neuen Gebilde im Ganzen ein. Für
wenige verstanden. So war guten-
unsMenschenbedeutetedas:wirwür-
teils der Unternehmer Bier-
den sterbend Zeugen des gewaltigsten
baum, der praktisch und mobil für
Lreignisses, das in all den Iahr-
junge Ideen immer wieder Zah-
millionen, seit unser Erdball der
lende auftrieb und sehr geschickt
Sonne entrollte, ihn je betroffen
anstellte — man denke nur an
hat. Wir wären begnadet, in
„Pan" und „Insel". Und so größ-
unsern letzten Tagen noch das Er-
tenteils war auch der Poet Bier-
habenste, das sich für die Erde über-
baum. Liliencron, Hartleben oder
haupt ausdenken läßt, zn erleben.
wer sonst gerade „dran" war, im
Während wir's mit nichts weiter
persönlichen und literarischen Ver-
bezahlten, als mit demselben Tribut,
kehr, für den gab's ein Schwär-
den noch ein jedes der Quinquilliar-
men, und aus dem Schwärmen
den Lebewesen seit Erkeimen des
ward ein Mit-Pfeifen in seinem
organischen Lebens bezahlt hat.
Ton. Daneben wurden in den Ge-
,
Könnte man das teuer nennen? A
büschen des Aaturalismus die aller-
hand Vierfüßler, in den Wäldern
Literatur
Zu Bierbaums Tode
der Romantik die singenden grauen
^^ein, zwiespältig und unharmo-
und prangenden bunten Vögel be-
-^^nisch kann nmn wohl kein ein-
lauscht, bis ein gedämpfteres Brül-
ziges seiner Bücher nennen. Und
len der Bestien und ein noch zwit-
wenn es einen gab, dessen lite-
schigeres Zwitschern der Vögelein
rarische und persönliche Erscheinnng
in die eigenen Verse überging.
stilisiertes Behagen war, so war
Bieroaum war auch in seinen lieb-
das ja Otto Iulius Bierbaum. Im
lichen Sachen talentvoller und er
üblichen Mortsinn „zwei Seelen
hatte mehr Geist als die Sing-
in der Brust" hatte er schwerlich. Und
sangsänger dcr Baumbach-Ebers-
doch glaube ich, daß die Literatur-
Wolff-Zeit, aber dem Wesen nach
geschichte sozusagen zwei Bierbäume
kam das Archaisieren und Ver-
wird unterscheiden müssen, wenn
zierlichen doch diesen Vielverspot-
sich auch nicht nur ihre Äste uud
teten recht nahe. Nur an der feinen
Zweige zusammenschlingen, sondern
Rhythmik, mit der man die Pirou-
sogar ihre Stämme bis zum Am-
etten tänzelte, und an der saubern
wachsen eng aneinanderlegen.
Sprachschneiderarbeit all der Tän-
Der eine war der Mann, der zu
delkostümchen konnte man das Bier-
allem, was neu war und ihm ge-
baumsche Atelier erkennen. Abri-
fiel, voll Feuer und Flamme sagte:
gens gab er sich ja gelegentlich auch
„Machen wir!" und es dann wirk-
ernst und innig, denn bis zum
lich bis zum Flackeru und Rauchen
ehrlichen Elaudius reichten die,
„machte". Kein Fundamentierer,
denen er seine Lyrik nachempfand.
aber einer, dessen schnelles Zu-
Es gab aber noch einen andern
greifen, frisches Drauflosgehn und
Bierbaum. In seinem „Pankrazius
gefälliges Arrangieren das Angc-
Graunzer" regte er sich, im „Stilpe"
wohnte ansehnlich „aufmachte" und
und in noch einigen so oder anders
in Umgang setzte. So war guten
genannten „Sonderbaren Gcschich-
Teils der K u n st s ch r i f t st e l l e r
ten". Der war kräftig genug, sich mit
Bierbaum; er hat kaum je neue
gemütlicher Handbewegung das Vor-
Werte als ein erster crkannt, ist
gemachte aus den Augen zu wischen.
aber mit höchstem Eifer für Grö-
Dann sah er sich gesund ernüchtert
ßen ins Zeug gegangen, die erst
um, steckte sich eine Zigarre an,
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Kunstwart XXIII, H