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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 22.1979

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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Kytzler, Bernhard: [Rezension von: J. H. Voss (Übers.), "Moretum - Das Kräutergericht". Lateinischer Text und deutsche Übersetzung]
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[Rezension von: Eugen Fehrle, Tacitus, Germania, aus dem Lateinischen und mit Erläuterungen]
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Böll, Heinrich: [Rezension von: Manfred Fuhrmann (Übers.), Tacitus, Germania, lateinisch/deutsch]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33076#0037

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,,More tum - Das Kräutergericht“. Lateinischer Text und deutsche Übersetzung von J. H.
Voss; Edition Aurora, München 1978; 6 Fuß lang, je Rolle zwischen 9,- und 18,- DM
Die Schriftrollen-Bibliothek wächst: das Äußere der nach antikem Muster nicht als qua-
dratisches Buch, sondern als Rolle vorgelegten Reihen wie auch die besondere Art des
Lese-Erlebnisses wurde hier bereits beschrieben (ZEIT, 2. April 1976); beschränken wir
uns also darauf, das jüngste Produkt zu empfehlen, das nur drei Seiten lange „Moretum“,
ein Kurzgedicht wohl aus augusteischer Zeit. Die idyllisch getönte Übertragung von Jo-
hann Heinrich Voss aus dem Jahre 1800 bringt die Qualitäten des knappen Textes gut
zur Geltung: Ein Bauer erwacht, tastet im Dunkel nach dem Herd, entzündet die Lampe,
holt und mahlt Getreide, bereitet aus mancherlei Kräutern seines Gartens ein Gericht
(„moretum“) und geht zur Arbeit auf den Acker: Arme Alltagswelt vor zwei Jahrtau-
senden, realistisch beobachtet und beschrieben, doch vom Schimmer der Poesie vergol-
det und in bibliophiler Form eigener Art präsentiert. Bernhard Kytzler

Tacitus: „Germania“, 5. überarbeitete Auflage, aus dem Lateinischen und mit Erläute-
rungen von Eugen Fehrle; Carl Winter Verlag, Heidelberg 1959; 144 S., Abb., 20,- DM
Tacitus: „Germania“, lateinisch/deutsch, aus dem Lateinischen und mit einem Nachwort
von Manfred Fuhrmann; RUB 9391, Reclam, Stuttgart, 1978; 112 S., 3,20 DM
Der lateinische Text, dieses fast hauchdünne Teubner-Bändchen, umfaßt 26 Seiten; zieht
man die umfangreichen Fußnoten ab, mögen 20 bis 22 Seiten übrigbleiben: 22 Seiten für
diesen schmalen Klassiker, der sich für mich als überraschend aktuell erwies.
Diese knappen Studien, fast aphoristisch, erweisen sich nach 1800 Jahren nicht nur als
lesbar, sondern auch als lesenswert: immerhin eine der ältesten, wenn nicht die älteste Aus-
kunft über unsere „Vorfahren“. Waren sie’s wirklich? Sind nicht viele von Ihnen ab-, an-
dere zugewandert, hat sich da nicht einiges „eingemischt“ und ... natürlich ... sehr vieles
verändert? Die einzigen, deren Stammesnamen noch heute erkennbar sind, sind die Chat-
ten (Hessen) und die Sueben (Schwaben). Eines muß festgestellt werden: „häßlich“ hat
Tacitus diese nachmaligen Deutschen nicht gefunden; wild: ja; hatten manche rauhe Sitte,
doch auch Herzlichkeit, waren gastfreundlich (wenn auch nicht immer ... was verständ-
lich ist ... gegen römische Besatzung), und sollen „alle das gleiche Aussehen“ gehabt ha-
ben. Das bezweifle ich; derlei Täuschungen unterliegt man leicht bei fremden Völkern.
„Die blauen Augen mit dem trotzigen Blick, das rötlich-blonde Haar und die hochgewach-
senen Körper, die allerdings nur im Angriff besonders stark sind.“ Sangesfreudig waren sie
auch, aber „der Gesang ist ihnen mehr ein Gleichklang tapferer Herzen als ein Zusammen-
klingen von Menschenstimmen. Vor allen Dingen ist ihnen darum zu tun, rauhe Töne und
ein stoßweißes Dröhnen hervorzurufen“. Das klingt nicht so ganz unvertraut, im Beben so
mancher Männerbrust könnte sich da noch „echt“ Germanisches erhalten haben.
Ganz anders ist es mit der „Faulheit“; da müßte mancher Entwicklungshelfer und -ex-
perte bei Tacitus Trost finden und sich mit Geduld wappnen: „Bei mühseliger Arbeit le-
gen sie viel weniger Ausdauer an den Tag“ (als im Krieg). Nun hat’s ja nicht gerade 1800
Jahre gebraucht, um diese „Wilden“ zu ausdauernder und regelmäßiger Arbeit zu erziehen,
aber gewisse Fristen sollten doch eingeräumt und Geduld ministeriell verordnet werden,
wenn wir heute andere „entwickeln“. So rasch sind „wir“ also auch nicht ans Arbeiten ge-
kommen, und bevor wir gar eine Weltanschauung draus machten, mögen doch tausend
und einige Jahre vergangen sein.
Die Klima-Angaben bei Tacitus treffen zum Teil heute noch zu: „Für den Westen, nach
Gallien hin, sind die Niederschläge charakteristisch, für den Südosten, nach Pannonien und
Norikum hin, Stürme und die dadurch bedingte größere Trockenheit.“ Die Wälder waren
Tacitus unheimlich, die Sümpfe fand er abstoßend, die Nordsee erfüllte ihn mit Bangen,
dieses „Meer, das sozusagen schon einer anderen Welt angehört“. Und natürlich: „Wer
hätte sich denn entschließen sollen, unsere blühenden Provinzen in Kleinasien und gar

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