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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Gensel, Julius: Zwei Briefe Moriz Schwinds und einer von W. Lubke an Friedrich Preller
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0185

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13

Neue Folge. XV. Jahrgang 1903/1904 Nr. 22. 22. April

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Ver-
lagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haas enstein 8t Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

ZWEI BRIEFE MORIZ SCHWINDS UND EINER
VON W. LUBKE AN FRIEDRICH PRELLER
Mitgeteilt von Julius Gensei

Die beiden deutschen Maler, deren hundertjährige
Geburtstage in das erste Drittel dieses Jahres fallen,
Moriz Schwind (geb. 21. Januar) und Friedrich Preller
(geb. 25. April), hatten gegenseitig liebevolles Verständnis
für die Eigenart und die Arbeiten des andern und
standen in freundschaftlichem Verkehr. Prellers An-
regung war es wohl auch wesentlich zu danken, daß
die Ausschmückung eines Teiles der Wartburg nach
deren Wiederherstellung dem Meister Schwind über-
tragen wurde. Preller, der seiner Geburtsstadt
Eisenach immer in Liebe zugetan blieb, hatte schon
seit 1840 der Frage der Erhaltung der alten Burg,
die damals die Spuren böser Zeiten deutlich an der
Stirn trug, seine Aufmerksamkeit zugewandt. Zu-
nächst war er dazu angeregt worden durch den
Maler Alexander Simon, der mit ihm am Wieland-
zimmer in Weimar arbeitete und vorher mit Schwind
am Münchener Königsbau beschäftigt gewesen war
und der schon damals einen Plan für die Wieder-
herstellungsarbeiten entworfen hatte. Der Erfüllung
näher gerückt wurde der Gedanke, als Prellers
Freund Bernhard von Arnswald Kommandant der
Wartburg geworden war. Die Verhandlungen mit
Schwind wurden teils durch Preller, teils durch den
mit beiden befreundeten Franz von Schober ge-
pflogen, der dem Franz Schubertschen Freundeskreise
angehört hatte und jetzt abwechselnd in Wien, in
München und in Weimar lebte.

Die beiden nachstehenden Briefe von Schwind
an Preller beziehen sich auf diese Verhandlungen.
Sie zeigen uns den echten Schwind, der die Bitter-
keit über die vielfach ihm entgegentretende Ver-
kennung mit trotzigem Humor und mit dem Bewußt-
sein überwindet, noch treue Freunde zu haben. Ich
gebe sie mit allen Eigenheiten des Stils, der Recht-
schreibung und der Interpunktion wieder.

I.

München, 30? Nov. 1851.
Verehrter Herr und lieber Freund! der doch
noch an mich denkt und mir etwas zutraut — Dinge

die ich zu erleben mir so ziemlich abgewöhnt habe.
Ihr denkt also noch an eine Ausmalung der Wart-
burg? Gut, an mir solls nicht fehlen. Meine Be-
dingungen, die billigsten in der Welt, sind dem
H. Erbgroßherzog nicht fremd. Ich habe an
Schober, den allerbestens zu grüßen, Anfangs des
Jahres 1850 geschrieben, daß ich in 5 längstens
6 Jahren, für jährliche 3000 Thaler, soviel in die
Wartburg hineinzumalen mich verpflichte als irgend
honetter Weise drin Platz hat. (Den für Luthersachen
bestimmten Ritterbau nicht mit eingerechnet.) Dabei
ist zu bedenken, daß ich um das versprochene zu
leisten Hülfe bezalen muß, und ich habe ein Paar
treffliche Bursche, Reisekosten und sonstige Ausgaben
nicht zu vergessen. Darauf können Sie sich berufen.
Wenns einer um einen Groschen billiger machen
will, so laßt ihn um Gotteswillen nicht hinein den
er verschmierts, und bettelt euch doch noch mehr
heraus.

Meine Aufgabe ist mir den Gedanken an die
Verwirklichung der Wartburg Idee so fern als mög-
lich zu halten. Nichts kann wiederwärtiger sein, als
an einem Werke in Gedanken arbeiten, und dann
plötzlich abspringen zu müßen. Ich habe an dem
einenmale genug. Ich fürchte es wird nicht am
Gelde scheitern, aber an der Unvereinbarkeit der
nationalen Forderungen der Wartburg, darunter ich
den Stoff verstehe, mit dem was man jetzt heißt:
malen können. Ich kann dieses plumpe und cokette
Geschmier nicht brauchen, das zu arm und zu unbe-
weglich ist, um irgend künstlerische Ideen damit aus-
zudrücken; wie denn auch die belgischen Erfinder
dieser Jauche an Gedanken und Harmonien Armuth
ziemlich die akademische Römerzeit überbiethen. Es
nützt aber nichts davon zu reden, ebensowenig, als
von deutscher Sprache zu reden war, in Zeiten wo
ein reines Latein des Deutschen höchste Zierde, ein
Germanismus im Ausdruck, der unauslöschlichste
Makel war. Das paßt auf unsre Zustände, wo mit
dem Ausdruck »altdeutsch« ein Bild am gründlichsten
abgeurtheilt ist.

(Hier folgen Mitteilungen über Aussee, wohin er
den Freund eingeladen hatte, über einen Pokal, an
dem er gerade arbeitet, und über Unwohlsein der
Gattin.)

Außer Schaller komme ich kaum mit Malkünstlern
 
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