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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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26g

Personalien — Funde — Denkmalpflege — Ausstellungen

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mit Modellieren, betätigte sich erst gewerblich, trat dann
aber bald auf Ausstellungen mit den kraftvoll realistischen,
oft von gesundem Humor belebten polychromen Statuetten
hervor, die rasch seinen Ruhm begründeten. Ein rassiger
Neger; der Civis Romanus, der sich den Festtagsvogel
nach Hause trägt; der Philosoph, wie er einem Tauben-
paare gedankenvoll zuschaut, und der Eselsreiter sind wohl
die bekanntesten dieser Gruppe. — Bald aber erblühten
ihm größere Aufgaben: Die beiden Herolde auf dem
Reichstagshause machten ihn mit einem Schlage zum
Volksliebling. Später hat er diese beiden Gewappneten
nochmals wiederholt für Bremen, wo sie an der Eingangs-
pforte des ehrwürdigen Rathauses Aufstellung gefunden
haben; sie wirken hier, nur auf einer niedrigen Treppen-
wange stehend, unvergleichlich packender, als hoch oben
in den Lüften des Reichstagsdaches. — Bekannt, wenn
auch weniger gelungen, ist sein vielfiguriger, reichbewegter
Brunnen in Bremen. Seine letzte Arbeit, das Kaiser
Friedrich-Denkmal für Berlin, kommt nächstens zur Ent-
hüllung, die nun dem Künstler zu erleben nicht mehr be-
schieden war.

PERSONALIEN
Adolf Oberländer in München wurde zum Ehren-
mitglied der Berliner Sezession ernannt.

FUNDE

In einer Versteigerung bei Christie in London am
2g. Januar ist ein Exemplar einer sehr häufigen Moderno-
Plakette (Molinier Nr. 161) vorgekommen, deren Auf-
schrift auf der Rückseite den Schlüssel für diesen Pseudo-
nymen Künstler zu geben scheint. Sie lautet: HOC. OPVS.
MONDELA. ADER. AVRIFEX. MCCCCXC. Der Katalog
nennt den Künstler danach Galeazzo Mondella aus Aderno,
den Vasari als einen Veronesen bezeichnet. Moderno
wäre also ein Lombarde und nicht ein Paduaner, wie
man bisher annahm. Der Charakter seiner Arbeiten
läßt sich damit wohl vereinigen, da sie sich durch große
Eleganz von der Paduaner Derbheit wesentlich unter-
scheiden. Der Louvre besitzt ein paar bezeichnete Zeich-
nungen des Mondella, die hoffentlich bald einmal von der
Direktion der Sammlung veröffentlicht und mit verwandten
Darstellungen seiner Plaketten zusammengestellt werden.

w. B.

Pasquale Ferri und Emil Jacobsen setzen ihre ge-
meinsame Durchforschung des ungesichteten Hand-
zeichnungstnaterials in der Uffizien-Sammlung fort und
haben, wie in einem ausführlichen Artikel der »Nazione«
berichtet wird, schon wieder einen wichtigen Fund getan.
Es gelang ihnen nämlich acht Kartons Michelangelos zu
entdecken, auf denen der Meister in großen Zügen seinen
ersten Gedanken zu einigen der Fresken der Sixtinischen
Kapelle Gestalt gegeben hat.

DENKMALPFLEGE

Die »Münchener Neuesten Nachrichten« vermelden,
daß die Wiederherstellungsarbeiten an der Sebaldus-
kirche unterbrochen worden sind, da die Geldmittel aus-
gehen. Hoffentlich setzt die Regierung oder ein Mäcen
die Nürnberger schleunigst in die Lage, diese Nachricht
für falsch zu erklären.

