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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 12 (2. Märzheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0493
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HOO Jahre nach seinem Tode aus-
geführt tvorden. Hergestellt hat ihn
ein Bildhauer, dessen Geist im
und dessen Hände im 20. Iahr-
hundert lebten. Errichtet haben ihn
Leute, deren kirchliche Ansicht war,
die im Altar dargestellte Marien-
verchrung sei eine kirchliche Irr-
lehre, die aber glaubten, es sei
eine ideale Forderung, das zu ver-
herrlichen, woran sie nicht glaub-
ten. Man hat alle möglichen
Kunstsachverständigen gefragt, ob
man recht damit fuhr, einen Altar
ausgestalten zu lassen, dessen künst- !
lcrisches Hauptverdienst sein soll, ^
daß man nicht sieht, daß man ihn
ausgestalten ließ. Man hat die
Dcnkmalpfleger gefragt, ob es recht
sei, ein Werk zu schaffen mit der
Absicht, es als nicht vom Schöpfer
hergostellt erkennen zu lassen. Man
hat die Altertumsfreunde gefragt,
ob der neue mittelalterliche Altar
einen geschichtlichen Wert habe. !
Meine Herrschaften! Diese alle
haben erklärt, das, was die Almer
hier betrieben, sei eine Torheit.
And deshalb haben die Almer
keinen Augenblick gezögert, es wei-
ter zu betreiben!"

Cornelius Gurlitt

Vom rauchenden Beton-
Baum

berichtet der „Kunstherold«, „wirt-
schaftliches Zentralorgan für bil-
dende Künstler" mit schönem Ernste
das Folgende unter dem Stich-
wort „Zur Erhaltung des Land-
schaftsbildes". „Auf einem wun-
derbar gelegenen Gute bei Mal-
maison sollte eine elektrische Licht-
anlage angelegt werden, es war
dazu notwendig, einen hohen
Schornstein für den Abzug der
Rauchgase zu errichten. Dieser
Schornstein hätte aber das ganze
Landschaftsbild verunziert. Der
Besitzer des Gutes hat sich da-

her in folgender Weise geholfen:
er ließ sich aus Beton einen Baum
nachbilden, der sich in seinerGestalt
vollkommen den übrigen auf dem
Gute stehenden anpaßte. Der aus ar-
miertem Beton hergestellte Baum-
stamm zeigte die Risse und Brüche
wie die andern Waldriesen und
selbst auch abgebrochene Zweigan-
sätze usw., so daß es eines sehr
fachmännisch geschulten Auges be-
darf, um zu erkennen, daß man
es hier nicht mit einem natürlichen
Baum, sondern mit einem Baum-
werk aus Beton zu tun hat, das
als Schornstein zum Abzug der
Rauchgase der elektrischen Kraft-
anlage dient."

Das ist die Lösung! Und so sei
die Losung „zur Erhaltung des
Landschaftsbildes" die: kein Fabrik-
schornstein mehr, wo früher ein
Baum stand, es sei denn in der
Form eines Baumes aus Beton!

Ioseph Schöffel

ist gestorben. Kein lauter Name,
kaum in seiner österreichischen Hei-
mat nach Gebühr bekannt, ge-
! schweige denn im Reich. Und doch
war er einer der ersten, der die uns
so geläufige und selbstverständliche
Idee des Heimat- und Natur-
schutzes praktisch und mit glän-
! zendem Erfolge vertreten hat. Er
! hat den Wienern den Wiener-
^ wald gerettet. Was das be-
^ deutet, kann freilich nur recht er-
j messen, wer einmal aus den letzten
Vorortgassen zu den bunten Wäl-
dern um den Hermannskogel empor-
gestiegen ist. Es kann sich ja
wohl keine Großstadt eines so
nahen und mächtigen Naturparks
rühmen. Dieser Schatz sollte in der
ärgsten Gründerzeit dcn Wicnern
entrisscn, der Wienerwald sollte
abgeholzt werden. Schöffel, ein
ehemaliger Offizier, erzwang, ganz
allein gegen eine Phalanx von

2. Märzheft WO §09

Naturschuh

Heimatpflege
 
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