Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
173

Sammlungen —

Ausstellungen

174

haben die Schinkelsche Hauptwache und das neue Restaurant
irgendwie nebeneinander an die Elbseite gestellt. Der vor-
treffliche Entwurf von Richard Schleinitz-Dresden setzt die
Hauptwache zwischen zwei niedrigere Gebäude in feiner
anspruchsloser Architektur, von denen das rechte Läden,
das links das Restaurant aufnehmen soll. Die Freitreppe
geht vor der Hauptwache nach der Elbe herab. Paul
Luther und Paul Kretschmar setzen links und rechts der
Hauptwache offene Säulengänge und Pavillons, lassen aber
das Restaurant weg, das freilich wegen der Verzinsung
des teueren Bauplatzes kaum entbehrt werden kann. Bau-
rat Rumpelt und Architekt Krutzsch verlegen das Restaurant
hinunter auf die Uferstraße dicht an das Wasser; damit
würde der große Reiz von Heibig, daß man so unmittel-
bar am Wasser sitzen kann, erhalten bleiben. Ähnlich hat
auch R. Schmidt das Restaurant auf die Uferstraße gestellt.
Ernst Kühn und Olto Beyrich stellen im Gegensatz zu den
bisher erwähnten Entwürfen die Hauptwache nicht parallel
der Elbe, sondern parallel dem Semperschen Museum, so
daß die Hauptwache mit dem Restaurant einen großen
Hof oder Garten ergibt, der nach der Elbe zu offen ist.
Max Hans Kühne stellt in seinem vortrefflichen Entwurf
die Hauptwache vor das Hotel Bellevue und führt von den
beiden Eckpavillons des Zwingers nach dem Platz zu
Balustraden, so daß der Platz ein besser geschlossenes
Bild ergibt als bisher. Einen weiteren Vorschlag macht
Kurt Diestel in einem reichen phantasievollen Entwurf, in
dem er die Hauptwache umdreht und somit den Waffen-
platz auf die Innenseite des Theaterplatzes verlegt, links
und rechts vom Theater je ein prunkvolles architektonisches
Denkmal, hier für Mozart, dort für Richard Wagner anordnet
und dann schließlich parallel zum Museum ein monumen-
tales Gebäude mit pyramidalem Aufbau stellt. So würde
der einstige Plan Sempers, aus dem Theaterplatz ein Forum
zu machen, in anderer Weise verwirklicht. Freilich über-
schreitet ein derartiger Plan die vorhandenen Mittel bei
weitem. Einen anderen »Rettungsversuch« macht der Ent-
wurf Nr. 47 mit diesem Kennwort. Allerdings wäre zu
wünschen, daß die Aufgabe jetzt so gelöst würde, daß eine
weitere künftige Verschönerung des Theaterplatzes im Sinne
Sempers möglich bleibt. Eine vollständig durchschlagende
Leistung haben wir unter den 48 Entwürfen nicht gefunden.
Es erschien daher gerechtfertigt, daß nur zweite und dritte
Preise verliehen worden sind. Zunächst ist ein großer
Wettbewerb unter den Preisträgern veranstaltet, für den
als Hauptbedingungen gelten, daß von der Brücke nach
dem Theaterplatz 50 Meter möglichst ganz frei bleiben sollen
und daß die neuen Gebäude nicht wesentlich höher sein
sollen als die gegenwärtigen. a»

SAMMLUNGEN

Die erste Baurate für den neuen Saal der Nacht-
wache im Amsterdamer Reichsmuseum ist nun von der
Kammer bewilligt worden. Die Tragödie dieses Bauplanes
ist zum Schluß noch durch ein lustiges Satyrspiel gekrönt
worden, indem nämlich, wie man aus Amsterdam hört,
Jonkheer de Stuers, der seit Jahren mit allen Mitteln den
Plan dieses Rembrandtsaales hintertrieben hat, gerade bei
der entscheidenden Abstimmung in der Kammer durch
Krankheit zu erscheinen verhindert war. Es wird erwartet,
daß der neue Bau am 15 Juli igoö, dem 300. Geburtstage
Rembrandts, wird eröffnet werden können.

Berlin. Vom Prinzen Heinrich ist dem Kunstgewerbe-
museum der Spielschrein als Geschenk überwiesen worden,
den der Verein für deutsches Kunstgewerbe in Berlin im
Jahre 1883 dem damaligen Kronprinzenpaare zur Silber-
hochzeit gewidmet hat. Der Schrein, der die Gestalt eines
großen, reich geschnitzten Wandschrankes hat, enthält in

seinem Inneren zahlreiche Spiele. Schrank sowohl wie
Spiele sind in kunstreichster Weise ausgeführt. Der Schrein
ist jetzt in einem Räume neben dem Majolikasaal ausgestellt.

