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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Schumann, Paul: Friedrich der Weise als Förderer der Kunst
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Friedrich der Weise als Förderer der Kunst

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großen beipflichten dürfen. Denn wie einerseits die
weltbewegenden Ideen der Reformation von Witten-
berg ihren Ausgang nahmen, zeigt Bruck anderseits,
daß es eine Zeit lang auch ein Mittelpunkt der Kunst
gewesen ist. Ja, er geht noch weiter und bezeichnet
es als Hauptergebnis seiner Forschungen den Nach-
weis, daß nicht, wie man meinte, Augsburg, sondern
Friedrichs des Weisen Residenz Wittenberg der Aus-
gangspunkt der künstlerischen Renaissance in Deutsch-
land gewesen sei.

Zu diesem Ergebnis kommt Bruck im Laufe der
ausführlichen Schilderung, die er der Kunstpflege
Friedrichs des Weisen widmet, und diese Kunstpflege
ist in der Tat erstaunlich; sie ist nach Brucks Nach-
weisen so umfänglich, daß man Friedrich den Weisen
als Kunstförderer recht wohl, wenn auch nicht über,
so doch neben Karl V. und den Kardinal Albrecht
von Mainz stellen darf. Brucks Buch wird in dieser
Hinsicht aufklärend wirken und sicherlich dazu bei-
tragen, daß man die sympathische Gestalt Friedrichs
des Weisen fernerhin auch außerhalb Sachsens ge-
bührend würdigen wird. Wenn dies bisher nicht
der Fall war, so liegt das allerdings zumeist daran,
daß der allergrößte Teil der Kunstwerke, die Friedrich
herstellen ließ, völlig verschwunden oder in seinem
Bestand stark verändert und in seinem Werte beein-
trächtigt worden ist. Letzteres gilt vor allem von
den zahlreichen Werken der Baukunst, von den
Schlössern Hartenfels (bei Torgau), Wittenberg, Weimar,
Grimma, Altenburg. Ganz besonders schlimm erging
es dem Schlosse Wittenberg, das Konrad Pflüger seit
1490 erbaute und an dessen reicher Ausstattung auch
Albrecht Dürer hervorragend beteiligt war. Von
diesem ist infolge eines Brandes so gut wie nichts
auf uns gekommen. Auch Schloß Hartenfels war
»ein Prachtbau allerersten Ranges, eines der glän-
zendsten Beispiele der Renaissancebaukunst in deut-
schen Landen«.

Unter den Bildhauern, die für Friedrich den
Weisen arbeiteten, sind ganz besonders Konrad Meit
und Peter Vischer nebst seinen Söhnen zu nennen.
Ein treffliches Werk Peter Vischers des jüngeren ist
vor allem das Grabdenkmal des Kurfürsten Friedrich
in der Schloßkirche zu Wittenberg; einige andere
Skulpturen sind neben diesen in Brucks Buch ab-
gebildet. Im allgemeinen aber ist von der reichen
Schöpfertätigkeit der Bildhauer an Friedrichs des
Weisen Hofe nur ganz wenig erhalten, so die Bronze-
büste des Kurfürsten im Albertinum zu Dresden von
Hadrianus Florentinus, einem Bildhauer, den Friedrich
gleich anderen italienischen Künstlern beschäftigte.

Von Malern kommen außer Lukas Cranach, dessen
Tätigkeit in Wittenberg ja bekannt ist, auch Albrecht
Dürer, Jacopo de Barbari und Jan Gossart genannt
Mabuse in Betracht. Letzteres dürfte am meisten
überraschen. Im Jahre 1491 kam ein niederländischer
Meister Ihan an den Hof Friedrichs des Weisen. Von
1491—95 ist er gegen festen Gehalt kurfürstlicher
Hofmaler. In dieser Eigenschaft begleitet er seinen
Herrn 1493 nach Jerusalem, 1494 nachMecheln und Ant-
werpen. In demselben Jahre ward er 1494 in ver-

