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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Wolf, August: Neues aus Venedig, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0244

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471

Bücherschau

— Nekrologe

472

den italienischen Zeitungen von Zerstörung der betreffen-
den Bilder sprechen. Man komme und sehe! Der Vor-
urteilslose wird der Wahrheit die Ehre geben.

In der Galerie der Akademie sind zwei kleine neue,
vortrefflich beleuchtete Säle eingerichtet worden, in welchen
einige der schönsten Gemälde der Sammlung Aufstellung
fanden. Johannes in der Wüste von Tizian kommt nun
endlich wieder zur vollen Wirkung in neuem schönen
Rahmen, sowie das unvergleichliche Bildnis des J. Loranzo,
sowie Tintorettos Bildnisse des Dogen Alvise Mocenigo
und des Senatoren Capello. Ihnen gegenüber in neuem
Rahmen das einzige jugendliche Frauenporträt der ganzen
Galerie, jene liebliche Blondine, dem Pordenone zuge-
schrieben, in schwarzem Samtkleide und ebensolchem in
Gold geschlitzten Barett. Im nächsten Räume fand das
einzige Venedig überbliebene Venusbild Platz, jene so-
genannte Venere Contarini, eine kleine Wiederholung Tizia-
nischer Inspiration, die größeren Kompositionen in Neapel
und Petersburg. An der Schmalseite des Saales haben drei
Büsten Aufstellung gefunden. Zwei von A. Vitoria, vene-
zianische Nobili darstellend, in der Mitte die wundervolle
Arbeit Berninis, die Büste des Kardinals Scipione Borghese,
eine der Ahnenbüsten aus dem Spiegelzimmer der einstigen
Galerie Borghese, so lange solche noch im Familienpalaste
aufgestellt war. Der Gründer der Galerie Borghese muß
sich in dieser fremden Umgebung recht fremd fühlen. Da
nun die Galerie Borghese Staatseigentum ist, so sollte
diese Büste, oder wenigstens deren Kopie, wieder nach
Rom zurückgebracht werden und in der vom Kardinal ge-
gründeten Galerie Aufstellung finden. (Beide Büsten, Ori-
ginal und gleichzeitige Wiederholung, wurden seinerzeit
von der Regierung der hiesigen Galerie zugewiesen.)

In der internationalen Stadtgalerie im Palazzo Pesaro
hat man ebenfalls drei neue Säle eingerichtet. Infolge-
dessen konnten die 253 Nummern der Sammlung eine
bessere Aufstellung finden. Es verteilen sich diese Nummern
auf 140 Künstler, welche achtzehn verschiedenen Natio-
nalitäten angehören. Wenig besucht ist diese Galerie,
was sie nicht verdient, denn es ist von großem belehren-
den Interesse zu sehen, was vom Glänze der Ausstellungen
als Extrakt überbleibt. Der Palast ist täglich von 9—4 Uhr
geöffnet und Sonntags frei von 9—2 Uhr.

* *


Durch einen stehengebliebenen Druckfehler heißt es
in meinem letzten Berichte aus Venedig, daß die Kirche
der Pietä auf der Riva degli Schiavoni ganz »eingerichtet«
sei. Es muß heißen »eingerüstet«, denn man erbaut nach
dem ursprünglichen Entwürfe Massaris die nie fertig ge-
wordene Fassade. a. wolf.

BÜCHERSCHAU
Frühholländer I. Die Altarwerke des Cornelis Enge-
brechtszoon und des Lukas van Leyden im Leidener städti-
schen Museum. Herausgegeben von Franz Dalberg.
Druck und Verlag H. Kleinmann & Co., Haarlem, Hol-
land. 40 M. (2 Lieferungen, ohne Daten.)
Franz Dülberg bewährt sein tiefes Interesse an der
holländischen Malerei des 15. uud 16. Jahrhunderts, indem
er dem Thema treu bleibt. Er hat nicht, wie das üblich
ist, das Gefühl, die Angelegenheit sei mit der Doktorarbeit
abgetan. Seiner Dissertation, die 1899 erschienen, nament-
lich zur Kenntnis des Cornelis Engebrechtsz. sehr ertragreich
war, hat er in Zeitschriften mehrere gründliche Arbeiten
über Lukas van Leyden folgen lassen, die unserem mageren
Wissen zugute gekommen sind, nämlich einen Aufsatz über
das Leidener jüngste Gericht im Repertorium für Kunstwissen-
schaft (XXII, S. 30), zwei vorwiegend biographische Aufsätze

