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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,2.1912

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Heft 12 (2. Märzheft 1912)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0523
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gehender Mond" ist dem Wesen
nnch etwas anderes, als Hugo L.
Braunes „Kampf auf der Heide".
Alfo abgesehen vom künstlerischen
Wert und abgesehen auch davon,
daß Kampmanns Bild reine Feder-
zeichnnng ist, während Braune im
unteren Teil seines Bildes und stel-
lenweis anch im obern mit dem
Messer weiße Stellen aus einem
dunkelgetuschten Grunde hob.

Wenn wir Kampmanns Bild aus
einiger Entfernung anfehn, bemer-
ken wir fofort, daß es mit engerer
oder weiterer Strichlage den
Wirklichkeitseindruck dunk-
lerer oder hellerer Flächen nach-
bildet. Daß sich die „Flächen" hier
doch aus Strichen und ihren Zwi-
schenräumen, aus Weiß und
Schwarz znsammensetzen, bringt eine
gewollte besondre Wirkung rein
optisch hervor: eine Flimmerwir-
kung, die dem Natureindruck ent-
spricht, wenn „das Licht vertausend-
fältigt fich entringt den Dunkelhei-
ten", eine Wirkung, die echt künstle-
risch die Technik benutzt. Aber das
ändert an der Tatsache nichts, daß
mit der Feder versucht ist, in einer,
wenn man will impressionistischen
Weise ein Naturbild gleichsam zu
fpiegeln. Kampmanns Werk ist
keine Griffelkunst.

Ganz anders Braune. Wir brau-
chen nur auf seine Wolken zu sehn,
um zu wissen, daß er nicht die opti-
sche Erscheinung von Wolken
sachlich nachbildet, sondern durch
Linien, die Bewegungsgesühlen ent-
fprechen, unser Gefühl von Wol-
kengebilden anregt. Hier ist keine
Flächenmodellierung, hier sind in
gewissem Sinne shmbolische Linien.
Wolken, Himmel und Erde sind
Resonanz der beiden Reiter. Ob wir
auch dieses shmbolischen Vergeisti-
gens gar nicht bewußt werden, wir
empfinden es doch. Es ist ja er-
staunlich, wie willig wir den An-

deutungen freier Liniengebung fol-
gen. Sv willig, daß wir fogar dann
noch mitgehn, wenn das Gegebene
dem Natureindrnck geradezu wider-
fpricht. Strahlen sind in der Wirk-
lichkeit das Hellste, und doch empfin-
den wir auf taufend Blättern der
Griffelkunst fchwarze Radienlinien
um eine fchwarze Kreislinie willig
als Sonnenstrahlen um die Son-
nenscheibe. Das ist Griffelkunst.

Beide Blätter sind dem von uns
wiederholt empfohlenen Hehderschen
Kalender „Kunst und Leben" ent-
nommen. Wir verbinden aber mit
dem Abdruck noch einen weitern
Zweck. Das wunderschöne Kamp-
mannsche Bild geben wir diesmal in
gewöhnlichem Druck, in Heft 7 des
vorigen Iahrgangs brachten wir es
fchon einmal als „Kunstdruck". Bei
beiden ist dieselbe Platte dem
Wesen nach genau auf die gleiche
Weife gedruckt. Aber das eine Mal
mit gewöhnlicher guter Farbe auf
gewöhnliches gutes Papier, das erste-
mal mit einer tonenden Kunstdruck-
farbe auf ein erst vor Wenigen Iah-
ren erfundenes „Mattkunstdruckpa- I
pier". Nns fcheint, an Gegenüber- I
stellungen wie dieser wird recht klar, !
in wie erfreulicher Weise gewisse
modernen Drucktechniken daraus
ausgehen, feine Schönheiten der
Originaltechniken befser zu vermit-
teln. Wären wir erst aus dem un-
glücklichen Buntheitskoller unsrer
Farbendruckseuche heraus, so wäre
es ein Vergnügen, all die neuen
Möglichkeiten in der Praxis zu ent-
wickeln!

NochrnaLs der Dresdner
TheaLerplah

as erste, was ich auf die An-
regung im 2. Februarhefte hin
gehörk habe, war merkwürdig ge-
nug. Nicht eine Erörterung dar-
über: „hat der Einsender recht?",
sondern eine darüber: „wer ist er?"

2. Märzheft M2 ^07

AngSw

KurrfL
 
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