DOI Heft:
Heft 11 (1. Märzheft 1912)
DOI Artikel:Lose Blätter
DOI Artikel:Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0406
Allgemeineres
Am Idafeld trefferr die Asen sich wieder.
Sie reden und raunen vom riesigen Erdwurm,
Von großen Laten, vergangenen Lagen,
Von alten Runen, die Odin gelehrt.
Wiederum finden sich wunderbar wahrlich,
Die goldnen Tafeln an Grases Grund,
In Urzeiten der Asen Besitz.
Angesät werden die Äcker tragen,
Alles Böse schwindet, und Balder kommt.
Auf Odins Hochburg zieht er mit Hod,
Wo die Schlachtgötter wohnten. Wißt ihr davon?
Loszweige wirft der weise Hönir . . .
Heervaters Enkel am Himmelssitz,
In Windheim walten sie. Wißt ihr davon?
Einen Saal noch seh ich, heller als Sonne
Mit Golde gedeckt auf Gimles Höhn.
Dort sollen die Schirmherrn, die schützenden, hausen
In endloser Wonne, in ewiger Lust.
Da kommt gewaltig der Weltenrichter,
Der Starke von oben, der alles bestimmt . . .
Da kommt auch drohend der Drache geflogen,
Die fahle Natter vom finstern Fels:
Gierfraß, mit Leichen den Fittich beladen,
Doch der Totensauger, sieh, er versinkt.
Rundschau
Kunstwart XXV, V
Gegenwart wreder gutzumachen.
Wobei man unbewußterweise von
der Voraussetzung ausgeht, der
Geist der Menschheit steige stetig
in höhere Gegenden empor, und
die jeweilige Nachkommenschaft sei
immer gescheiter als die vorher-
gehende Generation.
So verhält es sich wenigstens in
der Theorie; in der Nednerphrase
und in der Hoffnung des Men--
schen steht das „Arteil der Nach--
welt" bekanntlich in höchstem Kre-
dit. In Wirklichkeit sehe ich jedoch
heutzutage keinen Menschen sich
Von oer „Nachwelt"
ie „Nachwelt" gehört zu der
^^großen Firma Vorzeit, Völker-
frühling L Cie.; gleich diesen
schwebt sie im Nebel, nur ist der
Nebel verschieden gefärbt. Die
„Vorzeit" ist „grau", der „Völker-
frühling" rosig, die „Nachwelt" hat
einen goldenen Nimbus; man stellt
sie sich gern als eine unbestechliche
gestrenge Richterin mit Wage und
Schwert vor, und zwar als eine
Appellationsrichterin oberster In-
stanz, deren Hauptgeschäft darin
bestehe, die falschen Arteile der
Am Idafeld trefferr die Asen sich wieder.
Sie reden und raunen vom riesigen Erdwurm,
Von großen Laten, vergangenen Lagen,
Von alten Runen, die Odin gelehrt.
Wiederum finden sich wunderbar wahrlich,
Die goldnen Tafeln an Grases Grund,
In Urzeiten der Asen Besitz.
Angesät werden die Äcker tragen,
Alles Böse schwindet, und Balder kommt.
Auf Odins Hochburg zieht er mit Hod,
Wo die Schlachtgötter wohnten. Wißt ihr davon?
Loszweige wirft der weise Hönir . . .
Heervaters Enkel am Himmelssitz,
In Windheim walten sie. Wißt ihr davon?
Einen Saal noch seh ich, heller als Sonne
Mit Golde gedeckt auf Gimles Höhn.
Dort sollen die Schirmherrn, die schützenden, hausen
In endloser Wonne, in ewiger Lust.
Da kommt gewaltig der Weltenrichter,
Der Starke von oben, der alles bestimmt . . .
Da kommt auch drohend der Drache geflogen,
Die fahle Natter vom finstern Fels:
Gierfraß, mit Leichen den Fittich beladen,
Doch der Totensauger, sieh, er versinkt.
Rundschau
Kunstwart XXV, V
Gegenwart wreder gutzumachen.
Wobei man unbewußterweise von
der Voraussetzung ausgeht, der
Geist der Menschheit steige stetig
in höhere Gegenden empor, und
die jeweilige Nachkommenschaft sei
immer gescheiter als die vorher-
gehende Generation.
So verhält es sich wenigstens in
der Theorie; in der Nednerphrase
und in der Hoffnung des Men--
schen steht das „Arteil der Nach--
welt" bekanntlich in höchstem Kre-
dit. In Wirklichkeit sehe ich jedoch
heutzutage keinen Menschen sich
Von oer „Nachwelt"
ie „Nachwelt" gehört zu der
^^großen Firma Vorzeit, Völker-
frühling L Cie.; gleich diesen
schwebt sie im Nebel, nur ist der
Nebel verschieden gefärbt. Die
„Vorzeit" ist „grau", der „Völker-
frühling" rosig, die „Nachwelt" hat
einen goldenen Nimbus; man stellt
sie sich gern als eine unbestechliche
gestrenge Richterin mit Wage und
Schwert vor, und zwar als eine
Appellationsrichterin oberster In-
stanz, deren Hauptgeschäft darin
bestehe, die falschen Arteile der