in Oud Holland (XVII, Heft 2 und 3), dann über Holzschnitte
in der holländischen Zeitschrift Bouw- en Sierkunst (IV, 1,
Verlag von H. Kleinmann & Co., Haarlem), sowie eine
Besprechung des vom Germanischen Museum erworbenen
Bildes, Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, in der Zeit-
schrift dieses Museums. Schließlich hat Dülberg den Plan
zu einer groß angelegten Publikation gefaßt, die die Haupt-
werke der altholländischen Malerei umfassen soll. Die
beiden ersten Lieferungen liegen mir vor. Mit dem Ge-
sicherten, dem Beglaubigten ist der Anfang gemacht. Die
erste Lieferung enthält mit dreizehn sehr großen, vor-
trefflich gelungenen Lichtdrucken (für wissenschaftliche
Zwecke immer noch die einzige empfehlenswerte Technik
des Bilddrucks!) die beiden Altäre des Cornelis Enge-
brechtsz. im städtischen Museum zu Leiden, die zweite
Lieferung mit zwölf Tafeln den Altar von Lukas van Leyden
mit dem jüngsten Gericht. Nicht allein alle Bilder dieser
Flügelaltäre, sondern auch einige Ausschnitte in größerem
Format sind abgebildet. Der ausführliche Text enthält
nicht viel Neues für den, der des Verfassers ältere
Arbeiten kennt, stellt aber höchst nützlich alle Ergeb-
nisse zusammen und erweckt in lebendiger geistvoller
Schilderung Teilnahme für die historische Bedeutsamkeit
der publizierten Altarwerke. In Aussicht genommen für
die Publikation sind die altholländischen Bilder im erz-
bischöflichen Museum zu Utrecht. Hoffentlich kommt diese
Fortsetzung zustande. Die Bilder in Utrecht sind über-
haupt noch nicht veröffentlicht, während von den Leidener
Altären Abbildungen, wenn auch bei weitem nicht so gute
wie in der Dülbergschen Ausgabe, schon vorlagen.

Friedländer.

NEKROLOGE
Der Maler Karl Christian Andreä ist am 23. Mai

in Helenaberg bei Sinzig, 81 Jahre alt, gestorben. Er war
am 3. Februar 1823 zu Mühlheim a. Rh. geboren; von
1839—44 besuchte er die Düsseldorfer Akademie als Schüler
Karl Sohns und Schadows. Dann verweilte er jahrelang
in Rom, wo er mit Cornelius, Steinle und Overbeck in
nähere Beziehungen trat. Einen vorübergehenden Aufent-
halt in Deutschland, wo er als Mitarbeiter des Cornelius
in Berlin bleiben zu können hoffte, störten die Berliner
Unruhen. So ging er wieder nach Rom, wo er das Al-
mosen des reichen Mannes und das der Witwe, Maria bei
Elisabeth und anderes malte. Von 1857 an lebte Andreä
vierundzwanzig Jahre in Dresden. Hier gründete er den
Verein für kirchliche Kunst, der heute noch besteht und
eine große Anzahl von Mitgliedern umfaßt. Andreä hat
außer einigen Bildnissen, z. B. dem Herman Grimms,
fast ausschließlich biblische und religiöse Bilder gemalt,
gezeichnet und radiert. So stammen von ihm z. B. die
Altargemälde von Oberwiesental, Calbitz, Kunewalde,
Lohmen und Malkwitz in Sachsen, zu Fellin in Livland,
er malte die Dorfkirche zu Capern in Hannover, ebenso
die Chornische zu Rödlitz im Waldenburgischen aus. Ferner
lieferte er zahlreiche Zeichnungen, die Hugo Bürkner und
A. Gaber in Holz schnitten, z. B. hundert Blatt Darstel-
lungen aus der biblischen Geschichte des alten und des
neuen Testamentes (Dresden 1863), Christenfreude in Lied
und Bild (Dresden 1863), fünf Bilder zu den ungleichen
Kindern Evä von Hans Sachs (Leipzig 1859). Er radierte
unter anderen die Wallfahrt nach Kevlaer von H. Heine,
den Ritter Harald nach Uhland (1844), das Panorama von
Rom während der französischen Belagerung 1849 vom
Palazzo Caffarelli aus. Für den Großherzog von Mecklen-
burg-Schwerin restaurierte er die Glasgemälde in der Kirche
zu Doberan. In der Folge zeichnete er viele Kartons zu
Glasgemälden, die namentlich in der Anstalt zu Lauringen
 
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