgen und bequem zur Betrachtung angebracht.
Erleichtert schon die streng durchgeführte Vereinigung
aller zu einer Schule gehörigen Werke in den Sälen der
Malerei von Venedig, der Lombardei, von Ferrara, Ravenna,
Forli, Rom, Genua, Neapel und des Auslandes den Über-
blick, so ist weiter für das Verständnis durch Anbringung
von Metalltäfelchen an jedem Bilde mit allen wichtigen
Angaben gesorgt. Für eingehendere Kunststudien steht
auch ein Archiv von Photographien und sogar eine Dunkel-
kammer zur sofortigen Entwicklung für Studienzwecke ge-
machter Aufnahmen zur Verfügung. In drei oberen Sälen
ist eine interessante Sammlung von Konkurrenzentwürfen,
die von der Brera seit 1805 prämiiert worden sind, ein-
gerichtet. — Fast gleichzeitig wurde die Eröffnung der
modernen Galerie im Castello Sforzesco mit Künstlerfesten
gefeiert und für die Pflege der modernen Kunst in Mai-
land ein verheissungsvoller Schritt gethan.
Brünn. Das Mährische Gewerbemuseum eröffnete
kürzlich eine reichhaltige Ausstellung des in Brünn ge-
borenen und an der Münchner Akademie herangebildeten
Malers Karl M. Thuma, der seit drei Jahren in Eisgrub
lebt und seine sämtlichen Motive in Pastellen, Ölgemälden
und Radierungen aus der südmährischen Ebene holt.
Eine Reihe seiner besten Bilder ging in Brünner Privat-
besitz über.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Rom. Forum Romanum. Die Ausgrabungen rechts
neben dem Faustinatempel sind mit grossem Eifer fort-
gesetzt worden und haben glänzende Resultate ergeben.
Die Vermutung, dass hier eine Nekropolis unweit des
Palatins und ausserhalb der ältesten Stadtmauer gelegen
habe, hat sich bestätigt und ein Grab nach dem anderen
ist freigelegt worden. Die Grabhöhlen sind in den Tuff
eingehauen und müssen ursprünglich mit einer leichten
Sandschicht bedeckt gewesen sein. Man unterscheidet
runde Löcher für Aschengräber, längliche für Skelette. Die
letzteren sind die jüngeren gewesen und schneiden häufig
die Rundgräber entzwei. Zahlreiche zum Teil zerdrückte,
teilweise aber auch vollständig erhaltene Schalen und
Krüge finden sich in allen Rundgräbern, daneben Hütten-
urnen bis an den Rand mit Erde, Asche und Gefässen
gefüllt. Auch Bronzegeräte kommen vor. Besonders merk-
würdig ist ein vollständig erhaltenes Skelett in einem Grabe,
das aus Tuffsteinen aufgebaut ist. Die Nekropolis auf
dem Forum — etwa gleichzeitig entstanden mit den ältesten
etruskischen Gräbern auf dem Esquilin — ist unter Giacomo
Boni's glücklichen Funden einer der merkwürdigsten, und
man kann nicht zweifeln, dass sich das Gräberfeld noch
viel weiter freilegen lassen wird. So ist auch zu hoffen,
dass bei Volk und Regierung das Interesse an den Aus-
grabungen sich warm erhalten wird. Eine neue umfassende
Arbeit mit Abbildungen und Plänen hat Vaglieri soeben
im Bullettino della Commissione archeologica communale
di Roma herausgegeben und hier auch die Fresken von
S. Maria Antiqua publiziert, unter denen die Wiedergabe
der Kreuzigung besonders wohlgelungen ist. Die um-
fangreiche Studie von Christian Hülsen über die Ausgra-
bungen auf dem Forum Romanum, die zuerst in den Römi-
schen Mitteilungen erschien, liegt bereits in einem neuen
verbesserten Abdruck vor. e. St.
Die Ausgrabungen von Ephesos. Die letzten Aus-
grabungen des Wiener archäologischen Instituts auf dem
Boden der grossen jonischen Seestadt Ephesos legten den
Rest des hellenistischen Theaters frei, so dass dieses durch
seine Anlage sowohl als durch spätere Umbauten merk-
würdige Bauwerk nun ganz erschlossen ist. Ausserdem
wurden mehrere prächtige Strassen- und Terrassenanlagen
aus spätrömischer Zeit ausgegraben, wobei die wichtige
Beobachtung gemacht wurde, dass man im 4. Jahrhundert
nach Christi in Ephesos eine regelrechte Strassenbeleuch-
tung hatte. Mehrere Hundert neuer griechischer Inschriften
fanden sich noch bei diesen Arbeiten. In diesem Jahre
wird man mit Erschliessung des Hafenviertels fortfahren.
Auffindung von Michelangelo-Zeichnungen. Aus
Florenz kommt die überraschende Nachricht, dass die beiden
Kunstgelehrten Emil Jacobsen und Pasquale Nerino Ferri
in der Handzeichnungssammlung der Uffizien vierzig Skizzen
von Michelangelo aufgefunden haben. Es ist höchst ver-
wunderlich, dass ein solcher Schatz sich in den von Kunst-
gelehrten immer und immer wieder durchsuchten Mappen
bisher verbergen konnte, und man darf gespannt sein auf
die Publikation, in der die glücklichen Finder die Skizzen
in Abbildung vorführen und die Echtheit und die Be-
ziehungen der Skizzen zu ausgeführten Arbeiten nachweisen
wollen. Soviel bis jetzt bekannt geworden, soll die Echt-
heit sowohl durch die künstlerische Kraft, als auch durch
die Beziehungen zu Wand- und Deckenfiguren der Sixtini-
schen Kapelle und der Medizeergräber und äusserlich
durch die Gleichheit der Wasserzeichen im Papier mit
denjenigen unzweifelhaft echter Blätter gesichert sein.
Die Skizzen bedecken zehn Kartons und zeigen zum Teil
in flüchtiger Rötelzeichnung Kopf- und Beinstudien, aber
auch Ganzfiguren, eine Reiterfigur, eine Leda mit Schwan,
topographische Pläne und einzelne beigeschriebene Worte.
Wir werden auf den Fund ausführlich zurückkommen.
Die Wandgemälde zu Fahr bei Einsiedeln. Die
von Dr. Rothenhäusler vor drei Jahren entdeckten Wand-
gemälde im romanischen Chor der St. Annakapelle des
Klosters Fahr werden in der kürzlich erschienenen vierten
Lieferung von P. Odilo Ringholz' Geschichte des fürst-
lichen Benediktinerstiftes von Einsiedeln eingehend be-