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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 22.1979

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Nr. 2
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Müller, Dietram: Was soll die Jugend lernen?: die Meinung des Aristoteles über Lehrstoffe und Lernziele
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Schulz, Eberhard: Der Traum der weißen Tempel: das Deutsche Archäologische Institut feiert sein 150jähriges Bestehen
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https://doi.org/10.11588/diglit.33076#0026

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dem Individuum ein funktionsloser, zweckfreier Raum zur Entfaltung der Per-
sönlichkeit, gleichsam als Gegengewicht zur Fremdbestimmung, bleibt. Daß ne-
ben der Ausbildung zum nützlichen Glied der Gesellschaft die Erziehung auch
hierfür Sorge tragen soll, schreibt er im achten Buch seiner „Politik“ (1337b 23):
„Es sind ungefähr vier Gegenstände, in denen man die Jugend gewöhnlich un-
terrichtet: Lesen und Schreiben, Leibesübungen, musische Kunst, und als Vier-
tes nennen einige das Zeichnen. Das Lesen und Schreiben sowie das Zeichnen
sieht man als nützlich für das Leben und vielfach brauchbar an, die Leibesübung
hält man für einen Weg zur Tapferkeit; beim musischen Unterricht wüßte man-
cher nichts Rechtes zu sagen. Denn jetzt befassen sich die. meisten zum Vergnü-
gen damit; früher rechnete man ihn zur Erziehung, weil die menschliche Natur,
wie schon oft gesagt, selbst danach verlangt, nicht nur der Arbeit richtig nach-
zugehen, sondern auch die Muße richtig ausfüllen zu können. - Die Muße
scheint Genuß und Glück und seliges Leben in sich selbst zu haben; dies alles
wird dem Menschen nicht bei der Arbeit, sondern in der Muße zuteil. Denn
der Arbeitende arbeitet zu irgendeinem Zweck, den er erreichen will und der
noch nicht vorhanden ist; die Glückseligkeit ist jedoch selbst das Endziel, das
sich jeder nicht mit Unlust, sondern mit Lust verbunden vorstellt. - Daher ist
es klar, daß man auch zur Muße im Leben etwas lernen und erzogen werden
muß, und daß diese Erziehungs- und Lehrgegenstände um ihrer selbst willen da
sind; daß andrerseits das, was für die Arbeit gelernt wird, aus Notwendigkeit
und um anderer Zwecke willen gelernt werden muß. Daher rechneten unsere
Vorfahren die musischen Lehrgegenstände zur Erziehung, nicht, weil sie etwas
Notwendiges sind - das liegt ihnen fern -, auch nicht, weil sie nützlich sind
(wie z. B. Lesen und Schreiben zu Geschäften und Wirtschaft usw. oder wie
die Gymnastik zur Gesundheit und Kräftigung des Körpers); nichts davon se-
hen wir aus den musischen Fächern entstehen. Es bleibt nur übrig, daß sie zur
Gestaltung der Muße dienen, wozu man sie auch offenbar in die Erziehung
eingeführt hat. — Daß es also eine Erziehung und Bildung gibt, die man nicht,
weil sie nützlich ist, seinen Söhnen zukommen lassen muß, auch nicht, weil
sie unentbehrlich ist, sondern weil sie edel und schön ist, hat sich gezeigt. Ob
sie einen oder mehrere Lehrgegenstände umfaßt, welche das sind, und wie man
sich mit ihnen beschäftigen soll, darüber muß man später noch reden. ”
Dr. phil. Dietram Müller
Gustav-Freytag-Straße 25
6200 Wiesbaden
Der Traum der weißen Tempel
Das Deutsche Archäologische Institut feiert sein 150jähriges Bestehen
Die Hundertjahrfeier des Deutschen Archäologischen Instituts, die Gerhart Rodenwaldt
1929 in Berlin ausrichtete, war ein erstaunliches Fest von breiter Internationalität. So wird
es das Jubiläum, das in diesen Tagen gefeiert wird, nicht minder sein. Es wird und will nun
auch den Zweiten Weltkrieg überdecken und die Republik der Gelehrten versammeln in ei-

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