473
Personalien —
Archäologisches
474
a. d. Donau ausgeführt wurden. Nach dem Tode seiner
Eltern übernahm Andrea den Familienbesitz bei Sinzig a.
Rhein. Auch von hier aus war er noch stark künstlerisch
tätig. Namentlich malte er im Dom zu Fünfkirchen in
Ungarn, sowie eine Schloßkapelle der Markgräfin Pallavicini,
er malte endlich die evangelischen Kirchen in Linz und
Neuwied und endlich die Kölner Christuskirche aus.
Letztere Arbeit ist — nach der »Kölnischen Zeitung« —
sein Hauptwerk.
Gustav Schmidt f. In Dresden ist der ehemalige
Kustos und Restaurator der Kgl. Gemäldegalerie, Gustav
Ernst Theodor Schmidt, am 22. Mai gestorben. Er gehörte
einer alten Malerfamilie an: schon sein Großvater war
Maler, ebenso sein Vater, der bis 1863 an der Dresdener
Galerie angestellt war, nicht minder seine Brüder und sein
Sohn Fritz Philipp Schmidt, der sich namentlich durch seine
tief und selbständig empfundenen Wandgemälde in der
Jakobikirche zu Dresden einen Namen gemacht hat. Schmidt
war 1828 zu Dresden geboren, Schüler der Dresdener Aka-
demie unter Ludwig Richter, Schnorr und Bendemann, das
Restaurieren erlernte er von Karl Michael Schirmer (f 1876
zu Dresden). Schmidt verstand seine Kunst in ausgezeich-
neter Weise; er lieferte auch vortreffliche Kopien (z. B.
von der Sixtinischen Madonna für die Universitätsgalerie
zu Charkow und von Dürers Kruzifixus für König Johann
von Sachsen. Ä
PERSONALIEN
Dr. Adolph Goldschmidt, der erst unlängst zum
Extraordinarius an der Berliner Universität ernannt worden
war, ist als Nachfolger Ludwig Justis als ordentlicher
Professor der Kunstgeschichte nach Halle berufen worden
und hat sein neues Lehramt bereits angetreten.
Frithjof Smith wird demnächst von seinem, seit
1890 innegehabten, Lehrposten an der Weimarer Kunst-
akademie zurücktreten, dagegen sind die Gerüchte, als
wenn Ludwig von Hofmann sein dortiges Amt aufzugeben
trachte, unbegründet.
Der Dresdener Landschaftsmaler Robert Sterl ist als
Lehrer an die Kgl. Kunstakademie zu Dresden berufen
worden. Er tritt an die Stelle von Professor Hermann
Freye, der in den Ruhestand getreten ist. Freye war ein
ausgezeichneter Lehrer; als Maler ist er in den letzten
Jahren nicht mehr an die Öffentlichkeit getreten.
Der Fall Pais. Aus Rom wird berichtet, daß der
Direktor des Nationalmuseums in Neapel, Professor Pais,
abgesetzt worden ist, und daß das Defizit, welches er in
seiner Verwaltung hinterläßt, auf 300000 Lire geschätzt
wird. Noch vor einem halben Jahre galt die Stellung von
Pais als unerschütterlich. Man wagte es nicht, gegen einen
Mann vorzugehen, der als Reorganisator des großen Mu-
seums von Neapel mehr geleistet hatte, als jemals ein
Galeriedirektor in Italien. Jetzt ist er als eines der Opfer
des Unterrichtsministers Nasi gefallen. Man hat mit Er-
folg versucht, diesen ehrlichen Mann als eine der Kreaturen
Nasis hinzustellen, und ihn der Anteilnahme an dem all-
gemeinen Korruptionssystem dieses Regime zu bezichtigen.
Pais ist ein Mann von schnellen Entschlüssen und einer
Energie und Willenskraft, wie man sie selten in Italien
antrifft. Das einzige Mal, als ich ihm begegnete, fand ich
ihn beschäftigt, mit großer »Furia« einen Schrank erbrechen
zu lassen, weil der Schlüssel eben nicht zu finden war.
Zweifelsohne hat Pais durch Mangel an Vorsicht und Über-
legung, auch wohl durch unnötige Schroff heit seinesAuftretens
viel verschuldet. Es ist mir versichert worden, daß in Neapel
auch die besseren Elemente ihm feindlich gegenüberstehen.
