DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1910)
DOI Artikel:Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0256
in „Dichtung und Wahrheit" oder
im „Wcrther" nachdenklich zu blät-
tern, das weiß ich nicht — daß
aber die meisten Teilnehmer den
besonderen Reiz des Abends emp-
fanden, konnte man von den Ge-
sichtern ablesen.
Der Kunstwart hätte keinen
Grund, dieses „Fest des jungen
Goethe" um seiner selbst willen zu
erwähnen. Aber er darf immer-
hin darauf hinweisen als auf einen
der Anfänge zu veredelter Gesellig-
keit. Solche Feste setzen viel Arbeit
Gewicht legen — abcr immerhin,
Mode sind sie jetzt. Wenn man
davon Kunde gibt, daß sich zwei
Herzen gefunden haben, läßt man
sie durch eine Banknote sehn. Man»
che, die glücklichen Verlobtcn selbst
zum Beispiel, werden der Ansicht
sein, das sei humoristisch. Wer ge°
wohnt ist, aus dem Gegebenen auf
das zurückzuschließen, was im An°
bewußten dahintersteckt, wird es zum
mindesten nicht uninteressant als
ein zierliches Merkmälchen des Zeit-
geistes finden.
voraus. Aber das ödeste, ober-
flächlichste „Amüsement" oft ganz
gewiß nicht weniger, es geht auch
an die Nerven, und was bleibt
von ihm? Hier blieb eine Stim-
mung zurück, aus der Freundliches,
ja Gutes und Glückliches erwachsen
kann. Agnes Harder
DieVerlobung und 's Geld
/Aie müssen nämlich wissen, mein
'Herr Leser: was Sie hier abge°
bildet sehn, das ist eine Ver°
lobungsanzeige. Ich glaube
ja nicht, daß derartige in den aller-
feinsten Kreisen Mode sind, die auf
ihre Geschmackskultur besonders viel
Zur NerrgesLaltung der
Schwurgerichte
macht Oberamtsrichter Riß in den
Münchner „Neuesten" einen be-
achtenswerten Vorschlag. Er will
die Haupteigenschaft der Schwur-
gerichte: den Ausschluß der Be-
rufsrichter von der Lntscheidung
der Schuldfrage, gewahrt wissen.
O b der Angeklagte der Täter
ist, sollen zunächst die Geschwor-
nen nach wie vor ohne Mitwir-
kung der Berufsrichter entscheiden;
aber wie er zu verurteilen ist,
das heißt: welche Vorschriften des
Strafgesetzes in Bctracht kommen,
s. Februarheft WO
2sZ
Vom Recht
im „Wcrther" nachdenklich zu blät-
tern, das weiß ich nicht — daß
aber die meisten Teilnehmer den
besonderen Reiz des Abends emp-
fanden, konnte man von den Ge-
sichtern ablesen.
Der Kunstwart hätte keinen
Grund, dieses „Fest des jungen
Goethe" um seiner selbst willen zu
erwähnen. Aber er darf immer-
hin darauf hinweisen als auf einen
der Anfänge zu veredelter Gesellig-
keit. Solche Feste setzen viel Arbeit
Gewicht legen — abcr immerhin,
Mode sind sie jetzt. Wenn man
davon Kunde gibt, daß sich zwei
Herzen gefunden haben, läßt man
sie durch eine Banknote sehn. Man»
che, die glücklichen Verlobtcn selbst
zum Beispiel, werden der Ansicht
sein, das sei humoristisch. Wer ge°
wohnt ist, aus dem Gegebenen auf
das zurückzuschließen, was im An°
bewußten dahintersteckt, wird es zum
mindesten nicht uninteressant als
ein zierliches Merkmälchen des Zeit-
geistes finden.
voraus. Aber das ödeste, ober-
flächlichste „Amüsement" oft ganz
gewiß nicht weniger, es geht auch
an die Nerven, und was bleibt
von ihm? Hier blieb eine Stim-
mung zurück, aus der Freundliches,
ja Gutes und Glückliches erwachsen
kann. Agnes Harder
DieVerlobung und 's Geld
/Aie müssen nämlich wissen, mein
'Herr Leser: was Sie hier abge°
bildet sehn, das ist eine Ver°
lobungsanzeige. Ich glaube
ja nicht, daß derartige in den aller-
feinsten Kreisen Mode sind, die auf
ihre Geschmackskultur besonders viel
Zur NerrgesLaltung der
Schwurgerichte
macht Oberamtsrichter Riß in den
Münchner „Neuesten" einen be-
achtenswerten Vorschlag. Er will
die Haupteigenschaft der Schwur-
gerichte: den Ausschluß der Be-
rufsrichter von der Lntscheidung
der Schuldfrage, gewahrt wissen.
O b der Angeklagte der Täter
ist, sollen zunächst die Geschwor-
nen nach wie vor ohne Mitwir-
kung der Berufsrichter entscheiden;
aber wie er zu verurteilen ist,
das heißt: welche Vorschriften des
Strafgesetzes in Bctracht kommen,
s. Februarheft WO
2sZ
Vom Recht