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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0478
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als Begleiter. Hebcls alemannische
Gedichte, im Rucksack mitgeführt
und abcnds im Gasthaus oder sonst
auf der Rast durchblättert, geben
einer Wanderung zwischen dem
Feldberg uird Basel ganz beson-
dere Werte. Der Dichter macht
uns die Augen blank für manche
heimliche Schönheit, an der wir
ohne ihn vorbeigelaufen wären.

Denen Wandervögeln und fah-
renden Gescllen und „neuen" Wan-
derern allen ergibt sich ja unsre
„Forderung" von selbst. Wie über-
haupt jedem, der nicht mit dem
O-Zug nach Italien reist, ehe er —
wie's jedem jungen Studenten und
sonstigen heranwachsenden Staats-
bürger gebührt — in der Heimat
und im weiten deutschen Vaterland
Einkehr gehalten hat. U

Redner einmal unterlaufen, „festzu-
nagcln". - Diese sichcrlich sehr
gut, ja „patriotisch" gemeinten Zu°
schriften bestätigen durchaus, was
ich über die relative Scltcnheit
sprachlich-logischer Instinkte ausge-
führt habe. Nur einer der Ein-
sender — ein höherer Iurist —
versucht eine ernsthafte Wider-
legung, wendet sich aber dabei
nur gegen die Analyse des einen
aus der Rede im Kloster Veuron
angeführten Satzes:

„In dem Erdmannschen Auf-
satz vom klaren Denken wird ein
Satz aus einer Rede des Kaisers
im Kloster Beuron als unlogisch
hingestellt, weil es nicht möglich
sei, durch die Stiftung eines Kru-
zifixes zu beweisen, daß die
Regierungen christlicher Fürstcn
nur im Sinne des tzerrn geführt
werden können und daß sie
helfen sollen usf. Der Satz
aber erscheint nur dann unlogisch,
wenn man das Wort »beweisen«
in dcm engeren, wissenschaftlichen
Sinne logischer Deduktion auffaßt.
Das Wort »beweisen« hat aber
doch auch die Bedeutung »an den
Lag legen«, »zu erkennen geben«,
»offcnbaren«. Im Bibcldeutsch
Luthers wird es doch oft in diescm
Sinne verwendet: »Ich will vor
aller Welt beweisen.« Faßt man
aber das Wort so auf, wie es nach
dem Zusammenhang offenbar ge-
mcint ist, dann ist der Satz nicht
unlogisch."

Kein Verständiger wird in der
Alltagssprache für das Wort „be°
weisen" jene strenge Bedeutnng for-
dcrn, die es in den exakten Wis-
senschaften hat. Daß es aber auch
heute noch in einem so allge-
meinen Sinn wie „offenbaren" ge-
bräuchlich wäre, cntspricht nicht
mcinen Erfahrungen. Lassen wir
aber einmal diesc Deutung zu, ist
dann wirklich der in Rede stchende

Nochmals „vorn klaren
Denken"

^v^-ein Aufsatz im 2. Maihefte
-^k-hat der Kunstwartleitung und
mir cine Reihe Zuschriften einge-
tragen, die sich allerdings nicht
mit dem Kern meiner Ausführun-
gen, sondern nur mit der einen
noch dazu beiläufigen Behauptung
befassen: Kaiser Wilhelm bekunde
recht oft eine Gleichgültigkeit
gegen das Logische in der Sprache
und habe in dieser tzinsicht nicht
die ihm von byzantinischer Auf-
driuglichkeit vorbehaltlos angcdich-
tete Gabe der freien Rede. Dieser
Meinung wird kategorisch die
andcre entgcgengestellt, es sei doch
eine allgemein anerkannte und
„deshalb" nicht zu bestreitende Tat-
sache, daß Sc. Majestät untcr die
größten Redner aller Zeiten ge-
höre. Und wieder wird von „hin-
reißender meisterhafter Diktion" ge°
sprochen, von „herrlicher, form-
vollendeter Sprache" und von der
Unzulässigkeit, einzelne Entgleisun-
gen, wie sie auch dem genialsten

2. Iunrheft Ml zg?
 
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