Von den früheren höheren Museumsbeamten war noch
ein einziger übrig geblieben, als ich vor einigen Monaten
das Museum besuchte, und die Zeitungen waren angefüllt
mit Protesten aller derer, die sich in ihren Rechten und
Ansprüchen geschädigt glaubten. Professor Pais ist Nord-
italiener, und als solcher hat er für die Eigenart seiner
neapolitanischen Landsleute wenig Verständnis gezeigt.
Man hat ihn leidenschaftlich gehaßt, und leider haben sich
auch die Wohlgesinnten von ihm abgewandt. Aber un-
geheure positive Leistungen stehen diesen negativen Fak-
toren gegenüber, Leistungen, welche das Vorgehen der
Regierung gegen diesen Beamten als unbegreiflich er-
scheinen lassen müssen. Der Mann, dem die große
Schuldenlast des Museums als Zeugnis für persönliche
Unehrenhaftigkeit angerechnet wird, hat es in kurzer Zeit
verstanden, sich mit einer Schar zuverlässiger Beamten
höherer und niederer Ordnung zu umgeben. Es fiel mir
auf, daß alle Kustoden sich weigerten, die kleinen Trink-
gelder anzunehmen, die man gewohnt ist in Italien, und
vor allem in Neapel, für jede Hilfsleistung anzubieten.
Die Konservatoren schienen von dem gleichen Geiste be-
seelt wie ihr Direktor und man gewann den Eindruck, daß
entgegen allem Brauch in Süditalien, hier ungeheuer viel
gearbeitet wurde. »Im Winter sind die Tage zu kurz und
im Sommer ist es zu heiß« hat einmal ein Beamter eines
anderen Museums einem Fremden zur Entschuldigung
gesagt, und dieser Ausdruck ist bezeichnend für die Ge-
lassenheit, mit welcher man noch in manchen kleinen
Museen und Sammlungen Italiens die Dinge gehen läßt.
Professor Pais aber hat Niegesehenes geleistet und zu den
großen Ausgaben, die unvermeidlich waren, berechtigte
ihn ein lakonischer Erlaß des Unterrichtsministers Nasi,
der ihn autorisierte, auszugeben was er brauchte, und nur
die Neuordnung schnell zu Ende zu führen. -.-Ohne Pais
hätte man in dreißig Jahren nicht fertig gebracht, was jetzt
in drei Jahren geschehen ist,« sagte mir einer der ersten
Professoren und Museumsdirektoren Roms. Und wenn
man bedenkt, daß ganze Flügel des Museums durchgebaut,
daß alle Stockwerke des ungeheuren Baues ausgebaut und
im Innern völlig neu hergerichtet wurden, wenn man die
herrliche, in ihrer Art einzige innere Einrichtung dieser
Säle und Wandelhallen gesehen, dann muß selbst ein
Kostenaufwand von einigen hunderttausend Mark gering
erscheinen. Die Absetzung von Pais ist ein ernstes
Symptom, und es wäre zu wünschen, daß sich auch in
Italien gegen einen solchen Gewaltakt ernstlicher Protest
erhöbe. Aber das ist nicht vorauszusehen. Eine gerechte
Würdigung seiner Verdienste darf Professor Pais eher im
Ausland erwarten als in Italien, und vor allem in Deutsch-
land, wo man längst den Wert und die Bedeutung des
Mannes erkannt hat. Man darf übrigens auch hoffen, daß
es dieser Kampfnatur noch einmal gelingen wird, die Wider-
sacher matt zu setzen und sich selber Recht zu schaffen.
E. St.
ARCHÄOLOGISCHES
Die Ausgrabungen in Gordion. (Siehe die Vor-
notiz, »Kunstchronik« Spalte 460, über die Ausstel-
lung der Funde im Berliner Museum.) Die alte Stadt
Gordion oder Gordeion war nach Plinius (h. n. V. 42)
einst die Hauptstadt Phrygiens; aber ihren Weltruf ver-
dankt sie doch nur Alexander dem Großen und dem genial
gelösten gordischen Knoten. Schon iin Jahre 1893 hatten
Körte und Naumann die Reste einer uralt vorgriechischen
Niederlassung gerade an dem Punkte gefunden, wo die
wichtigste moderne Handelsstraße von Ancyra nach dem
Westen, die deutsche anatolische Eisenbahn, das Tal des
Sangarios (heute Sakaria) schneidet. Schon damals zwei-
felten die beiden Gelehrten nicht, daß diese Ruinenstätte
das lang gesuchte Gordion sei (Körte, Kleinasiatische Studien,
Personalien —
Archäologisches
474
a. d. Donau ausgeführt wurden. Nach dem Tode seiner
Eltern übernahm Andrea den Familienbesitz bei Sinzig a.
