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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 24.1981

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Nr. 1
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Holtermann, Horst: Homburger "Empfehlungen" oder untauglicher Versuch, die babylonische Sprachenverwirrung in Europa zu überwinden
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https://doi.org/10.11588/diglit.33080#0006

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bestimmt das Konzept. Aber es ist doch barer Unfug, Kinder ab 5., 7. oder 9.
Klasse eine ganz bestimmte mod. Fremdsprache lernen zu lassen, mit dem Ziel,
sie frühzeitig auf ein Leben in diesem Sprachbereich oder auf den Umgang mit
dieser Fachliteratur vorzubereiten. Dann wird nämlich z.B. ab 7. Klasse Spanisch
gepaukt, später ein Job in Rio kontraktiert, und das Erstaunen ist riesengroß,
wenn man beim Verlassen des Flugzeuges feststellen muß, daß in Rio niemand
Spanisch redet (so der klassiche Witz).
Der DAV muß solchen Entwicklungen entgegentreten. Die Sache ist nämlich
nicht bloße Theorie geblieben. Ich erfuhr, daß die Teilnehmer des Homburger
Kreises KÄSTNER, CHRIST und SCHRÖDER im Oktober 1980 vor einem Se-
minar des Bundeselternrates aufgetreten sind und ihre Thesen vorgetragen ha-
ben. Was die Antilateinthese angeht, sind sie dort abgeschmettert worden. Das
kann uns aber nicht völlig beruhigen, denn wahrscheinlich werden sie nun die
Runde bei den Kultusministern machen, und wie anfällig diese für sogenannte
begründete Reformen sind, das wissen wir aus bitterer Erfahmng zur Genüge.
Hier heißt es aufpassen!
Was ist zu tun? Der DAV ist meiner Ansicht nach u.a. auch eine Fachge-
werkschaft, die gegen eine Wegrationalisierung der Arbeitsplätze ihrer Kollegen
ankämpfen muß. Wenn nun eine andere Fachgewerkschaft, zur Zeit die der
Romanisten, Sorgen hat, dann dürfen die doch nicht auf dem Rücken unserer
Lateinkollegen ausgetragen werden, zumal viele Kollegen Mitglieder in beiden
Gewerkschaften sind. (Wie Sie wissen,,ich auch, als Nebenfach-Anglist.) Gegner
kann doch nicht der Kollege von der anderen Branche sein, sondern nur der
Arbeitgeber, sprich: die Schulminister. Denen, und ganz besonders ihren Her-
ren, den Finanzministern, muß man entgegentreten. Selbstverständlich brauchen
wir künftig in Deutschland möglichst viele Menschen mit vielfältigen Kenntnis-
sen in modernen Fremdsprachen. Selbstverständlich muß die Monopolstellung,
die Englisch als 1. Fremdsprache durch das Hamburger Abkommen errungen
hat, aufgelockert werden. Selbstverständlich müssen wir die temporären Sorgen
unserer Romanistenkollegen mittragen. Aber das alles kann nicht zum „Segen“
führen: „Exite, Latini, missa est!“ Ich bin für Hamburg, nicht für Homburg.
Zur Praxis schlage ich vor: Die beiden Fachgewerkschaften DAV und FMF
sollen gemeinsam folgende Ziele verfolgen:
1. Erweiterung der Möglichkeit, ab 11. Klasse Fremdsprachen, und auch alte,
neu zu beginnen und diese Lehrgänge mit Abiturprüfung abzuschließen,
auch in Form von Leistungsfächern. (Was Juristen recht ist, kann Roma-
nisten nur billig sein.)
2. Erweiterung der Möglichkeit, ab 9. Klasse eine dritte Fremdsprache als Wahl-
sprache oder Pflichtfach (hier: Griechisch im Altsprachlichen Gymnasium)
zu betreiben. (Das fällt oft dem Rotstift zum Opfer, der von den Finanz-
ministern geliefert und von den Schulleitern geführt wird.)
3. In der 7. Klasse Wahl zwischen Latein und Französisch, wenn Englisch 1.
Fremdsprache war, und dies mit der Hoffnung, daß bei schwächer werden-
den Schülerjahrgängen die Wahlen auch in kleinen Gymnasien 50:50 auf-

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