„Ich konnte es nicht vermeiden, Sie im Nebenzimmer zu hören, Myn-
heer. Ich bin der Eigentümer dieses Plunders. Ich kann Ihnen jetzt
gleich sagen, daß ich nichts davon jemals an Sie verkaufen werde."
Alle diese Worte, mit Ausnahme des letzten stark betonten „Sie",
wurden mit ruhiger Höflichkeit gesprochen. „Aber warum?" begehrte
der andere auf, nachdem cr etwas Fassung gewonnen. „In Deynum
fehlen diese Dinge. Sie haben dort häßlich ins Auge fallende Lücken
hinterlassen" — ein Schimmer der Befriedigung lief über des Barons
Gesicht — „nnd als Haupt des Geschlechts — — "
„Halt!" nnterbrach ihn Baron Rexelaer mit donnernder Stimme. „Gott
weiß, daß ich nicht unhöflich werden wollte, aber nie werde ich Ihnen ge--
statten, mir diese Worte ins Gesicht zu sagen!"
„Der höhere Titel — — " stieß Graf Hilarins heftig hervor, während
Bulbius sich verkroch.
„Pah", sagte der Baron etwas ruhiger. „Mit Geld und selbst mit
solchem Geld wie dem Ihrigcn, Mynheer, kann man heutzutage fast alles
kaufen. Mas Sie aber damit nicht erkaufen können — und das wisscn Sie
sehr gut —, ist ein Tropfen des Blutes von diesen Leuten." Dabei legte
er seine Hand ganz leise auf die Schulter des neben ihm stehenden
Ritters. Für ihn war in diesem Augenblick die leere Nüstung von
Leben beseelt. „Nun, nun", fuhr er sanfter fort. „Ich habe Sie nicht
beleidigen wollen, aber ich kann Ihnen diese Dinge nicht geben, weil
Sie dieselben zu einer lebenslänglichen Lüge machen würden. Das werden
Sie gewiß einsehen. Wollen Sie das Silberzeug haben? Schlimm
genug, daß man Ihrem Vater seinerzeit gestattet hat, unser Mappen zu
führen; die Gabcln und Löffel können Sie also kaufen."
„Und die Archive?" fragte der Graf.
Mynheer van Nexelaer schaute nur lächelnd nach ihm hin.
„Nichts will ich davon haben!" schrie Hilarius. „Denken Sie daran,
Sie —" er drehte sich zu Bulbius um — „und Sie! Ich kam hierher
in Friede und Freundschaft, um zu sehen, was ich tun könnte. Es ist
töricht von Ihnen gehandelt, mich zu reizen. Ob Nexelaer oder nicht,
Herr von Deynum bin ich doch!" Er hastete hinaus in den Flur. Dies-
mal fand er den richtigen Ausgang.
„Der gehört nicht zu Ihrem Geschlecht," meinte Bulbius, „wie konnte
ich nur auf den Gedanken kommen. . ."
„Lut mir leid", schloß der Baron.
einold kehrte an diesem Abend früher als gewöhnlich nach Hause
^>zurück; auf dem ganzen Wege durch die bclebten Straßen war sein
Geist von dem Lriumph des Augenblicks getragen und von den besseren
Aussichten in finanzieller und sonstiger Beziehung, die sich ihm heute
eröffnet hatten, erfüllt. Mancher hätte vielleicht ein so aussichtsvolles
Ereignis festlich gefeiert, aber es ist doch ein mißlich Ding, allein
ein Fest zn feiern. Als er an der Baronin Zimmertür vorbeiging,
bannte ihn Wendelas Gesang. Wie festgenagelt blieb er im Halbdunkel
stchen; die umfangreiche, klare, warme Altstimme kannte und liebte er;
aber das war es nicht, was ihn bezauberte. Nie hatte er sie jenes
klagcnde Lied, diese seine eigenen Worte mit solcher Empfindung singen
Kunstwart XXIII, 9
heer. Ich bin der Eigentümer dieses Plunders. Ich kann Ihnen jetzt
gleich sagen, daß ich nichts davon jemals an Sie verkaufen werde."
Alle diese Worte, mit Ausnahme des letzten stark betonten „Sie",
wurden mit ruhiger Höflichkeit gesprochen. „Aber warum?" begehrte
der andere auf, nachdem cr etwas Fassung gewonnen. „In Deynum
fehlen diese Dinge. Sie haben dort häßlich ins Auge fallende Lücken
hinterlassen" — ein Schimmer der Befriedigung lief über des Barons
Gesicht — „nnd als Haupt des Geschlechts — — "
„Halt!" nnterbrach ihn Baron Rexelaer mit donnernder Stimme. „Gott
weiß, daß ich nicht unhöflich werden wollte, aber nie werde ich Ihnen ge--
statten, mir diese Worte ins Gesicht zu sagen!"
„Der höhere Titel — — " stieß Graf Hilarins heftig hervor, während
Bulbius sich verkroch.
„Pah", sagte der Baron etwas ruhiger. „Mit Geld und selbst mit
solchem Geld wie dem Ihrigcn, Mynheer, kann man heutzutage fast alles
kaufen. Mas Sie aber damit nicht erkaufen können — und das wisscn Sie
sehr gut —, ist ein Tropfen des Blutes von diesen Leuten." Dabei legte
er seine Hand ganz leise auf die Schulter des neben ihm stehenden
Ritters. Für ihn war in diesem Augenblick die leere Nüstung von
Leben beseelt. „Nun, nun", fuhr er sanfter fort. „Ich habe Sie nicht
beleidigen wollen, aber ich kann Ihnen diese Dinge nicht geben, weil
Sie dieselben zu einer lebenslänglichen Lüge machen würden. Das werden
Sie gewiß einsehen. Wollen Sie das Silberzeug haben? Schlimm
genug, daß man Ihrem Vater seinerzeit gestattet hat, unser Mappen zu
führen; die Gabcln und Löffel können Sie also kaufen."
„Und die Archive?" fragte der Graf.
Mynheer van Nexelaer schaute nur lächelnd nach ihm hin.
„Nichts will ich davon haben!" schrie Hilarius. „Denken Sie daran,
Sie —" er drehte sich zu Bulbius um — „und Sie! Ich kam hierher
in Friede und Freundschaft, um zu sehen, was ich tun könnte. Es ist
töricht von Ihnen gehandelt, mich zu reizen. Ob Nexelaer oder nicht,
Herr von Deynum bin ich doch!" Er hastete hinaus in den Flur. Dies-
mal fand er den richtigen Ausgang.
„Der gehört nicht zu Ihrem Geschlecht," meinte Bulbius, „wie konnte
ich nur auf den Gedanken kommen. . ."
„Lut mir leid", schloß der Baron.
einold kehrte an diesem Abend früher als gewöhnlich nach Hause
^>zurück; auf dem ganzen Wege durch die bclebten Straßen war sein
Geist von dem Lriumph des Augenblicks getragen und von den besseren
Aussichten in finanzieller und sonstiger Beziehung, die sich ihm heute
eröffnet hatten, erfüllt. Mancher hätte vielleicht ein so aussichtsvolles
Ereignis festlich gefeiert, aber es ist doch ein mißlich Ding, allein
ein Fest zn feiern. Als er an der Baronin Zimmertür vorbeiging,
bannte ihn Wendelas Gesang. Wie festgenagelt blieb er im Halbdunkel
stchen; die umfangreiche, klare, warme Altstimme kannte und liebte er;
aber das war es nicht, was ihn bezauberte. Nie hatte er sie jenes
klagcnde Lied, diese seine eigenen Worte mit solcher Empfindung singen
Kunstwart XXIII, 9