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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 22.1979

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Nr. 4
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Maier, Friedrich: "Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt": Bericht über die gesamtösterreichische Arbeitstagung Latein
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https://doi.org/10.11588/diglit.33076#0070

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Die „Arbeitstagung“ hatte zum Ziel, in einer wechselnden Abfolge von Refe-
rat und Gruppenarbeit neue Wege in der Didaktik und Methodik des Lateinun-
terrichts aufzuzeigen und dabei auch Ergebnisse der universitären Forschung zu
berücksichtigen. Die Referate fanden in folgender Reihenfolge statt:
Univ.-Prof. Dr. Roberth Muth (Innsbruck) legte eine subtile, auch auf die Be-
dürfnisse der Schule ausgerichtete Interpretation der Christenbriefe des Plinius
(Ep. ad Trai. 94 und 95) vor.
Dir. Hofrat Dr. Wilhelm Porhansl (Salzburg) umriß auf der Grundlage der in
Österreich gültigen Verordnungen die Probleme der Leistungsbeurteilung.
Mir selbst war die Aufgabe gestellt, didaktische und methodische Probleme
des Anfangsunterrichts herauszustellen und Ergebnisse der Arbeit am ISP als
Hilfen und Anregungen zu ihrer Lösung anzubieten.
Dir. Hofrat Dr. Otto Amon (Scheibbs) versuchte zu zeigen, daß „politische
Bildung“ ein dem Lateinunterricht auf den Leib geschneidertes Unterrichtsprin-
zip darstellt.
Landesschulinspektor Hofrat Dr. Ernst Novotny (Stadtschulrat von Wien)
führte vor dem Hintergrund laufender Schulversuche und dafür neu konzipierter
Lehrpläne in Aufgaben und Ziele des Lateinunterrichts unter modernen, in die
Zukunft weisenden Perspektiven ein.
Univ.-Prof. Dr. Adolf Primmer (Wien) bot Ovids Metamorphosen in neuer
Sicht dar.
Stadtschulrat Hofrat Dr. Ernst Novotny (Wien) engagierte sich in einem für
den österreichischen Lektüreunterricht programmatischen Referat für die text-
und schülergerechte Interpretation der Schulautoren.
Prof. Mag. Werner Müller (Graz) stellte durch eine Fülle von Materialien den
sinnvollen und zielgerichteten Einsatz von audiovisuellen Hilfsmitteln überzeu-
gend unter Beweis.

Der Lateinunterricht in Österreich ist offensichtlich einer großen Belastungs-
probe ausgesetzt. Es gibt Latein in Langform ab Klasse 3 (entspricht bei uns ab
Jgst. 7), in Kurzform ab Klasse 6 (bei uns Jgst. 10). Die Stundenzahlen sind
gering; in der Kürzestform mit effektiv zweieinhalb Lateinjahren ist die Misere
am größten. Weitere Stundenkürzungen stehen, wenn der laufende Schulver-
such zur Normalform werden sollte, bevor. Dieser Umstand erhitzte alle Dis-
kussionen. „Am Latein vollzieht sich ein ,Mord auf Raten1 “, so drückte es ein
aufgebrachter Kollege aus. Hinter solchen Formulierungen steckt auch die Angst,
daß die Notwendigkeit von Lateinkenntnissen im Jus- und Medizinstudium als
sekundäre Motivation für das Fach wegfallen könnte. In einer wesentlich von
dieser Bedrängnis geprägten Atmosphäre rang man um eine moderne attraktive,
vor allem primär motivierende Präsentation des Faches gegenüber den Schülern,
Eltern und der Öffentlichkeit. Latein soll auch in Österreich aus seiner „tradi-
tionellen Erstarrung“ gerissen werden. Neue Wege beschreitet man vornehmlich
auf folgenden Gebieten:

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