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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Der Heinemannsche Kunstsalon in München
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0181

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345

Bücherschau

346

prinzipiell auf alle ins Kleinliche gehenden deko-
rativen Beigaben, die dem Zwecke eines Ausstellungs-
lokales niemals förderlich sein können. Wo die
Pracht der räumlichen Ausstattung in erster Linie
spricht, ist der Zweck des eigentlichen Ausstellungs-
raumes immer in den Hintergrund gerückt. Das geht
an bei Gelassen, an oder in deren Wänden sich
einzelne Kunstwerke placiert finden, als mitwirkende
Glieder einer schönen Raumentwickelung, als stärkste
Akzente eines Ensembles. Der Ausstellungsraum,
völlig anderen Zwecken dienend, erträgt das Mit-
sprechen vielartiger dekorativer Details nicht. Letzteres
muß sich unbedingt unterordnen. Es darf dem
eigentlichen Ausstellungsmaterial keine Konkurrenz
bereiten, muß aber gleichwohl in würdiger und ernster
Weise mitsprechen. Die Aufgabe ist vorzüglich ge-
löst und zwar unter Anwendung kräftig einsetzender
Farben. Die Plafonds, ohne Gesimse aus den Wän-
den sich entwickelnd, nur ganz spärlich mit dezent
wirkendem Ornament bedacht, blieben durchweg
weiß. Die Wände dagegen sind mit einfarbigem,
ruhig wirkendem Stoffe bespannt, blau, grau, rot;
ihnen entsprechend wirken die Bodenbeläge; das Holz-
werk an Türen, Treppengeländern u. s. w. ist durch-
weg in tiefrot Mahagoni gehalten, wobei hin und
wieder kleine Einlagen in farbigem, vielleicht auch
gebranntem Stein Verwendung gefunden haben. Außer-
ordentlich angenehm berührt die verschiedene Niveau-
höhe der sehr geräumigen Säle, die, mag sie nun
durch bauliche Dispositionen bedingt, oder absichtlich
herbeigeführt sein, wesentlich zur Hebung des Ein-
druckes beiträgt. Der große Parterre-Seitenlicht-Bilder-
saal liegt um einige Stufen höher, als der daran sich
schließende, mit einfachem Mosaikboden und kachel-
verkleidetem Wandbrunnen gezierte, im Ernste des Aus-
drucks vortrefflich geratene Skulpturensaal; im ersten
Stock, zu dem eine bequeme breite Treppe hinauf-
führt, liegt ein riesiger Oberlichtsaal in anderem
Niveau als der daran sich schließende Seitenlichtsaal,
der seinerseits wieder den Zugang zu einem höher
gelegenen kleineren Raum bietet. Diese Abwechse-
lung macht das räumliche Bild interessant und reich,
ohne daß das ausgestellte, an Umfang nicht geringe
Material an Bildern und Plastik darunter irgend welche
Einbuße erlitte. Die Placierung desselben ist so an-
geordnet, daß jedes Objekt zu seinem Rechte kommt
und vom Nachbarn nicht beeinträchtigt wird. Reizend
ist die Art, wie die den Wänden entlang geführte
Zentralheizung in einem bankartigen, auf der Vertikal-
seite mit durchbrochenem Kupferblech verkleideten
Vorsprung untergebracht ist. Auch hier dokumentiert
sich das künstlerisch klare Wesen, das Seidl seinem
Werke zu geben verstanden hat und angenehm be-
rührt es, endlich einmal solche Räume ohne Anwen-
dung von bombastischem Formenkram in sachlicher
und doch künstlerisch abgerundeter Weise ihrem
Zweck entgegengeführt zu sehen. Man vermißt weder
Säulen noch Pilaster oder weit ausladende, mit reich-
lichen Stukkaturornamenten verseheneTürverdachungen.
Würde, Einfachheit und Materialechtheit vertragen sich
vorzüglich. Es geht auch ohne das Gesamtaufgebot

des Formenschatzes bestimmter Stilepochen. Die
Heinemannschen Ausstellungssäle dürfen hinsichtlich
ihrer Raumwirkung als geradezu vorbildlich bezeichnet
werden. BERL EPS CH- VA L EN DA S.

