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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,2.1909

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Heft 9 (1. Februarheft 1909)
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Pfordten, Hermann von der: Felix Mendelsohn-Bartholdy: geboren am 3. Februar 1809
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8815#0166
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Ihm war die Musik eine freundlich gesellige Kunst. Deshalb
komponierte er auch vierstimmig, selbst wenn der Text zn wider--
streben schien. Er beries sich darauf, daß der mehrstimmige Gesang
(ohne Begleitung) echt deutsches Lrbgut sei; er hilft es uns bewahren
und erneuern. Leider ist ja nun manches, wie z. B. das bekannte
„Wer hat dich, du schöner Wald", so abgedroschen, daß es aller
Poesie beraubt scheint. Deswegen ist es aber doch ein Meisterstück;
es muß uns nur gelingen, es nach längerer Pause wieder einmal
unbefangen wie neu zu hören — dann glauben wir daran. And
nicht anders steht es mit den gemischten Quartetten: wo vier sanges--
lustige Leutchen zusammenkommen, werden sie immer darnach greifen.

Ist das nicht der Auswahl, des Reichtums genug? Nun wohl,
so nützen wir ihn fleißig aus, lassen wir uns nicht bang machen,
fürchten wir uns nicht vor der vermeintlichen Gefahr, ins Kleinliche
gezogen zu werden. Mendelssohns intimer Freund Devrient bezeugte,
es sei beglückend gewesen, von Felix geliebt zu sein: ein warmer
Sonnenstrahl ging von seinem ganzen Wesen aus; er leuchtet auch
aus seinem Schaffen, nicht brennend und sengend, nicht in ver-
zehrender Glut, aber wohltuend mild und anheimelnd für jeden, der
noch Sinn hat für anspruchslose und darum nicht minder echte Art
in Kunst und Leben. Zwischen den großen Epochen ein freundlicher
Rastplatz — auch dafür wollen wir dankbar sein.

Hermann von der Pfordten

Lose Blätter

Aus Wildenbruchs „Christoph Marlow"

sDen Dramatiker Wildenbruch auf das höchste zu ehren, scheint uns
nichts geeigncter, als der berühmte erste Akt seines „Marlow", dcr den
Dichter auf der reinsten Höhe zeigt. Worte dcr Einführung sind nicht
nötig, da ja der Akt selbst Exposition ist. Das Buch ist, wie die meisten
Wildcnbruchs, bei der G. Grote'schen Verlagsbuchhandlung in Berlin
erschienen.j

Isl

(Ein Saal im Hause Sir Thomas Walsinghams zu Cambridge. Türen
rechts, links, in der Mitte; die Mitteltür ist weit geöffnet, man sieht
durch dieselbe in den ebenerdigen Garten. Das Zimmer ist mit schweren
dunkcln Möbeln ausgestattet; rechts und links neben den Türen jc ein
großer Schrank von dunklem Eichenholz; vorn links ein Tisch mit Stühlen.)
Leonore (die Tochter des Sir Walsingham, kommt von rechts, gcht
an die Mitteltür, blickt hinaus.)

Leonore: Mein Vater im Gespräch mit meinem Bräutgam —

Der eine lauschend zu des andrcn Worten,

Fern ab mit den Gcdankcn — Pforte zu —

(Sie zieht rasch die beidcn Türflügel zu.)

Und nun — mit ihm allein!

(Blickt in stummer Wonne um sich)

So komm hervor. —

Kunstwart XXII, 9
 
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