AUSSTELLUNGEN
Wien. Die Herbstausstellung im Künstlerhause zählt
44g Nummern und bietet manches Interessante. Vor allem
eine ganze Galerie vornehmer Porträts aus Wien und
London. Josef Koppay (Wien), der, wie Laßlo, eigentlich
von Lenbach herkommt und dazu die englische Porträt-
weise der Empirezeit in sich aufgenommen hat, bringt
elegante, mondän pointierte Porträts der Erzherzoginnen
Marie Valerie und Elisabeth, der Kaiserin von Rußland,
der Fürstin Lubomirska und andere, aber auch ernst ge-
haltene Herrenbildnisse, das des Erzherzogs Franz Ferdinand
voran. Der in London wohnende Österreicher Emil Fuchs,
der als Porträtplastiker, namentlich Medailleur, dort die
Erbschaft seines Landsmannes Edgar Böhm angetreten
hat, zeigt eine unerwartete Art von Enlwickelung. Er
greift auf die trockene Stilistik der Empireplastik zurück,
mit Ausschluß alles malerischen Elementes. So ist auch
das nackte Marmorbüblein, in ganzer Figur am Boden
liegend, behandelt, das der Katalog Marquis of Blandford
nennt; es ist der Erstgeborene des Herzogs von Marl-
borough und der Miß Vanderbilt. Aber Fuchs ist jelzt
auch Maler und bringt lebensgroße Porträts, wie das des
Königs Eduard VII. in der Uniform seines preußischen
Dragonerregiments, eine ziemlich harte Arbeit. Anderes
ist weicher und farbiger, doch fällt eine Manier auf, die
Gesichter ins Wächserne zu übersetzen. Manche Köpfe
sind in der Tat wie absichtlich mit täuschendem Realismus
auf die Wachsfigur des Panoptikums hin gemalt. Hoffent-
lich kommt er von diesem Irrweg wieder ab. Die malerische
Technik ist übrigens noch sehr ungleich und tastend.
Einer der größten Säle des Hauses ist mit Bildern des
Belgiers Henry Luyten behängt. Darunter das ungeheuere
Dreibild: »DerStreik«, dessen Mittelstück ein Versammlungs-
lokal voll aufgeregter Blaublusen zeigt, sehr real, aber
malerisch nicht recht interessant. Mehr farbige Stimmung
haben die Landschaften mit Staffage. Einzelne sind vor-
züglich: »Austernfischerinnen«, ganz rotgegerbt von Salz-
luft, »Ziegelträgerinnen«, in himmelblauem Kattun unter
kattunblauem Himmel, ganz in Sonnenlicht getaucht.
Unter den Wienern ist besonders der jugendliche »Jung-
bund« zu loben, der sich ein hübsches Kabinett voll frischer
Studien eingerichtet hat. Der Schneemaler Friedrich Beck
ist besonders hervorzuheben. — Auch im Hagenbund gibt
es eine Herbstausstellung. Das interessanteste Bild ist
Ludwig Ferdinand Grafs »Wasserfall von Golling«. Graf
ist der rastlose Versucher und kommt hier wieder in neuer
Form. Er böcklinisiert, aber auf Grafsche Weise. Die Er-
scheinungsformen des säulenartig fallenden, schleierhaft
zerstiebenden und unten tümpelmäßig zerrinnenden Wassers
sind mit Glück typisiert und dennoch malerisch gegeben.
Dazu Landschaften von Hans Ranzoni, Ameseder, Luntz,
Kasparides, Porträts von Goltz, Frau Fraenkel-Hahn, Leona
Abel, ein sehr hübsches, altwienerisch tuendes Selbstporträt
von Hampel, Plastik von Else von Kalmar (vortrefflicher
weiblicher Akt in Marmor) u. s. w. — Im Österreichischen
Museum ist die kunstgewerbliche Winterausstellung er-
öffnet, die nach dem vorjährigen Tiefstand wieder einen
namhaften Fortschritt zeigt. Das streitbare Verhältnis des
Museums (Direktor v. Scala) zu seiner eigenen Kunst-
gewerbeschule (Direktor Freiherr v. Myrbach), und um-
gekehrt, scheint sich doch zu mildern. Es ist jetzt wieder
einer Anzahl von Talenten des Myrbachschen Nachwuchses
ermöglicht, im Museum auszustellen, ja selbst ein so
prononziertes Mitglied der Sezession, wie der hochmoderne
 
Annotationen