BÜCHERSCHAU

Kunstgeschichtliche Anzeigen. Beiblatt der Mitteilungen
des Instituts für österreichische Geschichtsforschung«.
Redigiert von Franz Wickhoff. Jahrgang 1904, Nr. 1.
Innsbruck, Verlag der Wagnerschen Universitätsbuch-
handlung.

Diese neue Zeitschrift stellt sich ein vortreffliches Ziel,
nämlich die wissenschaftliche Forschungsweise in der neueren
Kunstgeschichte dadurch besser zu Ehren zu bringen, als
bisher geschehen, daß »die ernsten Arbeiten von den
anderen gesondert« werden. Wickhoff selbst gibt den Ton
an, indem er am Anfang dieses Heftes Justis noch lange
nicht genug gewürdigten Michelangelo kurz bespricht,
damit »der Name Karl Justis, gleichsam zur Weihe, an der
Spitze stehe«; und gegen Ende Berensons neuere Schriften,
namentlich aber dessen Zeichnungen der florentiner Maler,
unter gerechter Erteilung des Lobes, jedoch nicht ohne
scharfe Hervorhebung mancher Meinungsverschiedenheit,
anzeigt. Volle Anerkennung spendet dann Dvorschak
Adolf Goldschmidts Studien zur Geschichte der sächsischen
Skulptur in der Übergangszeit vom romanischen zum
gotischen Stil; während andererseits er und Kailab es auf
sich genommen haben, zwei weitere Erscheinungen der
letzten Zeit, Thodes Michelangelo und Schmarsows ober-
rheinische Malerei um die Mitte des 15. Jahrhunderts, in
einer Weise abzuschlachten, die zu den stärksten Bedenken
Anlaß gibt. Wohl ist es nötig, auf eine unbefangene,
offene und strenge Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen
hinzuarbeiten, um die Forderungen der Wissenschaft schärfer
zum Ausdruck zu bringen, als es in den üblichen »Gelegen-
heits- und Gefälligkeitsbesprechungen« geschieht; aber da-
mit das in befriedigender Weise erreicht werde, muß erstens
ein Maßstab angewendet werden, der mit der Verhältnis-
mäßigkeit aller Ergebnisse auf geschichtlichem Gebiet, und
nun gar auf dem kunstgeschichtlichen, rechnet, nicht aber
starre Forderungen, die zu Übertreibungen und Einseitig-
keiten führen müssen, aufstellt; und zweitens, der Ton
getroffen werden, welcher die Person, soweit sie nicht
selbst herausfordernd auftritt, streng von der Sache scheidet.

Soll sich die Hoffnung der Redaktion, daß sich »bald
die ernsten wissenschaftlichen Arbeiter in Deutschland an-
schließen werden«, bewahrheiten, so müßte nach beiden
Richtungen, namentlich aber nach der zweiten, gar manches
geändert werden. Der Leser empfängt hier freilich, nament-
lich durch Wickhoff, mannigfache Anregung, so z. B. durch
die Abweisung von Cooks Freigebigkeit gegenüber Gior-
gione, durch das Eintreten für Berensons Anschauung von
Masolino, durch Mitteilungen über Werke von Mantegna,
Giorgione, Paris Bordone, in bedingter Weise auch durch
das, wenn auch viel zu weit gehende Eintreten für die
Cinquecentisten Andrea del Sarto und die Caracci, so-
wie weiterhin für Cigoli und Carlo Dolce, gegenüber den
Quattrocentisten — aber der gegen Berenson ausgesprochene
Tadel, daß er durch die eingeschränkte Bedeutung, die
er jetzt der Morellischen Theorie beimißt, wissenschaftlich
zurückgegangen sei, und die übermäßige Bedeutung, welche
der oft doch recht zweischneidigen Einzelbeobachtung bei-
gemessen wird, lassen etwas von jener Weitherzigkeit ver-
missen, ohne welche die historische Kritik auf die Dauer
ihre Geltung nicht bewahren kann; und die Art gar, wie
hier Forscher, welche der Wissenschaft bereits wichtige
 
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