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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 22.1979

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Nr. 3
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Pressespiegel
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https://doi.org/10.11588/diglit.33076#0046

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Bremen

Flucht in die Privatschule
Die Konsequenz, mit der die allein regierenden Sozialdemokraten die beste-
henden Gymnasien durch Schulzentren, Gesamtschulen oder Koop-Schulen er-
setzen, läßt nicht nur „konservative“, sondern auch sozialdemokratische Eltern
besorgt in die Zukunft schauen.
Als unlängst die Initiatoren eines zu gründenden privaten „Ökumenischen
Gymnasiums“ Interessenten in die Ansgari-Kirche einluden, drängten sich Hun-
derte von Eltern, Mitglied der neuen Bürgerinitiative zu werden. Auch Bremer
Bürger ohne schulpflichtige Kinder wollen das Projekt fördern. Unabhängig da-
von haben die in dem Trägerverein „Evangelische Bekenntnisschule“ zusam-
mengeschlossenen Eltern auch die Voraussetzungen für den Betrieb einer pri-
vaten Grundschule geschaffen, die von der Landesregierung genehmigt wurde.
Während die Grundschule schon im kommenden Herbst den Unterricht beginnt,
wird das Gymnasium erst nach den Sommerferien 1980 anfangen. Wahrschein-
lich wird die Landesregierung den Gründern des Gymnasiums nur widerwillig
die Genehmigung erteilen. Die Initiatoren weisen auf das Recht zur Errichtung
privater Schulen hin, das im Grundgesetz steht.

Zentren fördern Vereinsamung
Die Vorsitzende des Vereins Ökumenisches Gymnasium, Erika Opelt-Stoeve-
sandt, sagt, das neue Gymnasium solle eine .Alternative zum einheitlichen
staatlichen Bildungswesen“ darstellen, „in besonderem Maß Verantwortung für
die religiöse Erziehung“ übernehmen, das Elternrecht stärken, das „Gespräch
zwischen den Konfessionen“ fördern und — nicht zuletzt — körperbehinderten,
aber geistig leistungsfähigen Jugendlichen den Weg zur Hochschulreife öffnen.
Der im Deutschen Philologen-Verband über Bremen hinaus wirkende Bremer
Pädagoge Heinz Spies hält Gymnasien von überschaubarer Größe für nötig, da
die riesigen Schulzentren die Schüler der Gefahr der Vereinsamung und Bin-
dungslosigkeit aussetzten.
In der Oberstufe wird sich das Bremer Ökumenische Gymnasium an das
staatliche System mit Grund- und Leistungskursen halten, allerdings mit einem
bewußt eingeschränkten Kursangebot. Damit soll erreicht werden, daß die
Schüler bis zum Abitur in möglichst stabilen Gruppen zusammenbleiben. Denn
die Auflösung der Klassen wird von vielen Pädagogen als einer der größten
Nachteile der Oberstufenreform angesehen. Spies verweist darauf, daß mit dem
Herauslösen des Heranwachsenden aus der Familie die Suche nach einer neuen
Gemeinschaft beginnt: Findet der Schüler sie nicht in der Klasse, werden leicht
Irrwege eingeschlagen, etwa zum politischen Extremismus, in Jugendsekten,
man greift zum Alkohol oder zu Drogen.
Das Ökumenische Gymnasium wird es schwer haben, dem Andrang interes-
sierter Eltern gerecht zu werden, über 600 Schüler wollen die Gründer nicht

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