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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 10 (2. Februarheft 1910)
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Sprechsaal
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0348
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der Masse gefahren und ineint,
daß das Schändliche sich darin
vor Schande retten könne, man
hat den Sinn, die Freiheit, die
Lugend des einzelnen verachtet,
man hat das Tote als Maschine

des Staats über den Menschen ge-
stellt, — der Mensch ist ver-
schwunden, und der elende Bürger
kann die Maschine nicht bewegen.

Ernst Moritz Arndt (Wahr-
heit und Versöhnung)

Unsre Bilder und Noten

^^as „Gebet nach der Schlacht am Berg Isel" von Egger-Lienz
^mag zur Erinnerung an Hofers Tod das Stück aus Kranewitters
Dichtung und die Abbildung seines in höchster Einfachheit so monu-
mental ausdrucksvollen alten Totensteins begleiten. Egger malt jetzt
anders — wir werden auch davon Proben zeigen und darüber sprechen —,
aber die tiefe Beteiligung an diesem frühen Werk spricht wahrlich ein-
dringlich genug. In seiner neuen Kunstart würde Egger das Gefühl
der Masse noch stärker zum Ausdruck bringen, das Gefühl dessen,
was, allen diesen Kämpfern da gemeinsam, wie eine einheitliche Flut-
welle von ihnen zu uns herüberkommt. Man muß sich länger als bei
seinen neuercn Bildern vertiefen, um auch das zu empfinden. Mittler-'
weile aber werden cine Menge einzelner Menschen-Thpen nnd Persönlich-
keiten lebendig. Wer Tirol kennt, wird auch alle diese Männer da
kennen, denen es so bis ins Tiefste heiliger Ernst ist.

Plastik bilden wir im Kunstwart selten ab, weil von der körperhaften
Form bei der Projektion auf die Fläche meist so viel verloren geht, daß
sich noch wesentlich mehr „Fälschung" als sonst in die Wiedergabe mischt.
Nur Skulpturen, die ganz klar auf eine Ansicht berechnet sind, eignen
sich einigermaßen zu solcher Reproduktion. Das gilt von Hugo Le-
derers Büste Hans Pfitzners, dcrcn Abbild wir nicht nur wegen
ihrer großen Schönheit sondern auch deshalb vor das Heft setzen, weil
wir Professor Brandcs' Worten in dcr hcutigen Rundschau gern besondern
Nachdruck geben möchten. Auch Eduard Zimmermanns Mädchen-
gestalt kommt bei der Abertragung auf die Fläche noch leidlich zur
Geltung. Wie weit ist dieser hcrbe Stil, der den Stein als Stein be-
handelt uud auf jegliche Süßung verzichtct, an Kraft und Schönheit den
einst fast allgemein und immer noch so vielfach üblichen „anmutigen"
und „reizendcn" glatten Arbciten überlcgcn, die nicht nur aus etwaigem
praktischen Zwange, sondern auch dem weichlichen Geiste nach Nachbildungen
von Lon in Marmor waren und sind!

Besonderes Vergnügcn werden unsre Leser an den architektonischen
Zeichnungen Tessenows haben, die uns übrigcns nicht nur wegen
der Baugebilde, sondern auch an sich als Zeichnungen ungemein reizvoll
scheinen. Es freut uns, mitteilen zu können, daß Tessenow auf unsre
Einladung in die Neihe der ständigen Mitarbeiter des Kunstwarts und
zugleich in den Arbeitsausschuß dcs Dürerbundes tritt. A

d^cr Fasching tollt, und so gewinnt der Satz rss severs verum Zsuäium,
^auf den Kopf gestellt, einen besonderen Sinn, nämlich: daß ein wahres
Vergnügen auch eine ernste Sache ist. In dieser Zeit mag es erlaubt
sein, unsern Lesern eine musikalische Schnurre vorzulegen, die nicht bloß
um ihres Autors willen, sondern auch ob des prächtigen, naiven Humors

2. Februarheft WO

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