Rhein. Auch von hier aus war er noch stark künstlerisch
tätig. Namentlich malte er im Dom zu Fünfkirchen in
Ungarn, sowie eine Schloßkapelle der Markgräfin Pallavicini,
er malte endlich die evangelischen Kirchen in Linz und
Neuwied und endlich die Kölner Christuskirche aus.
Letztere Arbeit ist — nach der »Kölnischen Zeitung« —
sein Hauptwerk.
Gustav Schmidt f. In Dresden ist der ehemalige
Kustos und Restaurator der Kgl. Gemäldegalerie, Gustav
Ernst Theodor Schmidt, am 22. Mai gestorben. Er gehörte
einer alten Malerfamilie an: schon sein Großvater war
Maler, ebenso sein Vater, der bis 1863 an der Dresdener
Galerie angestellt war, nicht minder seine Brüder und sein
Sohn Fritz Philipp Schmidt, der sich namentlich durch seine
tief und selbständig empfundenen Wandgemälde in der
Jakobikirche zu Dresden einen Namen gemacht hat. Schmidt
war 1828 zu Dresden geboren, Schüler der Dresdener Aka-
demie unter Ludwig Richter, Schnorr und Bendemann, das
Restaurieren erlernte er von Karl Michael Schirmer (f 1876
zu Dresden). Schmidt verstand seine Kunst in ausgezeich-
neter Weise; er lieferte auch vortreffliche Kopien (z. B.
von der Sixtinischen Madonna für die Universitätsgalerie
zu Charkow und von Dürers Kruzifixus für König Johann
von Sachsen. Ä
PERSONALIEN
Dr. Adolph Goldschmidt, der erst unlängst zum
Extraordinarius an der Berliner Universität ernannt worden
war, ist als Nachfolger Ludwig Justis als ordentlicher
Professor der Kunstgeschichte nach Halle berufen worden
und hat sein neues Lehramt bereits angetreten.
Frithjof Smith wird demnächst von seinem, seit
1890 innegehabten, Lehrposten an der Weimarer Kunst-
akademie zurücktreten, dagegen sind die Gerüchte, als
wenn Ludwig von Hofmann sein dortiges Amt aufzugeben
trachte, unbegründet.
Der Dresdener Landschaftsmaler Robert Sterl ist als
Lehrer an die Kgl. Kunstakademie zu Dresden berufen
worden. Er tritt an die Stelle von Professor Hermann
Freye, der in den Ruhestand getreten ist. Freye war ein
ausgezeichneter Lehrer; als Maler ist er in den letzten
Jahren nicht mehr an die Öffentlichkeit getreten.
Der Fall Pais. Aus Rom wird berichtet, daß der
Direktor des Nationalmuseums in Neapel, Professor Pais,
abgesetzt worden ist, und daß das Defizit, welches er in
seiner Verwaltung hinterläßt, auf 300000 Lire geschätzt
wird. Noch vor einem halben Jahre galt die Stellung von
Pais als unerschütterlich. Man wagte es nicht, gegen einen
Mann vorzugehen, der als Reorganisator des großen Mu-
seums von Neapel mehr geleistet hatte, als jemals ein
Galeriedirektor in Italien. Jetzt ist er als eines der Opfer
des Unterrichtsministers Nasi gefallen. Man hat mit Er-
folg versucht, diesen ehrlichen Mann als eine der Kreaturen
Nasis hinzustellen, und ihn der Anteilnahme an dem all-
gemeinen Korruptionssystem dieses Regime zu bezichtigen.
Pais ist ein Mann von schnellen Entschlüssen und einer
Energie und Willenskraft, wie man sie selten in Italien
antrifft. Das einzige Mal, als ich ihm begegnete, fand ich
ihn beschäftigt, mit großer »Furia« einen Schrank erbrechen
zu lassen, weil der Schlüssel eben nicht zu finden war.
Zweifelsohne hat Pais durch Mangel an Vorsicht und Über-
legung, auch wohl durch unnötige Schroff heit seinesAuftretens
viel verschuldet. Es ist mir versichert worden, daß in Neapel
auch die besseren Elemente ihm feindlich gegenüberstehen.
