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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 8 (2. Januarheft 1910)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0137
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und Ausroller seiues Geistes, hatteu die Kugeln immer zum Abdruck bei
der Hand; in hellen, frischen Stundcn blitzte nicht blotz Verstand, sondern
auch Witz auf Witz aus seinem Munde.

Solcher Natur gemäß war Sprache und Rede; festgeschlossen und kurz
floß es ihm von den Lippen, selbst in heftiger Aufregung und im zornigen
Mute purzelten und stürzten seine Worte nimmer unordentlich durchein-
ander. Gradaus! und Graddurch! war sein Wahlspruch; Mut
und Wahrheit fanden immer die rechte Stellung und die rechte Rede,
diese hättcn nimmcr krumme, verschlungcne Pfade gehen, für alle Schätze
der Welt ja und nein nimmer willkürlich wechseln können. Wenn
diescr Manu als Minister ein ofsenes freies Parlament vor sich gehabt
hättc, gewiß würde er für einen alles niederdonnernden, zerschmetternden
Nedner gegolten haben mit seinem unbezwinglichen Mute und seiner
Lugend und Kraft.

Dieser Mann, durch die jammervollen Geschicke seines Volkes seit fünf,
sechs Iahren durch die Welt umhergejagt und ein Land der Frei-
heit und Ehre mit der Seele suchend, saß nun in Petersburg,
saß und stand da bald als ein von vielen beneideter und gefürchteter Mann,
im Nat des Zaren Alexander der Erste und Oberste. (Ebenda)

Rundschau

Der Nembrandt-Deutsche

r>vm 5. Mai (907 wurde in Puch
-^t-bci Müuchen ein Mann be-
erdigt, der auf einer Reise nach
Tirol im Gasthofe „König Otto"
zu Nosenheim plötzlich am Magen-
krebs gestorben war. Der Aber-
lieferung nach hatte in einem
hohlen Lindenbaum bei Puch die
selige Edigna gewohnt, deren be-
sonderer Verehrer, hieß es, sei der
Verstorbene gewesen, und so habe
er gewünscht, auf dem schönen
Pucher Friedhofc zu ruhen; cin
bekannter Münchner Maler hatte
für die Erfüllung diescs Wunsches
gesorgt. Auf das frische Grab setzte
man ein eisernes Kreuz mit der
Inschrift: „I. A. L., geb. (S5(, gest.
(907." Das erfuhr man im vorigen
Herbst durch katholische Blätter.
Und durch den Pfarrer zu Puch
kam zutag, daß hier Iulius August
Langbchn ruht, dcr Verfasser von
„Rembrandt als Erzieher".

So ist cines der merkwürdigsten
Lebeu unsrer Zcit erloschen. Von

Langbehns beiden schnell hinter-
einander erschienenen Büchern hatte
zwar das zweite, die „Lieder eines
Deutschen", gar keinen, das erste,
„Rcmbrandt als Erzieher", aber
vielleicht den größten unmittelbaren
Erfolg, den ein deutsches Buch
seiner Art jemals gehabt hat.
Langbehn jedoch nahm es mit der
„Heimlichkeit" seines „Kaisertums"
ernst. Er war und er blieb für
die Sffentlichkeit so verschollen, daß
man sich bis in die lctzte Zeit noch
über die Verfasserschaft von „Rem-
brandt als Erzieher" stritt.

Ich habe gerade damals, als
jcnes Buch entstand, mit Lang-
bchn in Dresden ziemlich viel ver-
kehrt, wir waren oft sehr ver-
schiedener, waren abcr bei sehr
viel Wescntlichem auch gleicher
Meinung, und so lag es nahe,
daß er bei der Veröffcntlichung
dieser Manuskripte an den Kunst-
wart dachte. Ich jedoch konnte rn
eine unbedingte Identifizierung der
Kunstwart-Bcstrebungen mit den

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