Reisens teilhaftig werden. Und
mag der Genuß der schönen Welt
anch so oft, so oft nur plump,
selbstgefällig und ohne Herzens-
kraft sein, irgendwo schnappt doch
immer einmal, die Natur ist zu
reich, die echte Stimmung, die echte
Liebe ein, und einen Hauch davon
trägt vielleicht der Unempfäng-
lichste in die Enge und Kälte seiner
Alltäglichkeit zurück, und das Herz
verlernt nicht ganz sich zu dehnen
und zu füllen. Unser modernes
zusammengepreßtes Leben hat sich
müssen wir ihr hinterdrein wieder
recht dankbar sein. Äberhaupt:
wer weiß, wenn wir erst einmal
aus den Parvenüjahren der Kul
turerneuerung heraus, wenn wir
crst, statt wie jetzt Sklaven der
Technik zu sein, ihrer ganz Herr
geworden sind, wieder selbstver-
ständliche Herren, ob nicht die Ver-
luste, die sie seelenmörderisch uns
zugefügt, dann nur den dürren
Zweigen gleichen, die herunter-
mußten, damit neue Triebe schießen
konnten? Ob nicht eine neue Ro°
Zeichnung von Franz Pocci
die Fernsucht, das Fernweh aus
innerster Notwendigkeit geschaffen
wie ein Ventil, und in der all-
gemeinen Sehnsucht und Freude zu
reisen schleicht sich die Romantik,
die aus dem modernen Zivilisa-
tionsbetrieb ausgewiesen war, wie-
der heimlich zu uns Menschen her-
ein.
Ohne die außerordentlichen Fort-
chritte der Technik hätte das Reise-
vergnügen nie so Allgemeingut
werden können. Und wenn wir
darüber zürnten, daß die Technik
alle Romantik und zumal die des
Reisens aus der Welt geschafst, so
mantik wieder aufblüht, nur in
anderer Gestalt? Man mag es
peinlich empfinden, daß der mo-
derne Telegraph die Kurse von dcr
Berliner Börse bald ebenso schnell
wie nach der Behrenstraße ans
Ende der Wclt befördert, und man
auch auf der Schneekoppe oder gar
am stillen Saimasee nicht sicher ist,
von Aktien und Kuxen unterhalten
zu werden. Aber ohne diesen Ap-
parat müßten nicht nur Börsen-
makler und Bankier, sondern Tau-
send und Abertausende darauf
verzichten, einmal herauszukom-
men, und der Riese Zivilisation,
2. Iuniheft Ml
U5
mag der Genuß der schönen Welt
anch so oft, so oft nur plump,
selbstgefällig und ohne Herzens-
kraft sein, irgendwo schnappt doch
immer einmal, die Natur ist zu
reich, die echte Stimmung, die echte
Liebe ein, und einen Hauch davon
trägt vielleicht der Unempfäng-
lichste in die Enge und Kälte seiner
Alltäglichkeit zurück, und das Herz
verlernt nicht ganz sich zu dehnen
und zu füllen. Unser modernes
zusammengepreßtes Leben hat sich
müssen wir ihr hinterdrein wieder
recht dankbar sein. Äberhaupt:
wer weiß, wenn wir erst einmal
aus den Parvenüjahren der Kul
turerneuerung heraus, wenn wir
crst, statt wie jetzt Sklaven der
Technik zu sein, ihrer ganz Herr
geworden sind, wieder selbstver-
ständliche Herren, ob nicht die Ver-
luste, die sie seelenmörderisch uns
zugefügt, dann nur den dürren
Zweigen gleichen, die herunter-
mußten, damit neue Triebe schießen
konnten? Ob nicht eine neue Ro°
Zeichnung von Franz Pocci
die Fernsucht, das Fernweh aus
innerster Notwendigkeit geschaffen
wie ein Ventil, und in der all-
gemeinen Sehnsucht und Freude zu
reisen schleicht sich die Romantik,
die aus dem modernen Zivilisa-
tionsbetrieb ausgewiesen war, wie-
der heimlich zu uns Menschen her-
ein.
Ohne die außerordentlichen Fort-
chritte der Technik hätte das Reise-
vergnügen nie so Allgemeingut
werden können. Und wenn wir
darüber zürnten, daß die Technik
alle Romantik und zumal die des
Reisens aus der Welt geschafst, so
mantik wieder aufblüht, nur in
anderer Gestalt? Man mag es
peinlich empfinden, daß der mo-
derne Telegraph die Kurse von dcr
Berliner Börse bald ebenso schnell
wie nach der Behrenstraße ans
Ende der Wclt befördert, und man
auch auf der Schneekoppe oder gar
am stillen Saimasee nicht sicher ist,
von Aktien und Kuxen unterhalten
zu werden. Aber ohne diesen Ap-
parat müßten nicht nur Börsen-
makler und Bankier, sondern Tau-
send und Abertausende darauf
verzichten, einmal herauszukom-
men, und der Riese Zivilisation,
2. Iuniheft Ml
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