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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,2.1912

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Heft 11 (1. Märzheft 1912)
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Was ist uns die Edda?
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0390
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Wozu brauchen wir die Edda? Was brauchen wir aus der
Ldda für uns?

Eins vor allem.

Gegenüber dem schier unentwirrbaren Labyrinth von Kulturerzeug-
nissen und Schutzmaßregeln, das die Lntwicklung der menschlichen
Gesellschast um uns austürmt, geht uns nur zu leicht das Gesühl
unsres unmittelbaren Zusammenhangs mit der Natur, damit aber
auch alles tiesere Selbstgefühl verloren. Diese „Last der Iahrtausende",
die selbst ein Genius wie Goethe empsand, er sühlte sie von sich ab--
fallen, wenn er Homer gegenübertrat. And auch in den GesLngen
der Edda lebt jene befreiende Krast. Auch sie weiß uns das trüb
gewordene Auge zu klaren: durch den Wust der Zeiten hindurch und
in ihm läßt sie uns die elementaren Verhältnisse des Lebens
empsinden, wenn sie uns in ihrer kraststählenden Atmosphäre heimisch
macht, dort, wo Burs Söhne, die Weltenbauer aus dunkler Artiefe
die Lande ans Licht wälzen, und der Donnerer, um seinen tzammer
heimzuholen, im Wolkenwagen mit zottigem Bocksgespann am Himmel
dahinbraust, daß die Blitze flammen und die Erde unter ihm ausloht.

Wichtig aber ist die Ldda auch sür uns Deutsche der Gegenwart.

Anser Volkstum, oder deutlicher unser germanisches Deutschtum
kann sich, je reicher die Nation ausblüht, und je weiter sie um sich
greist, dem Einfluß rassefremder Elemente und der Durchsetzung mit
ihnen immer weniger erwehren. Da heißt es für alle, die ein Erbteil
germanischen Geistes in sich spüren, aus allen Kräften dafür kämpsen,
daß er im neu sich entwickelnden Volkskörper seine Herrenstelle be-
haupte: „Harte Bissen gibt es zu kauen, Wir müssen ersticken oder
sie verdauen." And darin, in diesem Kampse, kann uns nicht zuletzt
die Edda stärken mit dem Wehen ihres gewaltigen Geistes als ältestes
Zeugnis für die ursprüngliche rassehafte Gradheit und stolze Krast
unsres Lmpsindens und Wollens.

Allerdings, diese höchste Wirkung geht nicht von allen Liedern
der Sammlung gleichmäßig aus und überhaupt nicht von allen: Hier
muß der lebenspendende Schatz erst aus dem Schutte des dichterisch und
ethisch weniger Wertvollen gehoben werden, mag auch sogar dieser
Schutt der Iahrhunderte als solcher dem Auge des Forschers wie
dem Herzen des Nachkommen immer noch ehrwürdig-kostbares Gut
bedeuten.

Lose Blätter

Aus der Edda

in neuen VerdeuLschungen von Leopold Weber

^W^ie solgenden Stücke wollen Beispiele sür die hohe Art der Edda-
-kunst bringen, von der eben die Rede war. Die Abersetzung Leopold
^ Webers, die hier zum ersten Male gedruckt wird, hält sich überall
möglichst nahe an das Original, so daß ihre Einzelstrophen solchen der Edda
entsprechen. Innerhalb dieser Abschnitte freilich glaubt sie mit der Freiheit
schalten zu dürsen, die nötig ist, wenn ein poetischer Eindruck in anderer

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