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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0212

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407

Personalien — Nekrologe — Denkmalpflege

408

Wirkung mit steigendem Interesse an den alten Bildern.
Die technischen Fortschritte auf den Gebieten der photo-
graphischen Aufnahme und der photomechanischen Druck-
verfahren gestatten immer andere Möglichkeiten. Die Firma
Franz Hanfstaengl hat einen neuen Typus geschaffen mit
ihren billigen Galeriewerken, die unter dem Titel »Maler-
Klassiker« erscheinen. Das Beste der größeren Sammlungen
in handlicher Form für wenige Mark mit kurzem ein-
führendem Text. In solcher Art sind bereits die Galerien
von München, Dresden, London und Amsterdam publiziert.
Jetzt liegt der 5. Band vor, *Dle Meisterwerke der Königl.
Gemäldegalerie im Haag und der Oalerie der Stadt Haarlem
— 125 Kunstdrucke. . . mit einleitendem Text von Dr. Karl
VolU.

Die Netzätzung schafft Reproduktionen, die für die
allermeisten Zwecke vollkommen ausreichend sind, nament-
, lieh wenn so gute photographische Aufnahmen zugrunde
liegen, wie Franz Hanfstaengl herstellt. Man findet alles
Wichtige aus der nicht großen, aber höchst gewählten
Haager Galerie in dem Bande. Die Anordnung ist alpha-
betisch nach den Meisternamen. Eine sachlich kunsthisto-
rische Reihenfolge wäre vielleicht vorzuziehen; da würden
die Abbildungen ähnlich gruppiert erscheinen wie die Ori-
ginale im Mauritshuis. Unter den Rembrandtbildern ver-
mißt man die Leihgaben des Herrn Bredius, dabei das
Hauptwerk »Saul und David«. Der schöne »Cornelis de
Heem«, dessen Signatur selbst in der Abbildung deutlich
ist, steht wohl nur infolge eines Versehens über dem Namen
»Jan Davidsz de Heem«.

Die Einleitung berichtet kurz über die Geschichte der
Sammlung und verbreitet sich mit scharf und anschaulich
charakterisierenden Worten über die wichtigsten Erschei-
nungen der holländischen Malerei. Hie und da Anstoß
erregen wird vielleicht die kritische Einwendung gegen
die unbedingte Verehrung, die der Delfter Ansicht des
Vermeer gezollt wird.

Die verhältnismäßig kleine Stadtgalerie von Haarlem
hat unvergleichliche Bedeutung dadurch, daß Frans Hals
hier besser vertreten ist als sonst irgendwo. Seine großen
Gruppenporträts, die Doelenstücke, die außerhalb Haarlems
nicht zu rinden sind, bieten Wirkungen, die von den Einzel-
porträts und den Genrebildern des Meisters nicht ausgehen.
Wer den Maler zu kennen glaubt, ohne in seiner Vaterstadt
gewesen zu sein, wird in Haarlem überrascht und be-
reichert. In der Kontrastwirkung bei dem engen Nebenein-
ander wirken die mit schlagfertiger Sicherheit aufgefaßten
Individualitäten überwältigend. Und der Strom nationaler
und sozialer Empfindung, der die festlichen Gruppen der
tüchtigen Haarlemer Bürger durchzieht, macht aus den
Porträtgruppen Historienbilder. Eine bessere Art von Histo-
rienbildern als jene, die erst im 19. Jahrhundert erfunden
worden ist! Die Schützenstücke von Frans Hals sind sämt-
lich reproduziert, und Volls Bemerkungen fördern das Ver-
ständnis dieser Monumente sehr erheblich.

Neben den Publikationen, die aus allen Galerien das
Beste zur kunsthistorischen Belehrung aneinanderreihen,
wie der »Klassische Bilderschatz« undSpemanns »Museum«,
neben den Werken, die diesem oder jenem Meister ge-
widmet sind, neben den kostbaren Galeriewerken, mit
Radierungen oder Heliogravüren und umständlichem Text,
wie sie fast alle größeren Sammlungen herausgegeben haben,
erfüllen die Bände, auf die ich empfehlend hinweise, ihre
besondere Aufgabe in glücklicher Weise. Den Kunst-
freunden bietet sich die bequemste Möglichkeit, die in den
holländischen Städten empfangenen Eindrücke zu sichern,
und der Kunstforscher findet ein handliches Nachschlage-
werk, das selten versagt. m.j. f.

