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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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283 Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Sammlungen — Ausstellungen 284

er sich nur wenig darin versucht hat. Die 1873 veranstaltete
Neuauflage (in 100 Exemplaren) umfaßt nur vierzehn Blätter.
Es verlohnte der Mühe, sie in guten Nachbildungen einem
weitern Publikum zugänglich zu machen.

Watteau und seine Schule. Von Edgcumbe Staley. In-
dem der Verfasser den Stoff für einen beschränkten Raum
zu weit faßt, hat er sich selbst und der Aufgabe, die er
sich gestellt, geschadet. Um die Möglichkeit einer Kunst-
richtung zu begreifen, die ungefähr ein Jahrhundert die
Herrschaft behauptet hat, deren Einfluß soweit reichte, als
überhaupt Kunst geübt wurde, müssen die Vorbedingungen
betrachtet werden. Man muß etwas erfahren vom Hof,
vom Adel, von den Sammlern und Kunstfreunden des da-
maligen Frankreichs. Diese Aufgabe an und für sich eine
Verlockung. Und von dieser Kunst endlich sollte in leichtem,
graziösem Ton gesprochen werden, alle Pedanterie weit
fortgewiesen. Das haben die Brüder^Goncourt unüber-
trefflich getan. An diesem populären Buch vermißt man
die Leichtigkeit. Und eine Unterlassungssünde: nicht eine
einzige Zeichnung von Watteau wird reproduziert. Dafür
wird man für die Mitteilung zahlreicher Bilder aus dem
englischen Privatbesitz dankbar sein.

Michael Angelo Buonarroti. Von Lord Ronald Suther-
land Gower. Einer der wenigst glücklichen Bände der
Serie, voll von Irrtümern im Großen und Kleinen. Zur
Charakteristik dieser, daß Verfasser die Schriften von Justi,
Wölfflin, Frey nicht kennt. Und es fehlt seiner Betrachtungs-
weise an Originalität der Anschauung, die allein mit den
Lücken seiner Kenntnisse in gewissem Grad aussöhnen
könnte. In der Einleitung ist ein Brief von G. F. Watts
an den Verfasser mitgeteilt, der einmal mehr beweist, wie
große Künstler in ihrem Urteil über fremde Kunst häufig
fehl greifen. a. Or.

NEKROLOGE
In Nürnberg verschied am 23. Februar der Kupfer-
stecher Heinrich Walther im 77. Lebensjahre.

PERSONALIEN

Mit Sorge blickt in diesen Tagen die Welt der Kunst-
freunde nach München, wo Franz von Lenbach schwer
erkrankt darnieder liegt.J t Hoffentlich behält die kraftvolle
Natur des Künstlers auch diesmal die Oberhand.

WETTBEWERBE

Eine Nürnberger Bürgerin hat 30000 Mark für einen
dort zu errichtenden Brunnen gestiftet. Es ist zunächst
unter Künstlern, die in Bayern beheimatet sind, ein
Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Einlieferungsfrist 20. bis
31. Mai. Programme durch den Stadtmagistrat in Nürnberg.

SAMMLUNGEN

Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln hat Böcklins
»Von Piraten in Brand gesetzte Burg« für 65000 Mark
erworben.

Das Königl. Kunstgewerbemuseum in Berlin hat

eine Ausstellung von europäischem Porzellan des 18. Jahr-
hunderts eröffnet, die, dank dem Entgegenkommen einer
Reihe großer Sammler, von so überraschendem Reichtum
ist, daß wir uns einen besonderen Aufsatz hierüber vor-
behalten.

