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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Graul, Richard: Die Renaissance in Belgien und Holland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0212

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Teil des Bandes vo» Loreto (vergl. S. 1S0).

Die 2venaissance in Belgien und l^olland.

Mt Abbildnngen.

Das Studium der Architektur und des
Kunstgewerbes in deu Niederlanden ist im Ver-
gleich zu der forschenden Sorge um die Malerei
der Vlämen und Holländer zu kurz gekommen.
Nicht daß es diesen Gebieten an allgemeiner
Wertschätzung gefehlt hätte; im einzelnen auch
ist ihnen die in den Niederlanden musterhaft
betriebene archivalische Forschung heilsam ge-
wesen uud unschwer ließen sich einige vorzüg-
liche, von im guten Sinne lokalpatriotischem
Eifer diktirte Studien über hervorragende archi-
tektonische Werke und besonders über einzelne
Zweige des Kunstgewerbes namhaft machen. So
Treffliches aber in dieser fragmentarischen Gestalt
namentlich für die mittelalterliche Kunst ge-
schehen ist, das Urteil übcr die wichtige nieder-
ländischeRenaissancebewegung,überihrecharakte-
ristischen Erscheinungsformen und Wirkuugeu
auf die Nachbarländer ist großenteils noch schwan-
kend, unsicher und unbegründet. Seltsame An-
schaunngen stehen einander gegenüber, und noch
hat niemand sich der dankbaren Aufgabe unter-
zogen, sorgfältig zu prüfen, was ihnen Richtiges
zu Grnnde liegen mag. Vor einigen Lustren
tauchte eine mit vielem Selbstbewußtsein vor-
getragene Meinung auf, welche nach Spanien
als das Mutterland wies, um die eigentümliche
Entwickelung der niederländischen Früh-Re-
naissance zu erklären, und der findige Autor
wußte seine These vom stilo xlatorosoo mit
solchem Brustton siegesgewisser Überzeugung
vorzutragen, daß ihn eine Akademie krönen zu
müssen glaubte. Andre wieder wußten den
Siegeszug italienischer Formenwelt im 16.
Jahrhundert so darzustellen, als ob es zuerst
den Niederländern gelungen wäre, dank be-
sonderer Bevorzugnng, sich des neuen Gei-
stes zu bemächtigen, um dann als gütige
Geber den Nachbarn im Westen und Osten — wie
vorher im 14. (Skulptur) und 15. Jahrhundert
(Malerei) — die Elemente zu weiteren Re-

naissancebildungen davon abzulassen. Wollte
man nur sorgfältig die verschiedenen Ent-
wickelungsphasen der niederländischen Renais-
sance gegeneinander halten in räumlicher uud
zeitlicher Begrenzung, dann würden wir gern
das besondere Wahre im allgemeinen Jrrtum
anerkennen. Aber hier ist nicht der Ort,
die Frage des nähern zu erörteru, wir be-
gnügen uns, darauf hingewiesen zu haben,
wie sehr so widersprechende Äußerungen eine
Revision der Akten notwendig machen. Auch
wären wir außer stande, diese Frage endgültig
zu lösen und wir müssen die schnelle Antwort jenen
Wciscn überlasscn, welche über alles Auskunft
zu erteilen wissen. Noch sind zu viele Detail-
fragen zn lösen, gerade für die uiederläudische
Kuust des 16. Jahrhnuderts. Das gilt sür
die Geschichte aller Kuustzweige, für die Malerei
sowohl wie für die Architektur, Skulptur und das
Kunstgewerbe. Gerade sür die Behandlung dieser
Zeit tiefer Wandlnngen der künstlerischen Phan-
tasie hat der Eifer der heimischen Forscher, in Bel-
gien zumal, nachgelassen. Das 14. Jahrhundert,
das 15. zuhöchst ist ihnen das noo plus ultra
historischer Betrachtuug. Zu dieser beklagens-
werten Vernachlässigung gesellt sich der Mangel
an verläßlichen inventarischen Aufnahmen des
Denkmälerschatzes — Wauters' vortrefsliches
Unteruehmen steht noch in den ersten Anfängen
— und erst in allerjüngster Zeit ist begonnen
worden, bildliche Darstellungen der hervor-
ragendsten Monumente in umfassenderem Sinne
zu veröffentlichen.

Die „Renaissance in Belgien und
Holland", welche Franz Ewerbeck imVerein
mit mehreren Fachgenossen seit dem Jahre 1884
heransgiebt >), ist für dcn Forscher von uicht

1) Ewerbcck, Franz, Die Renaissance in Bel-
gien und Holland. 1884—1887. E. A. Seemann
Band 1—3. Fvl. L 36 M.
 
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