Die Meisterwerke des Reichsmuseums zu Amsterdam.

208 Kunstdrucke nach den Originalgemälden. Mit ein-
leitendem Text von Dr. Karl Voll. Verlag von Franz
Hanfstängl, München. Preis geb. M. 12.—.
Die um die Verbreitung von Hilfsmitteln zur ästhe-
tischen Bildung seit Jahrzehnten sehr verdiente Firma ist
unermüdlich tätig, dem kunstsinnigen Publikum die Schätze
der großen Galerien zu erschließen. Das vorliegende Werk,
angefüllt mit klaren, auf Kunstdruckpapier abgezogenen
Autotypien und von einem sachkundigen Aufsatze des
Kunsthistorikers Dr. Karl Voll begleitet, ist eine schätzens-
werte Ergänzung zu jeder Kunstgeschichte. Es bietet nicht
nur einen trefflichen Überblick der Blütezeit der holländischen
Malerei, sondern umfaßt auch dem holländischen Volke ver-
wandte und fremde Malerschulen (Rubens, Van Dyck, Lio-
tard und andere). Für Besucher der kostbaren Sammlung
des Amsterdamer Museums ist es als Auffrischung eines
unvergleichlichen Genusses von großem Werte.

PERSONALIEN
Professor Robert Diez, Dresdens größtem Bildhauer,
brachte Geheimrat G. Treu zum 60. Geburtstage am
20. April im »Dresdner Anzeiger« einen Festgruß dar, voll
von Verehrung für den trefflichen Künstler und dessen
Werke, die der Stadt Dresden zu besonderem Schmucke
gereichen. In jenem wuchtigen Tenor und mit der
treffenden Charakteristik, die Treus Ausführungen immer
auszeichnen, bespricht er der Reihe nach die Hauptwerke
des Künstlers, beginnend mit der Jugendarbeit: der Venus-
und der Amorgruppe im Albertinum und dem Relief
»Heimkehr des Kriegers« am Braunschweiger Krieger-
denkmal. Sehr fein charakterisiert er dann die reizende
Brunnenstatue »Der Gänsedieb« und die beiden berühmten
Brunnengruppen auf dem Albertplatze in Dresden »Stürmische
Wogen« und »Ruhige Wellen«. Auch für das neue Bismarck-
denkmal in Dresden, das nicht so einhelligen Beifall ge-
funden hat, findet Treu nur Worte der höchsten An-
erkennung.

Schwerin. Dr. E. Steinmann, der neue Direktor
der Großherz. Kunstsammlungen zu Schwerin, kehrt Mitte
Mai nach zehnjährigem Aufenthalte von Rom zurück, um
nun sein Amt endgültig anzutreten.

NEKROLOGE

Henry Majendy, ein geschätzter Genre- und Land-
schaftsmaler in Karlsruhe, ist kürzlich dort in seinem 42.
Lebensjahre gestorben. Engländer von Geburt, war er in
seiner Kunst völlig ein Deutscher geworden.

Zwei junge Maler, Richter-Lefensdorf und Eugen
Schwarz, haben sich aus gekränktem Ehrgeiz, da ihre
Bilder von der Jury der Großen Berliner Ausstellung zurück-
gewiesen worden waren, in Berlin erschossen.

DENKMALPFLEGE

Leipzig. Die Rettung der Prellerfresken im Römischen
Hause hat einen glücklichen Erfolg gehabt. Es sind jetzt
alle sieben Bilder unbeschädigt aus der Wand gesägt und
herabgenommen worden. Da alles so glücklich von statten
gegangen ist, sollen auch die Zwickelbilder von Genelli
und einige andere von der Decke genommen werden.

Wenn Hofrat Donadini und sein Sohn Carlo das Ab-
sägen nur ohne Zeugen vornehmen wollten, so ist der
Grund dafür wohl weniger in der Bewahrung irgend
welcher Geheimnisse, als vielmehr in der Besorgnis vor Stö-
rung durch Neugierige zu suchen. Denn bei solchem Ab-
sägen bedarf es keiner Geheimmittel, sondern nur Er-
fahrung, Sorgfalt und guten Werkzeuges: Säge, Hammer,
Meißel und Flaschenzuges. Jedes Bild wurde rings tief um-
 
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