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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Gensel, Julius: Zwei Briefe Moriz Schwinds und einer von W. Lubke an Friedrich Preller
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0186

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Zwei Briefe Moriz Schwinds und einer von W. Lübke an Friedrich Preller

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zusammen, eher noch mit den Musikanten. Es ist
als ob alles was Begeisterung heißt mit Asphalt zu-
geschmiert und verklebt wäre. Jeder weiß was an-
deres von Farbe und wieder Farbe und am Ende
ist alles voll Dreck, und die Stadt München wird
demnächst eines sanften Todes verblichen sein. Alles
in Weimar bei Ihrer verehrten Frau angefangen bitte
ich herzlichst zu grüßen. Ein Besuch würde zu den
angenehmsten Dingen gerechnet werden. Vielleicht
mache ich es möglich. Bis dahin schönsten Dank,
und Freude und Erfolg.

Ihr alter Freund Schwind.
II.

München, 3i?Maj 1852.
Sehr verehrter Freund Preller!

Vorgestern erhielt ich einen Brief von Freund
Schober des Inhalts, daß S. kgl. Hoheit gesonnen
wären drei Jahre hindurch 3000 Th. an die Aus-
malung der Wartburg zu wenden, nebst der Anfrage
ob in diesem Zeitraum eine würdige Ausschmückung
des Saales möglich sei. Ich antwortete sogleich an
Schober, für den Fall aber daß er schon abgereist
sei vermelde ich, angewiesenermaßen an Sie: daß ich
mit der nöthigen Redaktion meiner auf 5 Jahre be-
rechneten sehr reichen Anordnung, herstellen kann.
In einem Jahr das große Bild, im zweiten den übri-
gen Saal, wobei die projektierten Einzelfiguren 14
an der Zahl wegblieben, im dritten endlich das für
die Laube von S k. Hoheit verlangte Niebelungenlied,
14 Bilder. Dabei hoffe ich noch im Saale der Land-
gräfin die hl. Elisabeth herzustellen und auf einzelne
Sagenbilder Rücksicht nehmen zu können. Auf viel
Helfen laßen, ist nicht zu rechnen da mirs nicht
gleich einer recht macht, ich mit componiren nicht
lange1) und an Geld mir gar nichts bliebe. Fluch
dem Erfinder der fabricirten Kunst. Es giebt nichts
als liebloses Zeug.

Zur Erklärung der mir von Schober vorgeworf-
nen, unergründlichen Seitenhiebe und Gedanken-
sprünge mag einigermaßen dienen, daß sehr stark,
von einer Bewerbung Kaulbachs um die Wartburg
die Rede war, wovon ich natürlich nichts sagen wollte
und das mir den ganzen Handel sehr verleidete.

So solls also jetzt doch Ernst werden! Wenn
mir der Erbprinz vertraut, an mir solls nicht fehlen.
Auf ein Paar Bilder mehr oder weniger kommts auch
nicht an wenn ich einmal dran bin. Ich erwarte nur
einen bestimmten Auftrag, um die Sache in die Hand
zu nehmen. Empfehlen Sie mich bestens der Frau
Gemahn H. und Frau Hummel Frl. Bouterweck
deren Epheu wunderbar gedeiht ihren werthen Haus-
nachbarn und schreiben recht bald

Ihrem alten Freund

Schwind.

1) Gemeint ist, daß ihm das Komponieren nicht so
rasch von statten gehe, um mehrere Gehilfen mit der Aus-
führung zu beschäftigen, wie er nach dem I. Briefe beab-
sichtigt hatte.

W. LÜBKE AN FRIEDRICH PRELLER

Unter den Schriften, die aus Anlaß des hundert-
jährigen Geburtstages Friedrich Prellers erschienen oder
noch im Erscheinen begriffen sind, nimmt die von seinem
Schwiegerenkel Walther Witting veröffentlichte: »Künstle-
risches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren« (Weimar
1903) insofern einen besonderen Rang ein, als sie eine
Fülle intimer Äußerungen des Künstlers über seine eigenen
Arbeiten, über andere Künstler und Kunstwerke und über
das Wesen der Kunst enthält.

