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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,2.1909

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Heft 7 (1. Januarheft 1909)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8815#0046
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bis der Arzt, der sich um Hedwig bemüht hatte, zu ihm kam, um ihm
zu berichten, daß sie das Bewußtsein wieder erlangt und daß sie nach
ihm gefragt habe. Da erwachte er aus seinem dnmpfen Brüten, ver-
suchte einc zwanglose Haltung anzunehmen, und sagte gemessen: „Ich
wünsche meine Frau nicht zu sehen."

Einige Zeit darauf hörte man ihn das Haus verlassen. Auf dem
Tisch hatte er einen Brief niedergelegt, dessen Adresse Nitsaarts und
Hedwigs Namen trug, und der folgcnden Fnhaltes war:

„Der Unterzeichnete ersucht Frau Hedwig Whbrands, geborcne Marga
de Fontayne, und Herrn Ritsaart van Bcrgh van Aalst, diese Wohnung
so rasch wie möglich zu vcrlassen, ohne ihren Aufenthalt bekanntzu--
geben. In drei Tagen wird der Anterzeichnete zurückkehren, und er
wünscht alsdann keinerlei Spuren ihrcr Anwescnheit mehr vorzufinden.

Gerard Whbrands."

Währcnd dieser drei Tage kämpfte Gerard mit Mordgedanken. Am
meisten störtc es ihn, daß er sich durch eine gewisse Entnüchterung, eine
unerwartete Ablenknng und Abkühlung davon hatte zurückhaltcn lassen,
nicht aber durch edle Erwägungen oder liebevolle Sanftmut, oder weil cr
zu großherzigem Verzcihen gencigt war. Er vermochte dies nicht zu
empfinden, nicht einmal dann, wenn cr an Hedwigs Zukunft dachte, die
sicherlich, wie er vcrmutcte, eine jämmerliche sein würde.

Als er uach drei Tagen wicderkchrte, teilte man ihm an der Haus-
türe mit, daß die gnädige Frau noch zu Bett läge und innerhalb einer
Woche nicht imstande sein würde zu reisen. Gerard ging zurück und
begab sich zu seinem Vater, ohnc die Schwelle überschritten zu haben.
Ohne Amschweife oder Erklärungen teilte er ihm mit, daß cr seine Frau
nicht wiederzusehen wünsche und für einige Wochen auf Reiscn gehe.
Einen Brief von Hedwig, den sie in der Wohnung seines Vatcrs hatte
abgeben lassen, schickte er uneröffnet zurück.

Als cr wiederkam, waren Ritsaart und Hedwig nach England abgercist.

Hedwigs Reue setzte beinahe glcichzeitig mit der klaren Erkenntnis ein,
daß sie Gerard nun nie mehr wiederschen würde, daß sie völlig frei sei.
Von Stund an vcrließ dieser Gedanke sie nicht mehr; hin und wieder ward
er durch dic Braudung ihrer Lcidenschaft für Ritsaart von ihr fortgerisscn,
oft auch übcrtäubt durch weltliche Gcnüsse und starkc Schönheitscindrücke,
dcs öfteren aber auch zu rastloser, ermattcnder Folterung, bei Tage und
bci Nacht, gcsteigert.

Nundschau

Der Jmpresfioriismus

as iuteressante, an klugen, geist-
vollen, erfahrunggebornen Be-
merkungen nicht arme Studienbuch
von Richard Hamann „Der Im-
pressionismus in Leben und Kunst"
(Köln, Du Mont-Schauberg) scheint
niir an dem einen zu kranken, daß
es dcn Impressionismus allzu wich-

h Ianuarhcft lstOst

tig nimmt; daß es, obschon seine
Bedingtheit erkennend, doch ganz in
seinem Vann steht; daß es selbst
in gewissem Sinne impressionistisch
ist. Schließlich ist doch nicht das
positive oder negative Vorzeichen
unsrer Beschäftigung mit einer
Sache für unscr Erfülltsein von
ihr charakteristisch, sondern das Maß

Ss

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