Im Louvre soll schon wieder einmal etwas gefälscht
sein. Diesmal nichts geringeres als Raffaels schöne
Gärtnerin. Ein Herr in Paris behauptet, auf einer Auktion

für ein paar Franken ein zweites Exemplar dieses Meister-
werkes gekauft zu haben, bei dem er durch Vergleichung
mit dem in England befindlichen Karton festgestellt hätte,
daß das Louvre-Exemplar gegenüber dem seinigen Ab-
weichungen besitze, die es als Kopie stempeln. Wir sind
natürlich nicht in der Lage, in der Angelegenheit Stellung
nehmen zu können und wollen sie deshalb hier nur ver-
meldet haben. Bekannt ist übrigens, daß das Louvrebild
mit nur zweimaligem Wechsel des Besitzers sich direkt
auf Raffael zurückverfolgen läßt. Es müßte also geradezu
eine Vertauschung bei einer Versendung stattgefunden
haben.

Aus dem Nachlasse des verstorbenen Theodor Graf
hat das Wiener kunsthistorische Museum eines der be-
rühmten antiken Porträts erworben, und zwar den dunkel
gefärbten vollbärtigen Kopf eines Römers. Vermutlich
wird die Sammlung nunmehr bald in alle Winde zer-
streut sein.

AUSSTELLUNGEN

Berlin. Die neue Ausstellung bei Casper macht,
wie ihre Vorgängerinnen, einen vortrefflichen Eindruck.
Die Zahl der wirklich bedeutenden Bilder ist zwar nicht
sehr groß, dafür drängt sich aber auch kaum ein minder-
wertiges ungebührlich vor. Der Menge nach überwiegen
diesmal die Deutschen, der Güte nach wieder die Aus-
länder. Unter den ersteren sind Liebermann, Leistikow,
Skarbina, Corinth, Hans von Bartels meist mit kleineren
Werken oder Studien vertreten. Höchst erfreulich scheint
sich der Berliner Bracht-Schüler Hans Hartig zu ent-
wickeln. Sein Blick in eine enge Gasse mit hohen
Häusern ist das einzige unter den modernen Bildern, das
sich an Kraft und Fülle des Tones neben den beiden
Perlen der Ausstellung, der kleinen Marine von Dupre
und dem kleinen späten Küstenbilde des jetzt oft unter-
schätzten Isabey, zu halten vermag. Gilsoul hat zwei
Bilder ausgestellt, darunter eine höchst wirkungsvolle,
von Nebeldünsten erfüllte Abendlandschaft mit dem Voll-
mond hinter einer großen Baumgruppe. Außerdem seien
ein Flußbild von Thaulow, ein ländliches Bild von Priest-
mann, eine große Landschaft aus den letzten Jahren
Pissarros und zwei ungemein kräftige Aquarelle des
Amerikaners Bartlett hervorgehoben. — Bei Cassirer ist
Luden Simon wieder mit einer größeren Anzahl von
Bildern erschienen. Darunter befindet sich ein 1882 ge-
maltes Porträt einer alten Dame in schwarzem Kleid und
weißer Haube, bei dem sich die feinste Seelenanalyse mit
vollendetem Farbengeschmack und bewundernswerter
Modellierung des Kopfes und der Hände paart. Simon
ist seit diesem Werke, das die schönsten Hoffnungen
erweckte, kein ganz großer aber einer der tüchtigsten
Künstler seines LandesJ geworden. Zuweilen fehlt aller-
dings auch ihm die volle Überzeugungskraft. Bei seinem
nackten Modell befinden sich Unklarheiten am Ellenbogen,
am Handgelenk und an anderen Stellen. Auf den ersten
Blick macht das Bild den denkbar günstigsten Eindruck.
Aber wenn man sich mehr hinein vertieft, nimmt es nicht
stetig zu an Lebensfülle und Illusionskraft ^wie die .Werke
des Velazquez, sondern büßt eher etwas davon ein. Das
Fleisch lebt nicht genug, ist nicht so durchaus vom Holz
des Stuhles und den Kleidungsstücken verschieden, wie
man wünschen möchte. Sollte die von Trübner so ge-
rühmte und als allein berechtigt hingestellte ~alla prima-
Malerei doch nicht das letzte Wort der Kunst bedeuten?
Alle diese Bemerkungen beziehen sich in noch viel höherem
Grade auf die Berliner Künstler, die gleichzeitig mit Simon
ausgestellt haben, auf Breyer, Leo von König und Philipp
 
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