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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 3 (1. Novemberheft 1912)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0251

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Der junge Meser strrch sich mit der H<rnd inngsam über Stirn nnd
Haar.

„Ich glaube, er wird nicht zu bewegen sein, noch länger hier zn bleiben.
Und jetzt schon gar nicht, . . . nach dem gestrigen Abend."

„Er soll auch gar nicht hier bei uns bleiben. Ich will nnr nicht, datz
er schon wieder nach Haus fährt."

„Wo soll er denn hin?"

Arlet machte eine großartige Handbewegung.

^Wohin er will! Wo es ihn hinzieht! . . . Sich ein paar Wochen
in der Welt herumschlagen!"

Der Doktor seufzte leise auf.

„Ia wenn das ginge!"

Aber Arlet sah ihn gar nicht an und sagte ganz selbstverständlich:
„Ich stelle Ihnen die Mittel mit Freuden zur Verfügung. Bringen Sie
es ihm bei, wie Sie wollen. Sagsn Sie ihm, daß Sie schon so viel
Ersparnisse haben, . . . oder meinetwegen, daß Sie einen Haupttreffer ge-
macht haben." >

Meser wurde für einen Augenblick blutrot im Gesicht.

„Herr Arlet, das kann ich unmöglich annehmen.«

„Warum nicht? . . . Wissen Sie denn, aus welchem Grunde ich
es tue?"

„Das kann nicht maßgebend sür mich sein."

Arlet schaute ihn eindringlich an.

„Auch nicht, wenn ich es als eine Art Buße betrachte, die ich mir
auferlege?"

Der Doktor hielt seinen Blick voll aus und schüttelte leise den Kopf.

„Sie haben sich keiner Buße schuldig gemacht."

Da ging ein lustiges Lächeln um Arlets Mund.

„So? . . . Also scheint die Sonne schon wieder? Ist die Welt
wieder erträglich?" und als der junge Meser keine Antwort fand und
den Kopf senkte, streckte er ihm herzlich die Hand entgegen. „Doktor, ich
bitte Sie darum! Tun Sie mir den Gefallen!"

Und der Doktor Meser ergriff langsam die dargebotene Hand.

»Eine Bitte kann ich Ihnen nicht abschlagen, Herr Arlet."

Etwa eine Stunde später, als Arlet schon in der Kanzlei saß^, trat
der Professor bei ihm ein. Er sah ziemlich abgespannt aus, und über
seinem ganzen Gesicht und seiner Kleidung lag etwas Anordentliches,
Angewaschenes.

„Darf ich einen Augenblick stören?"

Arlet erhob sich halb von seinem Sessel und machte eine einladende
Handbewegung gegen den Lederdiwan hin.

„Aber bitte, solange Sie wollen."

Der Alte setzte sich, aber weil er nicht zu sprechen begann, sagte Arlet
nach einer Weile:

„Sind Sie mir vielleicht böse . . . wegen gestern abend?"

Der Professor schüttelte abwehrend die Hand.

„Für diesen Abend muß ich Ihnen nur dankbar sein. Aber davon
wollen wir nicht weiter reden! . . . Ich komme wegen etwas ganz
anderem."

h Novemberheft M2 205
 
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