In einer kürzlich abgehaltenen Versammlung des
Wetzlarer Dombauvereins berichteten der Landrat
Sartorius und der Kreisbauinspektor Stiehl über das Er-
gebnis der Untersuchung des Wetzlarer Domes: Bei der
Untersuchung habe sich der Zustand des Bauwerks er-
heblich schlechter dargestellt, als man ursprünglich annahm.
Am Heidenturm seien infolge jahrhundertelanger Ver-

wahrlosung zwar die äußeren Formen fast noch überall
deutlich erkennbar, aber sonst hätten sich manche Teile
geradezu als Schutthaufen erwiesen, in denen der zer-
fressene Mörtel kaum einen Stein mehr mit dem anderen
verband. Soweit technische und künstlerische Fragen der
Denkmalpflege in Betracht kommen, sei bei allen den
zahlreichen Sachverständigen, die gehört werden mußten,
nachdem einzelne Meinungsverschiedenheiten geklärt und
beseitigt worden, über die Grundzüge der Wiederherstellung
Ubereinstimmung erzielt. Die Wiederherstellungskosten
werden auf eine Million Mark veranschlagt. Die Ent-
scheidung der Regierung steht noch aus.

AUSSTELLUNGEN
Die Schleswig-Holsteinische Kunstgenossenschaft

wird am 27. März in der Kieler Kunsthalle aus Anlaß
ihres zehnjährigen Bestehens eine Jubiläumsausstellung
veranstalten, die später als Wanderausstellung durch die
hauptsächlichsten Städte Schleswig - Holsteins geführt
werden wird.

Von Anfang März bis Anfang Mai wird in Petersburg
eine Ausstellung von Schätzen des Kunstgewerbes

aus russischem Privatbesitz veranstaltet werden. Da auch
das Kaiserhaus und die großen Fürstengeschlechter ihre
Privatsammlungen zur Verfügung gestellt haben, verspricht
die Ausstellung von bedeutendem internationalen Interesse
zu werden.

Schwerin i. M. Der Ausstellungssaal des Großher-
zoglichen Museums ist zur Zeit durch die Kopien E. von
Loudons nach den Fresken des Andrea del Sarto in einen
Klosterhof der Renaissance umgewandelt worden. Es ist
in der Tat überraschend zu sehen, wie wunderbar diese
sechzehn Gemälde im einzelnen und als Gesamtbild wirken.
Sie beginnen erst eben ihre Laufbahn durch Deutschland,
und man kann schon jetzt mit Bestimmtheit voraussagen,
daß es ein Ruhmeszug werden wird. Man hat diese
Bilder eine Autobiographie del Sartos genannt, und damit
ist ihre Bedeutung vielleicht am besten gewürdigt. Zeigen
sie uns doch den Meister zunächst in seinen ersten An-
fängen, dann in völliger Kraft und Reife und endlich unter
dem Einflüsse des Allgewaltigen jener Tage, Michelangelos.
Sie sind bekanntlich in Chiaroscuro ausgeführt, und eben
darum war die Treue in der Wiedergabe überhaupt in so
seltener Weise möglich. Aber man fragt doch angesichts
dieser Bilder, warum es noch niemanden eingefallen ist,
Fresken alter Meister, die rettungslos dem Untergange
entgegengehen, in ähnlicher Weise zu kopieren. Aller-
dings es würde nicht nur Ausdauer und Beharrlichkeit
dazu gehören! E. von London hat den großen Florentiner
in einer Weise nachempfindend wiedergegeben, wie es
vielleicht überhaupt nur der Selbstverleugnung einer Frau
gelingen konnte. Sie hat auch, von durchaus historischem
Sinne beseelt, keine Mühe gescheut, in Zeichnungen, Stichen,
Kopien das zu suchen und zu finden, was den verblaßten
Fresken selbst verloren gegangen war. Sie zeigt sich aber
endlich auch in diesen Gemälden im Besitz einer tech-
nischen Meisterschaft, die Bewunderung verdient, um so
mehr, als sie sich dieselbe erst erwerben mußte. Die
Taufe Christi verrät noch die Anfängerin; und die Be-
fangenheit im Ausdruck und die Unlebendigkeit der Be-
wegungen sind wohl nicht allein auf Rechnung des Meisters
zu setzen, der ja gleichfalls mit diesem Gemälde sein
großes Werk begonnen hat. Aber wie wunderbar ist
dann schon der Aufschwung in der Predigt des Täufers
und der Taufe des Volkes, und wie steigert sich beständig
Verstehen und Können dieser Frau im Verlauf ihrer Arbeit!
Man fühlt sich plötzlich im alten fröhlichen Florenz vor
diesen Bildern, und man kann hier Andreas Kunst fast
 
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