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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 7 (1. Januarheft 1910)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0025
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Lose Blätter

Aus den Gedichten von Nikolaus Welter

^Die Proben, die wir hier von Gcdichtcn des stillen Luxemburger
Poeten Wclter mitteilen, entstammen dem schmalcn Bändchen lhrischer
un epischer Gedichte „In Staub und Gluten". Welter erscheint in der
uls ein ursprünglich lyrisches Talent, vielmehr sind cigentlich
Gedichtcn epische Elemente bcigemengt. Aber auch dcr von
e, Natur, Gottgefühl berichtende Dichter, — der uns also nicht
wie der reine Lhriker unmittelbar zu Genosscn seines seelischen Lebens
ma )t, sondern es mehr gegenständlich vor uns hinstellt oder in irgcnd--
cinei Weise beschreibt — auch dicser Berichtende vcrmag zu ergreifeu und
mit sjch zu ziehen. Welter hat nun sowohl die Stärke und Wärme dcs
Gcfuhlv, die dazu Bedingung ist, wie die Gegenständlichkeit der poetischen
^arstellung. Man betrachte etwa das Gedicht „Iuniduft". Kein Zweifel,
aß es nicht dic Weise des reinen Lyrikers ist, die wachsende Liebcs--
spannung mit einem Gang über nächtliche Wicsen so zu verbinden, daß
ic cm Wechsel dcs äußcren Bildcs eine innere Steigcrung entspricht.

- er die schlichten, gar nicht emphatischen Worte zwingen dennoch, dicser
iL inimung zu glauben. llnd die sparsamen Andcutungen „Frisches Heu",
„Singcn übcr der rauchenden Wiesc", „Bleich schlief die Welt", „Stille",
„ein Stcrn" lassen doch die mit sicherer Hand vereinfachte Vision vor
Der unvergleichliche Mcister dieser Art Situationenlyrik
>1 Konrad Fcrdinand Mcher, mit dcm Weltcr außer der Vorliebe für
icsi. auch ein gcwisses gcdankenreiches Pathos gemcin hat, zum Vei--
Ipie in dcn schönen Gelegenheitsgcdichten „Die Grube", „Die Auferstandc-
nen vou Courriöres", „Der Müttcr Fluchpsalm" u. a. In anderen wicder
offcnbart sich eine nachdenksame Art, welche die alltäglichen Erlcbnisse
mi starker Reflexion zu durchgeistigen und zu vertiefen sucht. Eine reli-
sö vielleicht das ticfste Wescn des Dichtcrs berührende Inbrunst

^^m verdeckt-lcidenschaftlichcn Gedicht „Im Banne dcr Erde".

- ' formal betrachtet bevorzugt Wcltcr im allgemeinen einen ver-
l c tcu Strophenbau, den völlig auszufüllcn dann gelegcntlich alltägliche
d herhalten müssen, wie in der vorlehtcn Zeile von „Im Banne

B^ r E Zweitem Teil. Auch tcchnische Schwierigkeiten wie gclegentliche
—innenreimc, Gleichklänge, Strophenwiederholungen scheinen ihn zu reizen
lederum nicht ohne die Gefahr, daß etwas Gczwungenes entsteht.
ir geben im folgenden Probcn dcr mehr lyrischen Gedichte, die eine
de r ^ i ""^ürliche Spannung dartun, und verzichten auf dic Wiedergabe
dem ^ngatmigen, wenngleich nicht stimmunglosen Balladen, die

Lit--7- beigegeben sind. „In Staub und Gluten" ist im Vcrlag für

" Kunst und Musik in Leipzig crschicnen.^

Im Banne der Erde
l

Welt so nah unü doch so weit,
grüner Abgcschiedenheit,

^^ Der Welt so weit, der Gottheit nah,

8n frommer Freude sitz ich da.

s. Ianuarhest IZIO

ll
 
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