traulicher Mission nach Krakau geschickt und ebenso
nach Venedig. Es ist weiter aus den Akten, die
Bruck nach Gurlitts Vorgang und Anregung ein-
gehend studiert hat, ersichtlich, daß Meister Ihan außer
seiner jährlichen Besoldung bedeutende Summen für
gelieferte Arbeiten erhielt, für die er im Laufe des
Jahres »auf Rechnung« gewöhnlich kleinere Summen
empfing, die aber zu bestimmten Terminen jährlich
mit ihm verrechnet wurden. Von den in den Akten
genannten Arbeiten glaubt nun Bruck eine mit Be-
stimmtheit nachweisen zu können und zwar Nr. 841
der Kgl. Gemäldegalerie zu Dresden, den Flügelaltar,
der 1687 unter der Bezeichnung »Verräterei Judae«
aus der Schloßkirche zu Wittenberg in die Kunst-
kammer zu Dresden kam. Wörmann begnügt sich,
in dem Bilde eine Schulverwandtschaft mit Gerard
David festzustellen, Bruck meint, es auf Grund eines
Vergleiches mit dem Christus am Ölberg in der Kgl.
Gemäldegalerie zu Berlin und mit der Anbetung der
Könige in der Nationalgalerie zu London, welche die
Inschrift »Malbodius pinxit« trägt, dem Jan Gossart
genannt Mabuse zuweisen zu dürfen, den er zugleich
als den oben besprochenen Hofmaler Friedrichs des
Weisen bezeichnet.

Auch auf Dürers Tätigkeit im Dienste Friedrichs
des Weisen geht Bruck ausführlich ein. Namentlich
bringt er neue Beweise dafür, daß Dürer die sieben
Schmerzen Maria in der Dresdener Galerie, die schon
Thode als Jugendwerk Dürers angesprochen hat,
1494/95 in Wittenberg für die Schloßkirche gemalt
hat. Endlich wird Jacopo de Barbaris Tätigkeit für
Friedrich den Weisen ausführlich gewürdigt. Er war
nach den Urkunden des Weimarer Archivs 1503—5
besoldeter Hofmaler des Kurfürsten. Im Jahre 1503
zog er mit Dürer zusammen nach Wittenberg, und
hier arbeitete er auch mit ihm in Gemeinschaft an
der Ausschmückung des Schlosses. Von dem geistigen
Leben, das sich im Hause Jacopos entwickelte, gibt
Bruck eine interessante Schilderung. Namentlich die
Professoren der Universität verkehrten mit Vorliebe
bei ihm, und man kann sich wohl denken, welche
Themen bei dem Verkehr der Wittenberger Huma-
nisten mit dem venezianischen Renaissancemaler be-
sonders bevorzugt worden sind. Jacopos Malereien
im Schlosse zu Wittenberg sind gleich denen Dürers
zerstört, von den kleineren Arbeiten aus den Jahren
1503—5 weist Bruck einige in Augsburg, Dresden
und Weimar nach. Weiter aber geht er dem Ein-
flüsse Jacopos auf Dürer nach. Er weist nach, daß
Dürers Stich Adam und Eva vom Jahre 1504, der
so stolz »Albertus Durer Noricus faciebat 1504« be-
zeichnet ist, das Wittenberger Wasserzeichen, den
Ochsenkopf, zeigt. »Dürers Adam und Eva bedeutet
für unsere deutsche Kunst ungeheuer viel, gleichsam
die Entdeckung des Menschen, ein gewaltiger Schritt
in die neue Zeit und damit eine Abwendung von
der kirchlichen Kunst in die Kunstgestaltung der
Renaissance, ein Werk, welches für die ganze Folge-
zeit von der weitestgehenden Bedeutung wurde, das
erste Menschenpaar als die ersten Menschen der deut-
schen Kunst, bei denen ein Meister es versuchte, ,sie
 
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