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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 12 (2. Märzheft 1910)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0468
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Allgemeineres

man dich besprengen und mit den Steigbügeln dich schlagen, bis du
halbtot in deinem Blute liegst; nach allen deinen Sünden werden sie
dich fragen und nach allen Dirnen, mit denen du hättst zu schaffen ge--
habt, und den lehten Fetzen von deiner Seel wcrden sie dir reißen, nmb
neben deiner Schand ihr Tugend um so heller leuchten zu lassen . . .
Das steht dir bevor, und dann der schimpflichst Tod. Du kannst es von
dir wenden, ich habe dir gesagt wie. Und wenn dn morgen vergehst für
Schand und Schmerzen, weil mich dein tapferer Leib jammert, so will ich
es dir noch einmal ins Ohr sagen . . . daß du es nachsagen und dich retten
kannst."

Leichenblaß, mühsam atmend, die zuckenden Fäuste an die Brust ge--
zogen, stand Herliberg unter dem Kreuz, während die grause Stimme neben
ihm redete in der Dämmernis. Schrecknisse tollten um ihn herum wie
lebendige Wesen, die Strapelkorde, die Pfundbügel, der feurige Schwefel,
die Scham und Schmach . . . Da faßte er, wie ein Ertrinkender nach
einem Halm, nach seinem Skapulier, das an seinem blutenden und fiebern-
den Leibe klebte. Sie hielt ihm's für die Augen in seiner gottverlassensten
Stund . . . und rettete ihren Leib und seine Seele . . . sie soll er ver-
leumden, sie . . . deren reine Lippen und Händ seinen sündigen Willen
noch bändigten im letzten Augenblick — und wenn er sie nicht verleumdct,
so muß er sterben wie ein Hund . . .

„Das Weib ist rein!" kam's wie ein Todesschrei aus seiner Brust.
„Das ist die Wahrheit, das sage ich bis an meinen Tod! Fort, du Kerl!"
Das Zimmer und der Böse verschwammen vor seinem Blick, der Böse
lief um und um und zum Fenster hinaus. „Ich hab mit dir . . . nichts
zu schaffen! Bis an den Tod . . . ruf ich . . . unser Neuterrecht au . . .
And wenn mich . . . mein Lapo . . . verstoßt, gut! Schleppt mich herum
. . . Ihr gemeine Bande! Schlagt mich mit den Steigbügeln . . . und
reißt mir meinen letzten Fetzen ab . . . und schlagt mich tot! Dann
reißt mir . . . mein Herz heraus ... Da werdet Ihr ... die ganze
Geschicht . . . geschriebcn finden? Was ich getan hab . . . daß ich ein
zuchtloser Mann war — wider ein armes Weib . . . ein reines — keine
Neinere ist auf der Welt . . . zuchtlos war ich und wild . . . aber ein
Schuft bin ich nicht gewesen."

Der Hahnschrei klang, der erste, vom Tabor durch die tiefe Nacht. Ein
Stern schoß wie ein Blitz vom schwarzen Himmel, es löscht ein Leben auf
der Erden aus.

„Eure Sach", sagte Conti kalt. „Ihr spektakelt vor nichts und wieder
nichts. Mir ist leid um meine verlorene Zeit. Narren kann ich auch
anderweitig schreien hören. Adieu."

Drei Sporenschritte. „Hallo! Aufmachen!" Die außen rissen die
Tür auf, und der Krobatenritter war fort. —

Rundschau

8spere suäe l

zu bedeuten trachtete, sich ein fest--

^s war eigentlich eine schöne

geprägtes Wort erwählte als den

>2<Sitte unsrer Väter, daß wer

Leitspruch seines Lebens; als eineu

in der Welt etwas bedeutete oder

Satz, der die Kraft des Strebens in

384;

Kunstwart XXIII, 12
 
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