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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,2.1912

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Heft 9 (1. Februarheft 1912)
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Nidden, Ezard: Gunnar Heibergs Dramen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0216
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schen, und nicht ohne Grund hat man das Drama als die höchste
Dichtung hingestellt, da sie nur ihn zum Gegenstand hat. Die Ehrsurcht
vor diesem „unwirklichen" Wirklichsten, das wir selbst sind, erschüttert
aus Gunnar Heibergs Dramen stärker als aus den meisten zeitgenössi-
schen Werken sonst. Empsindung, Gesühl, Leidenschaft sind für ihn
nicht nur Teilgebiete einer weiter reichenden Seeleneinheit, sondern
der Seele eigentlicher Flammenkern, ihr unüberwindlicher Gebieter,
das Element, worin sie sich selbst, ihr Leiden und ihre Höchststeigerung
erlebt. And dies Element leuchtet nicht nur hervor aus seinen Gestal-
ten, sondern brandet überall über die Grenzen ihrer Außenformen
hinaus, es wächst an zu nie gesehener Größe und osfenbart erst nun,
welcher innerlichen Gewalt jene innere Seite des Menschen sähig ist,
deren Rätsel die Philosophie, deren Walten die Poesie aller Zeiten
hingerissen hat. Dies ist der „Einblick" und „Aberblick", von dem
anfangs die Rede war, und durch ihn steht Heibergs Schauen nun
neben dem von Dichtern, deren Horizont fernere Gebiete noch um--
spannte als der seine. Dieser bildliche Ausdruck bedeutet keine Wertab-
grenzung: was ins Gesichtfeld des Einzelnen zu liegen kommt, ist sein
Schicksal; er kann es nur zur höchsten, lebendigsten Anschauungform
bringen, und insosern ist Heiberg schon heute ein Vollender und
Vollendeter. Ezard Nidden

Lose Blätter

Aus Gunnar Heibergs „Lragödie der Liebe"

sWir drucken im solgenden als Probe aus Heibergs „Tragödie der
Liebe" den dritten Akt ab, in dem das „alle Lust will Ewigkeit" sich wohl
mit stärkerer Gewalt ausspricht als in irgendeiner Dichtung sonst. Aber
den Zusammenhang gibt der obige Aussatz alles Notwendige. — Alle drei
Dramen Heibergs sind von Or. Gustav Morgenstern übersetzt und im
Verlag Georg Merseburger in Leipzig erschienen, auf dessen Nordische
Bücherei wir schon mehrmals hingewiesen habenZ

V

Zwei Iahre später. (Drei Iahre nachdem sich Karen und Erling in der
Waldhütte oben gefunden haben.) Heller Abend im Spätsommer.
Ein gemütliches Zimmer in Erlings und Karens Villa in einem Wald-
distrikt. Reich und geschmackvoll ausgestattet. Hier und da Iagdrequisiten
als Schmuck. Eine Büste Karens. Im Hintergrund führt eine offene
Tür mit Portieren auf einen Altan. Man hat über hohe Bäume Fernsicht
aufs Gebirge. Die Stube liegt im zweiten Stock. Kaffeeservice auf einem
rleinen Tisch im Vordergrund. Karen geht auf und ab, wie unruhig,
unentschlossen. Sie setzt sich und beginnt ihre Wandernng von neuem.
Sie bleibt vor der Büste stehen, sieht sie an. Glättet sich die Mangen.
Packt dann etwas in einen Rucksack, der auf einem Stuhl liegt. Sie
sammelt sich, als Erling mit dem Diener Iohannes hereintritt.
Erling nimmt ein Gewehr von der Wand und reicht es dem Burschen.
Erling: Ich denke, wir probieren das einmal.

Karen (schenkt Kaffee ein): Der Kaffee.

(62 Kunstwart XXV, 9
 
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