Von den früheren höheren Museumsbeamten war noch
ein einziger übrig geblieben, als ich vor einigen Monaten
das Museum besuchte, und die Zeitungen waren angefüllt
mit Protesten aller derer, die sich in ihren Rechten und
Ansprüchen geschädigt glaubten. Professor Pais ist Nord-
italiener, und als solcher hat er für die Eigenart seiner
neapolitanischen Landsleute wenig Verständnis gezeigt.
Man hat ihn leidenschaftlich gehaßt, und leider haben sich
auch die Wohlgesinnten von ihm abgewandt. Aber un-
geheure positive Leistungen stehen diesen negativen Fak-
toren gegenüber, Leistungen, welche das Vorgehen der
Regierung gegen diesen Beamten als unbegreiflich er-
scheinen lassen müssen. Der Mann, dem die große
Schuldenlast des Museums als Zeugnis für persönliche
Unehrenhaftigkeit angerechnet wird, hat es in kurzer Zeit
verstanden, sich mit einer Schar zuverlässiger Beamten
höherer und niederer Ordnung zu umgeben. Es fiel mir
auf, daß alle Kustoden sich weigerten, die kleinen Trink-
gelder anzunehmen, die man gewohnt ist in Italien, und
vor allem in Neapel, für jede Hilfsleistung anzubieten.
Die Konservatoren schienen von dem gleichen Geiste be-
seelt wie ihr Direktor und man gewann den Eindruck, daß
entgegen allem Brauch in Süditalien, hier ungeheuer viel
gearbeitet wurde. »Im Winter sind die Tage zu kurz und
im Sommer ist es zu heiß« hat einmal ein Beamter eines
anderen Museums einem Fremden zur Entschuldigung
gesagt, und dieser Ausdruck ist bezeichnend für die Ge-
lassenheit, mit welcher man noch in manchen kleinen
Museen und Sammlungen Italiens die Dinge gehen läßt.
Professor Pais aber hat Niegesehenes geleistet und zu den
großen Ausgaben, die unvermeidlich waren, berechtigte
ihn ein lakonischer Erlaß des Unterrichtsministers Nasi,
der ihn autorisierte, auszugeben was er brauchte, und nur
die Neuordnung schnell zu Ende zu führen. -.-Ohne Pais
hätte man in dreißig Jahren nicht fertig gebracht, was jetzt
in drei Jahren geschehen ist,« sagte mir einer der ersten
Professoren und Museumsdirektoren Roms. Und wenn
man bedenkt, daß ganze Flügel des Museums durchgebaut,
daß alle Stockwerke des ungeheuren Baues ausgebaut und
im Innern völlig neu hergerichtet wurden, wenn man die
herrliche, in ihrer Art einzige innere Einrichtung dieser
Säle und Wandelhallen gesehen, dann muß selbst ein
Kostenaufwand von einigen hunderttausend Mark gering
erscheinen. Die Absetzung von Pais ist ein ernstes
Symptom, und es wäre zu wünschen, daß sich auch in
Italien gegen einen solchen Gewaltakt ernstlicher Protest
erhöbe. Aber das ist nicht vorauszusehen. Eine gerechte
Würdigung seiner Verdienste darf Professor Pais eher im
Ausland erwarten als in Italien, und vor allem in Deutsch-
land, wo man längst den Wert und die Bedeutung des
Mannes erkannt hat. Man darf übrigens auch hoffen, daß
es dieser Kampfnatur noch einmal gelingen wird, die Wider-
sacher matt zu setzen und sich selber Recht zu schaffen.
E. St.
ARCHÄOLOGISCHES
Die Ausgrabungen in Gordion. (Siehe die Vor-
notiz, »Kunstchronik« Spalte 460, über die Ausstel-
lung der Funde im Berliner Museum.) Die alte Stadt
Gordion oder Gordeion war nach Plinius (h. n. V. 42)
einst die Hauptstadt Phrygiens; aber ihren Weltruf ver-
dankt sie doch nur Alexander dem Großen und dem genial
gelösten gordischen Knoten. Schon iin Jahre 1893 hatten
Körte und Naumann die Reste einer uralt vorgriechischen
Niederlassung gerade an dem Punkte gefunden, wo die
wichtigste moderne Handelsstraße von Ancyra nach dem
Westen, die deutsche anatolische Eisenbahn, das Tal des
Sangarios (heute Sakaria) schneidet. Schon damals zwei-
felten die beiden Gelehrten nicht, daß diese Ruinenstätte
das lang gesuchte Gordion sei (Körte, Kleinasiatische Studien,