In einem darin abgedruckten Briefe vom 30. Dezember
1858 erwähnt Preller einen Brief, den er Tags zuvor von
W. Lübke aus Rom empfangen hatte. »Er ist«, sagt Preller,
»von so tiefem inneren Gehalt und voll von Wahrheit
und Überzeugung, daß ich ihn der Welt gönnen möchte,
dabei so prächtig geschrieben, daß man ihn, wie er ist,
dem Druck übergeben könnte. Lübke war reif für Italien
und Rom insbesondere, was eigentlich wenigen passiert.«
Auch heute noch wird es vielen Lesern willkommen sein,
diesen Brief kennen zu lernen; der hundertjährige Geburts-
tag gibt dazu schickliche Gelegenheit. Zuvor noch ein
paar Worte über das Verhältnis zwischen dem Schreiber
und dem Empfänger des Briefes.

Lübkes persönliche Bekanntschaft hat Preller erst im
Februar 1858 gemacht. Ein Jahr zuvor hatte er ihn aus
den Besprechungen der ersten Umarbeitung seiner Odyssee-
Landschaften kennen gelernt. Auf Veranstaltung der mit
der Familie Preller befreundeten Frau Anna Storch waren
diese, sieben an der Zahl, dazu noch einige Seestücke,
lauter Kohlezeichnungen, in Berlin ausgestellt worden —
nach langem Widerstreben Prellers, der kein Freund von
Ausstellungen war und noch weniger ein Freund der
Stadt, in der ein Kaulbach vergöttert und ein Cornelius
verkannt wurde. Zu seiner nicht geringen Überraschung
fanden die Landschaften in Berlin begeisterte Aufnahme,
die Ausstellung wurde als ein Ereignis begrüßt, und be-
sonders waren es zwei Aufsätze von Lübke, ein kürzerer
in einer Tageszeitung, ein längerer im »Deutschen Kunst-
blatt«, die ihn herzlich erfreuten, weil er darin zuerst klar
und überzeugend ausgesprochen fand, was er seit Jahr-
zehnten mit heißem Bemühen erstrebt hatte. Von Karls-
bad aus schrieb Preller an die Freundin, die ihm alle Be-
richte treulich geschickt hatte, mit dem Verfasser dieser
Aufsätze möchte er wohl eine Kunstreise machen; »wir
würden uns«, fügt er hinzu, »viel zu erzählen haben«.
Im Februar 1858 fand wieder eine Ausstellung des in-
zwischen auf 14 Darstellungen erweiterten Odyssee-Zyklus
statt; zugleich folgte Preller selbst der Einladung nach
Berlin und lernte in einem erlesenen Kreise Lübke persönlich
kennen; bezeichnend für die gegenseitige Anziehung ist,
was Lübke an Preller kurz danach, unter dem 2. März,
schreibt: »Mich besticht nicht eine Freundschaft zugunsten
Ihrer Werke, sondern Ihre Werke haben mich zuerst zu-
gunsten Ihrer ganzen Persönlichkeit bestochen, so daß ich
die liebenswürdige freundschaftliche Gesinnung, mit der
Sie mich beglückt haben, aufs höchste zu schätzen weiß.
Bei Ihnen ist ohnehin alles notwendiger Ausdruck, un-
mittelbarer Ausfluß desselben Wesen; wer Ihre Werke
liebt, muß auch Sie lieben.«

Bei der großen Münchener Ausstellung des Jahres 1858
waren Prellers Odyssee-Zyklus und Schwinds Sieben Raben
die hervorragendsten unter den Werken lebender Künstler.
Jene hatten, wie auch Lübke bemerkt, anfangs einen sehr
ungünstigen Platz erhalten, so daß sich Preller, als er
später selber nach München kam, zu einer sehr deutlichen
Eingabe an die Kommission veranlaßt sah : wenn man sie
nicht anständig unterbringen könne, möge man sie sofort
 
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